„Disziplin und physische Anstrengung – Sport findet sich im Fitnessstudio in seiner reinsten Form“, meint Valentina (20).
„Muckibude“, „Anabolika-Tempel“, oder „Eisenhölle“. Diese Kostproben der umgangssprachlichen Bezeichnungen für Krafträume lassen vermuten, was so mancher hinter den Türen der Sportzentren erwartet: eine muffige Halle, in der der Desinfektionsgeruch nur schwer den schweißigen Atem muskelbepackter Männer überlagert, die stöhnend die Gewichte auf der Hantelbank stemmen. Ist das Sport? Was ist Sport? Laut Duden ist es eine „aus Freude an Bewegung und Spiel, zur körperlichen Ertüchtigung ausgeübte körperliche Betätigung“.
Wer diese Definition nur schwer mit dem häufig mit Fitnessstudios in Verbindung gebrachten Begriff des „Pumpens“ vereinen kann, den kann ich beruhigen: Längst lässt sich die in Sportstudios ausgeübte physische Tätigkeit nicht nur auf das von vielen als stumpfsinnig wahrgenommene Heben von Gewichten reduzieren. Fitness und Gesundheit liegen im Trend – in allen Gesellschafts- und Altersschichten. Durch die breite Palette an Sportgeräten und Serviceleistungen, durch das Angebot von Individual- und Gruppensport und durch die langen Öffnungszeiten schaffen es Fitnessstudios, den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Mitglieder gerecht zu werden.
Ob die Ausdauer nun auf dem Laufband oder beim Cardio-Boxen verbessert wird, man für sein Kraftworkout an den verschiedenen Geräten den Fokus auf bestimmte Muskelpartien legt oder durch TRX-Übungen seinen ganzen Körper trainiert: im Fokus steht, sich und seinen Körper an die eigenen Grenzen zu bringen, Gewicht zu verlieren, seine Kondition zu steigern und ja: auch Muskeln aufzubauen. Ist das keine „körperliche Ertüchtigung“? Wer den Gang in den Kraftraum als reine Selbstinszenierung degradiert, bei dem es nur darum geht, im Club oder in sozialen Medien gut auszusehen, der tut den Sportlern (!) in den Fitnessstudios unrecht. Unwahrscheinlich, dass die mehr als 10 Millionen Deutsche, die im Frühjahr 2017 in Fitnessstudios angemeldet waren, nur das Ziel hatten, zu einem Hulk-Double zu mutieren, denn bei wem – um noch einmal die Sportdefinition aufzugreifen – die „Freude an Bewegung“ nicht vorhanden ist, der wird sein Training bald einstellen. Denn die Flexibilität durch die meist langen Öffnungszeiten und den hohen Grad an Individualität, den das Trainieren im Fitnessstudio mit sich bringt, muss man mit Motivation und Selbstdisziplin bezahlen. Draußen ist es kalt, regnerisch, dunkel? Keine Ausreden. Das Fitnessstudio ist immer offen für Sportlerherzen!
Teaserbild: Lena Schulze
„’Pumpen’ ist für mich kein Sport, weil es dabei nur um die körperliche Anstrengung und Äußerlichkeiten geht – echter Sport ist mehr“, hält Maximilian (20) dagegen.
Ich würde von mir selbst sagen, ich bin ein Sportler. Ich habe mein Leben lang Sport gemacht. Als ich geradeso aufrecht stehen konnte, meldeten mich meine Eltern im Fußball- und Tennisverein an. Von da an war der Sport alles für mich. Durch den Sport habe ich so viel mehr kennengelernt, als nur körperliche Anstrengung: Technik, Taktik, Koordination, Zusammenhalt, Liebe, Hass, Lachen, Weinen, Siegen und Verlieren. Sport ist eine Leidenschaft, die mich nicht mehr loslässt. Bei manchen Sportarten muss man sich als Team miteinander verbünden. Da geht es nicht darum, wer wen mag oder wer woher kommt. Alle haben einen gemeinsamen Gegner und ein klares Ziel vor Augen.
Nichts davon sehe ich bei diesen Pumpern im Fitnessstudio. Die gehen nach der Arbeit kurz nochmal „zum Sport“, um sich auszupowern oder einfach ein paar Fitnessgirls im Studio aufzureißen. Dort setzen sie sich dann auf eine Bank und schwingen 400 Mal die Kurzhantel – „Bizeps trainieren“. Nach ein bisschen Gaffen und vor dem Spiegel posieren folgt das gleiche Prozedere an irgendeinem anderen Gerät für irgendeinen anderen Muskel. Neben dem Training ist es natürlich besonders wichtig, sich so viel Magerquark und Protein-Shakes wie möglich reinzupfeifen, damit das eigene Spiegelbild noch geiler aussieht. Da kämpft jeder für sich – und zwar gegen sich selbst. Es gibt kein Ziel, außer sich körperlich immer mehr zu steigern.
Ich finde, dass Sport eben gerade nicht nur körperliche Anstrengung ist – einen Sack Mehl schleppen ist ja auch kein Sport. Ich habe mich schon immer aufgeregt, dass bei Olympia ein Kugelstoßer die gleiche Goldmedaille bekommt, wie ein Zehnkämpfer oder eine ganze Fußballmannschaft. Und das nur, weil er seinen Ellbogen einmal ausstreckt und damit eine Metallkugel auf 20 Meter wirft. Jetzt werden viele Leute fragen, warum dann Schach ein Sport ist – ist es nicht. Für mich darf sich ein „Sport“ erst Sport nennen, wenn sowohl die körperliche Anstrengung, als auch Technik, Taktik und Koordination eine Rolle spielen. Beim Schach fehlt natürlich die körperliche Dimension. Beim einfachen Pumpen strengt man zwar seine Muskeln an und muss bestimmt auch eine gewisse Technik haben, aber man verfolgt währenddessen wirklich keine ausgeklügelte Taktik. Es ist einfach eine Bewegung eines Muskels, die man tausendmal wiederholen muss. Pure Langeweile für mich – und sicher kein Sport.