SPIESSER Beschäftigungstherapie

Protest in Pixeln

Es gibt viele Möglichkeiten, um gegen etwas zu protestieren. Dabei muss Protest nicht immer laut und schrill sein: Gerade der stille oder kreative Protest besitzt manchmal eine viel stärkere Aussagekraft. Auf welche Art und Weise in der Fotografie protestiert wird, hat SPIESSER-Autorin Annika herausgefunden.

22. October 2018 - 10:39
SPIESSER-Autorin Little Miss Wonder.
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Little Miss Wonder Offline
Beigetreten: 29.05.2013


John Coplans, „Self Portrait (Hands)“
(1988) auf Silbergelatinepapier,
Ausstellung “Körper als Protest” in
der Albertina/Wien
 
Der menschliche Körper als Protestmittel

Eine faltige Hand als Protest? Richtig gesehen – mit der Fotografie eines alternden, menschlichen Körpers machte der britische Künstler John Coplans auf sich aufmerksam. In seinen großformatigen, seriell angelegten Bildern wehrt sich Coplans gegen die Idealisierung des menschlichen Körpers und nimmt stattdessen verfremdete Körperfragmente genauer vor die Kameralinse. Die entscheidende Frage ist dabei: Protestiert der Körper eigentlich mit dem Menschen oder protestiert der Mensch gegen den eigenen Körper?

 


Bildausschnitt aus „Amazon“,
Credits: Flickr, ACME by CC BY-NC 2.0
Protest in Reihen

Mit seiner Fotografie „99 Cent“ knipste Andreas Gursky eine der teuersten Fotografien der Welt. Als „Fotograf der Globalisierung“ arbeitet er mit riesigen Formaten, geschickter Montage und überwältigendem Detailreichtum, sodass sich auch ein zweiter und dritter prüfender Blick auf das Foto lohnen. Eine moderne Erweiterung seines Portfolios präsentiert er nun durch „Amazon“ – seine Einstellung zur Globalisierung muss man wohl nicht mehr erklären.

 


Credits: Flickr, CC by 2.0: Jordi Bernabeu Farrús
Protest in weiblich

Sie kommt aus Schweden, heißt Tess Asplund und stellte sich 2016 mutig und mit erhobener Faust gegen eine aggressive Nazi-Organisation. In diesem Foto zeigt sich eine neue Form von Protest: weiblich, mutig und voller Willenskraft. Damit greift die Fotografie eine alte Symbolik auf: Schon seit langer Zeit steht der weibliche Körper für Freiheit, Gerechtigkeit und Verletzlichkeit. Auch der World Press Photo Award-Gewinner Jonathan Bachmann konnte eine ähnliche Szene einfangen, die um die Welt ging.

 


Credits: © UNICEF / Rfaat
Kriegsfotografie als aufrüttelnder Protest

In einer Welt, in der wir regelmäßig mit Bilderfluten überhäuft werden, muss das ein oder andere Foto auch aufrütteln können. Oftmals gehört zu dieser Kategorie die Kriegsfotografie. Das vorliegende Foto zeigt Noor und Sarah, zwei Mädchen aus Mossul (Irak), die ihren Vater seit drei Monaten nicht mehr gesehen haben und sich fragen, was mit ihm passiert ist. Tagtäglich sehen wir uns unzählige unbedeutende Fotos an – es wird Zeit, dass wir dem echten Weltgeschehen etwas mehr Aufmerksamkeit schenken.

 


Credits: Flickr, Jeffrey Lowy, CC BY-NC-ND 2.0

Ich bin dagegen!

Eine der offensichtlichsten Formen von Protest ist die Demonstration. Politisch gesehen ist es eine in der Öffentlichkeit stattfindende Veranstaltung mehrerer Personen zur freien Meinungsäußerung. Das Demonstrationsrecht ist sogar im Grundgesetz (Artikel 8) verankert. Doch Demonstrationen haben für manch einen Fotografen auch eine Kehrseite: Sie sind eine mediale Inszenierung. Je nach Bildausschnitt konstruieren sie für die Mediennutzer eine Realität. Deshalb gilt: Auch Fotos sollten kritisch betrachtet werden.

 


Credits: © Miia Autio, Variation
of White, www.guteaussichten.org
Gegen eigene Vorurteile

Wie entsteht Realität? Dieser Frage ging die finnische Fotografin Miia Autio in ihrer Reihe “Variation of White” nach. In ihren Bildern sind nämlich gar keine dunkelhäutigen Personen abgelichtet – es handelt sich um eine Collage aus farblich umgekehrten Negativen von Albinos. Damit wird schnell klar: Unsere Vorurteile beschränken unsere Wahrnehmung. Fotografie kann auf künstlerische Weise auf diese Missstände aufmerksam machen und viel wichtiger noch: zum Nachdenken anregen. Damit grenzt sie nicht aus, sondern bezieht den Betrachter in einen Denkprozess mit ein.

 

 


Credits: Annika Stuke
Sehenswürdigkeiten als Protestsymbol

Wer Protest in einer Sehenswürdigkeit sucht, der ist in Prag an der John Lennon Mauer genau richtig. Der Beatles-Sänger war zur Zeit der kommunistisch geprägten Tschechoslowakei ein Held für viele Jugendliche, denn westliche Musik war damals verboten. 1988 schrieben junge Tschechen ihre Beschwerden über die Regierung an die bis dahin recht unbekannte John Lennon Mauer. So kam es zu einem Zusammenstoß von Polizei und Studenten. Bis heute gilt die Sehenswürdigkeit als Mahnmal der friedlichen Rebellion und freien Meinungsäußerung. Die Idee wird auf unzähligen Touristenfotos weitergetragen.

 


Credits: © 2018, Nikolaj Beyer, Everyday Shoes,
@nikolajbeyer, www.nikolajbeyer.com
Im übertragenen Sinn…

Dir ist die aktuelle High-Heel Kollektion auf dem Markt zu langweilig? Dann wirf mal einen Blick auf die Fotografien von Nikolaj Beyer. Der dänische Fotograf arbeitet mit Fleisch, Plastik, Müll, Blättern oder Geldscheinen. Was anfangs eher ein künstlerisches Projekt sein sollte, entwickelte sich schnell zu einem kritischen Umgang mit Blick auf unsere Wegwerfgesellschaft. Mittlerweile konzentriert sich Beyer auf die Themen Recycling und Umweltschutz – deshalb ist es wohl auch nicht verwunderlich, Holz- und Blätterschuhe in seinen Bildern vorzufinden.

 

Text und Fotosammlung: Annika Stuke
Teaserbild: Flickr, George Ampartzidis, CC BY-NC-ND 2.0

 

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Kommentare

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