Was wäre gewesen, wenn Sophie Scholl Instagram gehabt hätte? In „Ich bin Sophie Scholl“ postet die Widerstandskämpferin mit ihrem eigenen Kanal und lässt uns an ihrem Alltag im Kriegsjahr 1942 teilhaben. Welche Besonderheiten es bei dem Dreh des Formats gab und wie sich Luna Wedler auf die Rolle der Sophie Scholl vorbereitet hat, gibt’s im Interview mit SPIESSER-Autorin Katharina.
Bei dem neuen Filmprojekt, das im Auftrag von SWR und BR von Sommerhaus Film produziert wird, handelt es sich um eine innovative Instagram-Serie. Passend zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl, am 9. Mai 2021, wird die Widerstandskämpferin aus den Geschichtbüchern heraus in das mediale Leben heutiger junger Menschen geholt. Der Instagram-Kanal @ichbinsophiescholl wird ab dem 4. Mai für 10 Monate mit Inhalten aus Sophie Scholls Leben zwischen 1942 und 1943 bespielt.
Was waren deine ersten Gedanken als du für die Produktion angefragt wurdest?
Ich habe mich riesig gefreut, aber es hat sich auch Druck aufgebaut, der sich durch das ganze Projekt gezogen hat. Schließlich ist es eine riesengroße Ehre Sophie Scholl zu verkörpern.
Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet? Hast du eine Biographie oder ähnliches gelesen, um dich in die Rolle einzufinden?
Die beste Vorbereitung waren die über 400 Briefe zwischen Sophie Scholl und ihrem Verlobten Fritz Hartnagel, der zu der Zeit an der Front war. Heutzutage kann man sich gar nicht vorstellen, wie es ist auf einen Brief zu hoffen und nicht zu wissen, ob der andere noch lebt. Es war sehr berührend und ich musste mich beim Lesen oft zusammenreißen. Die Briefe sind ein riesiges Geschenk und ermöglichen den Personen in die Köpfe schauen zu können. Aber ich fand es auch schön zu lesen, dass die beiden sich über ganz alltägliche Dinge ausgetauscht haben. Sophie Scholl war eine unglaublich inspirierende, intelligente und schlaue Frau mit einem wunderschönen Schreibstil.
Luna Wedler (r.) und Max Hubacher (l.)
als die Geschwister Scholl
Ist dir das Projekt aufgrund des tragischen Schicksals Sophie Scholls nahe gegangen?
Es bedrückt einen schon sehr, da es so eine tragische Geschichte ist, aber trotzdem hatten wir Spaß am Set. Die Crew war toll und sehr familiär dadurch, dass es nur wenige Leute am Set sein durften. Auch mit dem Cast habe ich mich super verstanden, mit Max Hubacher zum Beispiel, der Sophies Bruder Hans spielt.
Inwiefern unterscheidet sich dieses Filmprojekt von deinen bisherigen Drehs?
Am Set gibt es schon eine richtige Filmcrew. Was diesen Dreh jedoch von anderen unterscheidet ist, dass ich mit einer kleinen Kamera filme, die mir umgeschnallt wird. Nach jeder Aufnahme schauen wir uns aber die Szene gemeinsam mit dem Kamerateam und dem Regisseur an. Dabei ist es sehr herausfordernd, dass alles im Hochformat und ohne Schnitte gedreht werden muss. Ich muss sagen, es ist schon etwas anderes nicht nur zu spielen, sondern dabei noch hinter der Kamera zu stehen. Wir stellen uns immer vor, dass Sophie eine alte Kamera hat. Alle Figuren wissen also, dass sie gerade gefilmt werden. Es ist eine Art Videotagebuch, in dem Sophie ihren Alltag festhält.
Luna Wedler
Luna Sofia Wedler ist eine schweizerische Schauspielerin und lebt in Zürich. Auf ihre erste Rolle im Film Amateur Teens (2015) bewarb sie sich mal eben so und entdeckte damit ihre Leidenschaft fürs Schauspiel. Seitdem war sie in verschiedenen Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen. Ihre erste Hauptrolle spielte sie im Film Blue My Mind (2017) von Lisa Brühlmann. Mit SPIESSER führte sie bereits 2018 ein Interview zu ihrer Rolle in Das schönste Mädchen der Welt. Weiterhin ist sie in den Filmen Dem Horizont so nah (2019) und der Netflix-Serie Biohackers (2020) zu sehen.
Du hattest ja bereits ein Interview mit dem SPIESSER. Wie hast du dich seitdem als Schauspielerin weiterentwickelt?
Ich weiß nicht, ob ich mich direkt weiterentwickelt habe, aber ich bin unglaublich dankbar für alle, mit denen ich seitdem arbeiten durfte. Bis ich das Casting für meinen ersten Film gefunden habe, hatte ich ja nichts mit Schauspiel zu tun. Aber durch den ersten Dreh habe ich etwas gefunden, dass mir wirklich Spaß macht und ich glaube das ist sehr wichtig im Leben. Ich weiß nicht was ich jetzt sonst machen würde. Jeden Tag habe ich unglaublich viel Bock, wenn ich zum Dreh abgeholt werde, auch wenn es 6 Uhr morgens ist. (lacht)
Bist du historisch interessiert und möchtest du dich in Zukunft weiter in dem Genre bewegen?
Das spannende an meinem Beruf ist es ja, dass ich in andere Zeiten reisen kann. Es ist ein riesiges Geschenk und man lernt so viel davon. Vor allem auf die Kostüme aus der damaligen Zeit sind wir alle sehr eifersüchtig. (lacht) Wenn ich ein Kostüm aus dem Fundus anziehe, frage ich mich immer, wer das wohl schon anhatte oder damit schon getanzt hat.
Wie denkst du wäre der Widerstand der Sophie Scholl anders verlaufen, hätte es damals bereits Instagram gegeben?
Ich glaube nicht, dass Instagram etwas an den Zuständen geändert hätte. Aus meiner Sicht ist es schwierig das auf die Zeit des Nationalsozialismus zu beziehen. Aber wenn ich auf heutige Themen in unserer Generation wie die Klimakrise, Frauenrechte oder Black Lives Matter blicke, dann ist Social Media auf jeden Fall hilfreich, weil so die ganze Welt erreicht werden kann. Wenn ich Soziale Medien für etwas Positives einsetze, kann es eine unglaubliche Wucht haben.
Findest du, dass sich durch solche Projekte Geschichte, gerade für junge Menschen, greifbarer machen lässt?
Das Tolle an diesem Projekt ist es ja, dass wir so nicht nur die Geschichte der Weißen Rose erneut erzählen, sondern Einblicke in den Alltag einer jungen Frau geben können. Sophie Scholl führte teils durchaus ein normales Leben, in dem, auch Situationen der Leichtigkeit vorkamen. Das kann durch Instagram natürlich viel einfacher transportiert werden. Ich denke durch das Darstellen dieser Facetten wird sie als Person greifbarer. So können vor allem die jungen Leute besser mit der Thematik erreicht werden.
Sophie Scholl (1921 - 1943)
war eine deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalismus. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans Scholl und weiteren Studenten bildetete sie die Widerstandsgruppe "Weiße Rose", die bis heute als Symbol für Freiheit und den Widerstand gegen die Hitler-Diktatur gilt. Nach einer Aktion, bei der die Gruppe Flugblätter verteilte, wurden die Geschwister Scholl und Christoph Probst verhaftet und kurz darauf hingerichtet. Dieses Jahr am 09. Mai jährt sich Sophie Scholls Geburtstag zum 100. Mal. Dennoch ist es immer noch wichtig an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes zu erinnern.
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