„Irgendwann ging mir das ganze „Kind du musst mal was werden, Kind du musst Geld verdienen“-Ding meiner Oma so auf die Nerven, dass ich einen Frusttext darüber schrieb. Und dann nahm das ganze so seinen Lauf.“ SPIESSER Autorin Juliane trifft U20 Poetry Slammerin Helena.
06. July 2017 - 14:28 SPIESSER-Autorin suspiciousa.
Die U20 Poetry Slam Szene ist eine relativ neue Entwicklung im Poetry Slam Kosmos und wurde von Poetry Slammerin Kaddi Cutz ins Leben gerufen. Die Idee dahinter ist, auch jüngeren Slammerinnen einen Raum zu bieten, in dem sie ihre Texte ohne Druck veröffentlichen können und sich selber ganz frei dabei auszuprobieren. Mittlerweile hat sich daraus eine ganz eigene Szene an Poetinnen unter 21 entwickelt, die regelmäßig ihre Texte vortragen. Der Saal in der SCHEUNE in Dresden ist gut gefüllt. Aber bevor es losgeht, treffe ich Poetry-Slammerin Helena, um sie mal ein bisschen zu ihrem Dasein als Poetry Slammerin zu durchlöchern.
Wie lange bist du schon in der Poetry Slam Szene aktiv?
Ein bisschen länger als ein Jahr, und dabei bin ich so ca. 7 Mal aufgetreten.
Wie war es für dich das erste Mal deine Texte vor Publikum vorzutragen?
Nicht so aufregend, wie man sich das immer vorstellt. Ich finde es gar nicht so schlimm, etwas vor Publikum vorzutragen, aber die Punktevergabe am Ende fand ich furchtbar spannend. Das Vortragen macht mehr Spaß, man muss nur darauf achten nicht so schnell zu reden.
Was hat dich dazu gebracht, selber auch in dem Genre des Poetry Slam zu schreiben?
Witzigerweise meine Oma, weil sie mir immer auf die Nerven ging mit meinem Berufswunsch. Irgendwann konnte ich das ganze „Kind, du musst was werden. Kind, du musst Geld verdienen.“ nicht mehr hören und habe einen Text darüber geschrieben, wie hart alle Erwachsenen nerven. Der hat vielen Leuten gefallen und da dachte ich mir, das kannst du ja eigentlich auch weiter machen.
Viel braucht es nicht beim Poetry Slam.
Hast du schon einen Poetry Slam gewonnen?
Bisher noch nicht, das Höchste war der vierte Platz. Am Anfang ist das Gefühl, noch nie gewonnen zu haben, immer ein bisschen deprimierend, aber danach kommt diese Trotzphase, in der ich mir denke: „Jetzt erst recht.“ Wobei ich mir aber auch denke, wenn ich gewinnen sollte, wäre es verdammt cool, aber ich versuch mit so wenig Erwartungen wie möglich an die Sache heran zu gehen und es einfach nur zu genießen.
Ist das Poetry Slammen denn letztendlich eine Berufsperspektive für dich geworden, nachdem du als Frustreaktion auf deine Oma angefangen hast zu schreiben?
Nee nicht mehr, mittlerweile mag ich es lieber einfach entspannt zum Slam zu gehen, als es als Berufsperspektive zu sehen. Hauptberuflich mache ich zurzeit eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. Der Job an sich ist eigentlich so lange cool, bis man den ersten Prominenten nackt sieht. Danach verliert das ganze seinen Reiz. Aber ich zieh da auch immer ganz witzige Geschichten raus, die ich auch gerne mal für meine Texte verwende. Nach der Ausbildung guck ich mal wo es mich hin verschlägt.
Wie sieht dein Prozess des Textschreibens so aus?
Ich bin nicht so ein Mensch, der aus dem Nichts einen Text so runter schreiben kann. Ich bin vielmehr fünf Minuten kreativ und dann bastel ich aus dem Wust, der da raus kommt, meine Texte. So ein Slamtext ist aber gefühlt auch nie fertig. Der Termin des Poetry Slams ist dabei aber immer ein ganz gutes Druckmittel, um Texte zu schreiben und dann auch damit abzuschließen. Meinen Text heute habe ich zum Beispiel eine Stunde vorher komplett fertig geschrieben.
Würdest du sagen, es gibt eine bestimmte Art von Texten, die besonders gut ankommt und wie leicht oder schwer ist es, sich als neue Person in der Slam Szene zu etablieren?
Mein Gefühl sagt mir, dass lustige Texte insgesamt am besten ankommen. Ich glaube, was aber am besten ankommt, ist letztendlich Authentizität. Es bringt wenig, sich zu verbiegen und zu sagen, ich schreib jetzt besonders lustige Texte. Das kann rein handwerklich natürlich schon klappen, aber wenn es nicht du bist, dann nimmt dir das auch keiner ab. Und wenn du irgendwo mit einem authentischen Text ankommst, der nicht lustig ist, dafür aber eine Aussage hat und handwerklich gut ist, dann kannst du damit auch direkt alles weghauen.
In den Slam an und für sich reinzukommen ist nicht schwierig. Du schreibst einfach eine Email und schon bist du dabei. Und ich glaube für einen selber hilft es sehr, wenn man sich viele Leute mitbringt. Die müssen jetzt ja nicht mit abstimmen, aber allein, wenn sie im Publikum sitzen, um zu quatschen, hilft das schon sehr.
Mehr Poesie in der SCHEUNE
In der Schune in Dresden wird es an folgenden Terminen wieder poetisch: 26. August 2017, 19:00 Uhr - Grand Slam of Saxony 7. September 2017, 20:00 Uhr - Livelyrix Poetry Slam 14. September, 20:00 Uhr - Sax Royale - Die Dresdner Leserbühne
Das gesamte Programm der SCHEUNE findet ihr unter scheune.org
Interview & Fotos: Juliane Müller
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