SPIESSER Beschäftigungstherapie

WG-Blog: Auf Rentnerreisen

Sandstrand auf Mallorca? Surfen in der Karibik? Sonnenbaden in Italien? Langweilig. SPIESSER-WGler Gustav und Anna haben sich bei ihrem Weihnachtsurlaub  für eine verregnete Rentnerrundreise durch die Westtürkei entschieden.

09. January 2013 - 14:35
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Beigetreten: 04.09.2009

Die Entscheidung, den Urlaub mit einem etwas billigerem Discounterreiseanbieter zu buchen, fiel leicht. Wer sich öfter mal gerne den Deluxe-Burgerspaß in der Mittagspause oder den ein oder anderen Cocktail in der Stammbar gönnt, darf nicht wählerisch sein. Als unser Blick dann beim Durchblättern des Reiseprospektes jenes anonymen Reiseanbieters auf die sonnenbeschienenen Ruinen von Pergamon und Co.  fiel, und auch noch ein voller Gammeltag am Strand und Hotelbuffet angepriesesn wurde, war mir und Gustav klar: Es geht in die Türkei!

Die Wettervorhersage im Internet konnte ja gar nicht stimmen. „6 Grad? Ich bitte dich“, prustete ich, „wenn wir da ankommen, kitzelt uns die türkische Sommersonne im Geischt!“ Tatsache jedoch ist, dass wir bei unserer  Ankunft in Istanbul erst einmal triefend und tropfend im Regen stehen. Es scheint, als hätten wir neben den Shorts und T-Shirts zu allem Unglück auch noch das deutsche Wetter in unsere Koffer gepackt. Mit tropfenden Kapuzen steigen wir in den Reisebus, der uns in den nächsten sieben Tagen durch das verregnete Land kutschieren soll.

Es regnet, es regnet, die Erde wird nass!

Gustav, sein grausiger Regenschirm, eine
Touristenherde und - verdeckt dahinter-
die Hagia Sophia.

Weder die sauber aufgegessenen Buffetteller, noch Gustavs grausig bunter Regenschirm lockt die Sonne hinter den dicken Wolkenbergen hervor. Uns so sehen wir uns berühmte Bauwerke wie die Hagia Sophia oder die Ruinen von Troja eben in einem edlen Mausgrau und unter Regenschleiern vor den Augen an.

Die Stimmung im Reisebus tobt trotzdem. Circa 40 rüstige Rentner  heitern unsere 10-Tage-Regen-Mienen wieder auf. Es erinnert an Klassenfahrt: Da ist der Klassenclown, die Meckerzicke, das Lästermaul  und das Opfer.  Nur eben 50 Jahre älter.  Die Omis und Opis haben uns junges Gemüse schnell ins Herz geschlossen – vor allem nachdem wir es  nach wiederholten Erklärungen aufgeben, ihnen zu erklären, dass wir kein Pärchen sind. Von da an werden uns Enkelgeschichten, Erziehungstipps für unsere Kinder und der ein oder andere Schwank aus der Jugend nahegebracht. Das auch gerne bei einem kühlem türkischem Bier.

Highlight unserer Reise bleibt wohl doch Hakan, der Reiseführer. Gebürtiger Türke, studiert in der deutschen Sprache, vermag er es gut, uns durch die alten persischen Städte und Ruinen zu führen. Dein ein oder anderen Sprachpatzer lässt er doch nicht aus. So befiehlt er uns beispielsweise, doch bitte „alle eure Urine freizulassen!“, als er an einem Klohäuschen halten lässt oder bezeichnet den trojanischen Schwächling Paris als „Milch“. Derartige Ausdrücke werden natürlich sofort in unser Vokabular untergebracht  und nach Deutschland importiert. Gustav, du Milch! Trag den Müll runter!


Posing mit einem Soldaten: Gustav und
Anna auf einer türkischen Polizeistation.

Und noch etwas nehmen wir nach Deutschland mit. Einmal eine Nahtoderfahrung und einmal einen völlig neuen Eindruck. Am letzten Tag unserer Reise, den wir  dank des fabelhaftem Wetters nicht am Strand verbringen könne, wandern wir durch einen Nationalpark. Nichtsahnend schälen wir uns eine Mandarine auf den Klippen zum Meer, als die Gendamerie uns aufgreift. In bruchstückhaftem Englisch befiehlt, uns auszuweisen. Danach werden wir in den mit Schlagstöcken und Maschinengewehren ausgerüsteten Wagen gestopft und in die nahe Polizeistation verfrachtet. Werden wir jetzt für die Mandarinenschalen erschossen? Entführt? Geraten Gustav und ich etwa an die Mädchenhändler?

 

Ausbildung bei der WGS sichern!

Die WGS bietet ein Heim für Brokkolos, Gemüsespezialisten und alle anderen Erdbewohner. Außerdem: frische Ausbildungsplätze!

Nichts dergleichen. Den lieben Gendarmen ist es einfach nur langweilig. Sie erfreuen sich an den hellhäutigen deutschen Touristen und vertreiben sich mit uns ein wenig die Zeit. Bei Tee wird über das deutsche Wetter, den gefährlichen Osten der Türkei und meine Haare diskutiert.

Und so fahren wir sieben Tage später zwar milchig weiß wie zuvor, aber dafür mit einigen nassen und überraschenden Eindrücken zurück in das ebenfalls verregnete Deutschland. 

 

Text: Anna Gumbert
Bilder: Anna Gumbert und Andrei Yakushonok / www.jugendfotos.de

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