In nicht mal zwölf Minuten erklärt er den Nahostkonflikt, in zehn Minuten den Krieg in Syrien – Mirko Drotschmann betreibt den YouTube-Kanal MrWissen2Go. SPIESSER-Autorin Lotta hat ihn in seiner Medienagentur getroffen und herausgefunden, was den Erklärbär von YouTube antreibt, wie die Ideen zu seinen Videos entstehen und wie er mit Kommentaren seiner Zuschauer umgeht.
27. September 2018 - 10:58 SPIESSER-Autorin lpommeri.
„Ganz nach oben“, schallt mir eine Stimme aus der Gegensprechanlage entgegen. Wir sind in Nierstein, einem kleinen Dorf in der Nähe von Mainz. Der Mister, zu dem wir uns bei 30 Grad die Treppen hochquälen, ist Mirko Drotschmann, auch bekannt als MrWissen2Go.
Aktuell hat MrWissen2Go ca. 750.000 Abonnenten
„Eigentlich wollte ich Fußballreporter werden”
Seit sechs Jahren betreibt Mirko nun schon den YouTube‐Kanal MrWissen2Go. Angefangen hat er in der Schülerzeitung, wenn auch nicht ganz freiwillig: „Ich wollte Fußballreporter werden, das fand ich immer ganz spannend, klassischer Journalismus war bei mir nicht so auf dem Schirm. Bis mich ein Kumpel, mit dem ich zusammen in der Fußballmannschaft gespielt habe, so genervt hat, dass ich mit ihm zur Schülerzeitung gegangen bin.“ Im Studium wollte Mirko dann einen eigenen YouTube-Kanal starten. Als er seinem Schwager Nachhilfe in Geschichte gab und merkte, dass dieser seine Erklärungen gut verstand, entstand die Idee für MrWissen2Go.
„Drehen tue ich zu Hause“, sagt Mirko entschuldigend, als wir uns nach dem Green Screen und einer Kamera für seine Videos umsehen. Ganz alleine macht er die Filmaufnahmen, 30 bis 40 Stunden die Woche hat er früher für ein Video gebraucht. Seit sein Kanal ein Teil von „funk“, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF, ist, bekommt er Produktionsgelder. So muss er „nur noch“ die Recherche und die Drehs alleine machen. „Den Schnitt mache ich mittlerweile nicht mehr, das machen jetzt Leute, die es wirklich können“, fügt der YouTuber lachend hinzu. Aber auch so ist er 8 bis 15 Stunden mit der Recherche beschäftigt, dann Drehzeit. Die Kommentare unter seinen Videos wollen auch gelesen werden.
Seit September 2017 ist MrWissen2go ein
Angebot von „funk“
„Das tut manchmal auch weh”
Auch wenn das nicht immer Spaß macht: „Wenn ich was zum Thema Islam oder zum Thema Flüchtlinge mache, dann ist es ganz klar, dass so mindestens 20 bis 30 Prozent der Kommentare richtig übel sein werden. Da ist es immer wichtig, dass man einen Blick drauf hat, dass nichts Verbotenes passiert, also niemand eine Straftat begeht in einem Kommentar. Dann muss ich es löschen, dazu bin ich verpflichtet“, erklärt Mirko pflichtbewusst. „Ansonsten lasse ich eigentlich alles stehen. Ich finde, Meinungsfreiheit ist ein wichtiges Gut, vielleicht sogar das wichtigste, das wir haben in der Demokratie. Das tut manchmal auch weh, aber das muss man in Kauf nehmen.“
Gleichzeitig ist der Austausch mit den Zuschauern auch sehr bereichernd. Fast 70 bis 80 Prozent der Themen, die Mirko aufgreift, kommen von Zuschauerwünschen oder vom aktuellen Tagesgeschehen. Den Rest wählt er danach aus, was er selbst interessant findet oder denkt, dass es andere interessieren könnte.
Und dafür scheint er den richtigen Riecher zu haben. Auch wenn am Anfang seine Videos nicht so gut produziert und teilweise über- oder unterbelichtet waren, die Menschen haben sie sich angeschaut. Richtig erklären kann er sich das nicht, hat aber eine Theorie: „Ich glaube, das hängt einfach damit zusammen, dass unsere Welt immer komplexer wird und die Informationen, die man bekommen kann, immer umfangreicher werden.“ Und da scheint Mirko der richtige Mann für zu sein. Einer, der die komplexe Welt einfach erklärt.
Mirko war einer von vier YouTubern, die im Zuge der
Bundestagswahl 2017 Live-Interviewsmit Angela Merkel
und Martin Schulz führten
„Macht was Vernünftiges!”
Trotzdem würde Mirko keinem empfehlen, YouTuber als Hauptberuf zu werden. Ein Schulabschluss und danach vielleicht ein Studium oder eine Ausbildung – das ist auf jeden Fall die Grundlage. Dann kann man immer noch schauen, ob es mit dem eigenen Channel läuft. Denn noch heute schöpft Mirko von dem Wissen, aber auch von der Quellenarbeit und der Ausdauer bei der Recherche, die ein Studium fordert. Und wenn man Journalist werden will? Dann solle man zusehen, dass man neben theoretischem Wissen auch früh praktische Erfahrungen sammelt, meint Mirko: „Bewerbt euch bei einer Lokalzeitung, beim Lokalradio, startet selber etwas, das noch besser ist: vielleicht einen Blog oder halt einen eigenen YouTube-Kanal.“
Text: Lotta Pommerien Fotos: Dominik Gruszczyk
Teaserbild: Lena Schulze
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