Juliane, 20:
„Es ist Sache der Erziehung, Kenntnisse zu vermitteln, die die Fähigkeiten vom Schul-system überschreiten.“
Das Land Baden-Württemberg führt ab kommendem Herbst das Schulfach „Wirtschaft, Berufs – und Studienorientierung“ ein. Drei Stunden pro Woche sollen Schüler ab der 8. Klasse darin durch praxis- und lebensnahe Themen besser aufs Leben vorbereitet werden. Dass das durchaus nötig sein könnte, bewies schon vor wenigen Monaten der Tweet der Kölnerin Naina – in dem sie äußerte, dass sie sich nicht gut genug aufs Leben vorbereitet fühle und ihr wichtige Kenntnisse noch fehlen – trotz Abitur. Daraufhin wurde eine bundesweite Debatte ausgelöst, in der man sich fragte, wie lebensnah Schule wirklich sein sollte. Die Einführung eines neuen Schulflachs klingt dabei wie die optimale Lösung des Problems. Aber ist sie das wirklich? Ich denke: Nein!
Schule repräsentiert Bildung, lehrt die Fähigkeit für lebenslanges Lernen und das Verknüpfen von Sachverhalten. Und ja, vielleicht erscheint es auf den ersten Blick so, dass Schule kein nützliches Wissen vermittelt. Doch Allgemeinwissen, Sprachverständnis sowie das Recherchieren von Informationen sind tatsächlich wichtige Kenntnisse, welche uns den Weg zur Ausbildung, zum Studium oder in die weite Welt ebnen.
Für alles Weitere steht meiner Meinung nach zunächst die eigene Familie in der Pflicht. Man kann doch nicht die gesamte Erziehung auf die Schulen abwälzen. Unsere Eltern sind es, die uns auf ein eigenes und selbstständiges Leben vorbereiten sollten. Sie sind es, die für einen sicheren Start sorgen sollten – und zwar in jederlei Hinsicht. Ganz klar: Ich denke, es ist eine Sache der Erziehung, Kenntnisse zu vermitteln, die die Fähigkeiten vom Schulsystem überschreiten.
Warum? Ganz einfach: Für Schulen ist es zeitlich unmöglich jegliche Wissens- und Interessengebiete abzudecken, dafür unterscheiden sich die jeweiligen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen viel zu stark. Es ist unmöglich für jedes Defizit ein neues Schulfach einzuführen. Die Lehrpläne sind doch schon jetzt so prall gefüllt, dass sie einen enormen Leistungsdruck aufbauen und die Schüler regelrecht abschrecken. Und wer sein Wissen erweitern möchte, findet außerhalb des Schulgebäudes jede Menge Möglichkeiten. Schulpraktika, diverse Messen und Nebenjobs, sowie eine Selbstrecherche im Internet können dem ein oder anderen die Wissenslücken füllen und fördern gleichzeitig die Selbständigkeit.
Und mal ehrlich: In Zeiten der modernsten Technik erfordert es kaum Zeit, sich Informationen aus dem Internet zu ziehen. Smartphones und Tablets gehören zu unserem Alltag, daher sollte es ein leichtes sein, Begriffe wie beispielsweise 'Steuern' und 'Mietverträge' in eine Suchmaschine einzugeben.
Das grundlegende Problem ist doch vielmehr, dass das Interesse bei vielen Jugendlichen für Themengebiete, wie Politik und Wirtschaft fehlt. Daher investieren die Wenigsten außerhalb der Schule gern Zeit in solche Themen. Sie machen sich einfach keine Gedanken darüber. Ein neues Schulfach kann da meiner Meinung nach wenig helfen.
Vielleicht gehört es einfach zum Erwachsenwerden dazu, die Schüler auf gewisse Art und Weise ins kalte Wasser zu schmeißen. Nur so kann man eigene Erfahrungen sammeln und wird nach und nach selbstständiger. Immer häufiger klagen Betriebe und Hochschulen über die fehlenden Kenntnisse ihrer Bewerber – zum einen seien sie nicht in der Lage fehlerfreie Berichte zu schreiben und zum anderen fehle das Grundlagenwissen der Mathematik. Ihr seht also: Es mangelt allein schon an den Grundlagen und dieses Problem wird nicht gelöst, indem man permanent die Lehrpläne erweitert. Vielleicht sollte man diese wirklich wichtigen Wissenslücken erstmals stopfen, bevor man die Schüler mit neuen konfrontiert.
Teaserbild: Claudia Wehner
Jessica, 14:
„Die Schule muss uns endlich mehr auf das echte Leben vorbereiten!“
Zu jedem Menschen gehört eine gewisse Bildung, das ist vermutlich jedem bewusst, aber wie viel von dem was wir lernen, ist wirklich wichtig für unser späteres Leben? Ich lerne, wie ich perfekt ausmale, sodass es expressionistisch ist und auch lerne ich, wie ich einen Ball am weitesten werfe. Aber für wie viele Berufe brauche ich das? Mir wurde immer gesagt, die Schule bereitet uns auf unser gesamtes Leben vor. Na dann bitte, macht das doch auch! Denn genau davon merke ich nicht wirklich etwas. Mit dem neuen Schulfach „Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung“ soll das in Baden-Württembergischen Gymnasien in Zukunft geändert werden. Wenn ihr mich fragt, eine klasse Idee!
Meiner Meinung nach ist es doch super, wenn Schüler wirklich auf das richtige Leben vorbereitet werden. Ich meine: Es ist für mich doch viel wichtiger zu wissen, wie ich meine Steuererklärung ausfülle, als zu lernen, wie ich ein Bild von Van Gogh möglichst genau abmale. Es gibt nun mal Inhalte im Lehrplan, die sind für uns einfach nicht relevant. Die kann man getrost streichen und dafür Inhalte lehren, die wir später immer wieder brauchen und dann auch wirklich richtig machen müssen.
Man kann sich ja auch nicht immer alles von den Eltern erklären lassen – zumal nicht alle Kinder genau diese Möglichkeit haben! Die Schule ist meiner Meinung nach dazu da, uns auf das, womit wir im späteren Leben konfrontiert werden, vorzubereiten. Und früher oder später gehören die Wirtschafts- und Berufswelt einfach zu unserem Alltag dazu. Durch eine frühzeitige und intensive Bildung in der Schule machen wir, wenn es soweit ist, weniger Fehler. Das ist doch im Interesse aller, oder nicht?
Aber so ein Fach könnte sicher noch viel mehr: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Schüler noch gar nicht wissen, was sie später einmal werden wollen. Dabei könnte ihnen dieses Fach vielleicht wirklich helfen. Man könnte beispielsweise über verschiedene Berufe aufgeklärt werden und erfahren, was einen dort erwartet. Aus unseren Berufsorientierungsstunden weiß ich, dass bei so einem Unterricht auf die Stärken des einzelnen Schülers eingegangen werden kann, um festzustellen, wem welcher Beruf wirklich liegen würde. Schließlich macht es mehr Spaß, den Traumberuf schnell zu finden und ihn anzustreben, als erst zehn Mal das Studienfach zu wechseln und letztendlich immer noch nicht zu wissen, was man später mal machen möchte.
So, wie ich das mitkriege, gibt es echt viel zu viele Menschen, die unzufrieden in ihren Job sind. Hat schon mal einer daran gedacht, dass das daran liegen könnte, dass man sich vorher nicht genug über andere Berufe informiert hat? Mit einem Schulfach wie dem in BaWü könnte das vielleicht für Einige verhindert werden.
Noch so ein Thema: Ständig liest man, dass zu viele Lehrstellen unbesetzt bleiben. Das wird unter anderem damit begründet, dass der Arbeitsmarkt zu groß sei und viele Berufe gar nicht bekannt sind. Dann ändert das doch – und zwar da, wo alle Schüler täglich abhängen: in der Schule! Es ist schließlich besser für den Jugendlichen von Lehrern erklärt zu bekommen, was für Berufe für einen besser sind oder welche man mal kennenlernen solle, als das im Internet erst irgendwo selbst suchen zu müssen.
Es heißt immer, die Jugend hat von nichts Ahnung, wenn wir etwas nicht sofort perfekt und mit einem Sternchen hinbekommen. Das ist klar, wenn es uns vorher keiner erklärt oder beibringt! Ich finde die Idee, die Schule durch ein neues zukunftsorientiertes Lehrfach lebensnäher zu machen, wirklich nicht schlecht! Schadet schließlich ja auch keinem und genug Lehrstoff, den man streichen kann, gibt es auch.