Mach dein Ding!

Nicht auf den
Kopf gefallen

Mitten in der Mecklenburgischen Seenplatte steht das Internatsgymnasium Schloss Torgelow. Althea Heidemüller (12) ist hier seit drei Jahren Schülerin und fand zu einem neuen Hobby: dem Gedächtnissport. Inzwischen war sie schon bei der Weltmeisterschaft dabei. SPIESSER-Autorin Lara hat mit ihr gesprochen.

23. February 2016 - 14:42
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lara.sc Offline
Beigetreten: 23.08.2011

Du hast in der 5. Klasse mit Gedächtnissport angefangen. Wie kam es dazu?

An Torgelow gibt es dafür ein Projekt. Anfangs dachte ich, das habe mehr mit Mathe zu tun und würde nur bei der Schule helfen. Aber schnell merkte ich, dass mehr dahintersteckt. Schon nach einem Dreivierteljahr konnte ich mit dem Projekt an der Norddeutschen Meisterschaft teilnehmen und gewann in meiner Altersgruppe den zweiten Platz. Den ersten hatte meine Schwester.

Wie entwickelt man sich in diesem Sport?

Am Anfang geht man jede Übung einmal ohne vorheriges Training durch. Man testet zum Beispiel, wie viele Ziffern man sich in fünf Minuten merken kann. Dann geht es ans Üben mit den Techniken. Es gibt bestimmte Systeme zum Memorieren. Stellen wir uns vor, jede zweistellige Zahl steht für ein Bild. Die verknüpft man dann zu Kurzgeschichten. Man kann sich auch Routen mit bestimmten Gegenständen ausdenken. Die läuft man im Kopf ab und jeder Gegenstand wird mit einer Zahl gepaart. Und es gibt das Mastersystem. Da lernt man vorher die Ziffern von 00 bis 99 auswendig und jede steht für einen Buchstaben. Null ist D und eins ist T. Die Ziffernfolge 01 stünde dann für DT. Das merke ich mir als „Detektiv“.

Wie oft trainierst du in der Woche und was genau übst du?

Wir üben zweimal die Woche und jedes Mal gehen wir zwei Disziplinen durch. Insgesamt gibt es bei den norddeutschen Meisterschaften sieben. Die Disziplin „Namen und Gesichter“ zum Beispiel erklärt sich sicher von selbst. Manchmal ist das aber kompliziert, weil asiatische Namen unter einem afrikanischen Gesicht stehen können. Bei „Wörter“, „Zahlen“ und „Binär“ müssen wir uns Ziffern oder Wortreihen merken.

Mein Rekord bei „Zahlen“ liegt inzwischen bei 115, die ich in fünf Minuten memorieren kann. „Daten“ ist die Disziplin, die mir in der Schule das Meiste bringt. Jahreszahlen zwischen 1000 und 2099 werden mit willkürlichen Ereignissen verknüpft, die man sich merken muss. Das ist aber alles ausgedacht, sonst hätte ein Geschichtsexperte ja einen Vorteil. In einer anderen Disziplin hat man fünf Minuten Zeit, um sich ein Kartenspiel zu merken. Anfangs zählt man nur, wie viele Karten man sich merken kann. Später geht es um die Zeit. Inzwischen schaffe ich alle 52 Karten in vier Minuten und 27 Sekunden. Ich glaube, der Weltrekord liegt bei 21 Sekunden. So schnell könnte ich die Karten gar nicht auslegen.


Bei der WM in China sahnte Althea
ordentlich ab.
(Foto: privat)
Wie war denn die WM in China letzten Dezember?

Da bin ich als deutsche Vizemeisterin mit meinem Papa hingeflogen. Mit 276 anderen Menschen in einem Raum zu sitzen, habe ich mir anfangs schwierig vorgestellt, aber der Saal war riesig. Die richtigen Profis saßen ganz vorne in der sogenannten Hot Zone. Ich saß weiter in der Mitte, war damit auch zufrieden. Ich habe alleine mehr Punkte geholt als die französische Nationalmannschaft und zusammen mit dem anderen deutschen Kind mehr als Usbekistan. Insgesamt hat das deutsche Team sogar den ersten Platz gemacht. Nach der WM sind wir noch ein paar Tage in Chengdu geblieben. Die größte Attraktion ist dort ein großer Pandapark. Zwei Tage vor der WM sind wir außerdem Hot Pot essen gegangen. Als die Bedienung gemerkt hat, dass wir die deutschen Meister sind, war sie ganz aufgeregt und wollte Fotos mit uns machen. Die Restaurantchefin hat sie deshalb rausgeschickt, wollte dann aber selber auch noch Fotos.

 

Es heißt, dass jeder unabhängig von seinem IQ Gedächtnissportler werden kann. Was sind deine Tipps zum Anfangen?

Gut wäre es, einen Trainer in der Umgebung zu finden. Man kann aber auch auf der Webseite Memocamp oder mit den Büchern von Gedächtnissportlern gut üben. Prinzipiell kann jeder Profi werden, wenn er richtig trainiert. Außerdem würde ich empfehlen, unbedingt mal zu einem Wettbewerb zu fahren. Mir hat erst die Meisterschaft gezeigt, worum es beim Gedächtnissport eigentlich geht und ich habe gesehen: Ich bin nicht die Einzige, die bei schönem Wetter drinnen sitzt und memoriert.

Wie hat der Gedächtnissport deinen Alltag verändert?

Es steigert die Leistung von dem, was ich mir merken kann, aber meine schulische Leistung hat sich nicht verändert. Und auch wenn ich mir jetzt besser Daten merken kann, vergesse ich weiterhin irgendwelche Dinge in meinem Spind.

Interview: Lara Schech
Teaserfoto: JMG  / pixelio.de

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