Aktuell kommt man an dem eingestellten Prozess rund um den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy, der wegen des Besitzes von Kinderpornografie angeklagt war, nicht vorbei. Warum wurde das Verfahren jetzt eigentlich eingestellt? SPIESSER-Redakteurin Tabea hat sich für euch schlau gemacht.
06. March 2015 - 13:15 SPIESSER-Redakteurin grünerTee.
Vor etwas mehr als einem Jahr durchsuchten die Polizei und die Staatsanwaltschaft von Hannover Sebastian Edathys Büros und dessen Wohnung, weil der Verdacht vorlag, er habe kinderpornografisches Material besessen. Im Juli letzten Jahres schließlich klagte die Staatsanwaltschaft Hannover Sebastian Edathy wegen des Besitzes von kinderpornografischen Fotos und Videos beim Landgericht Verden an. Der erste Verhandlungstermin war vor wenigen Tagen am 23. Februar 2015. Am 2. März erklärte Edathy schließlich im Prozess, dass die Vorwürfe zuträfen. Das Gerichtsverfahren wurde daraufhin nach §153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Edathy muss eine Zahlung von 5.000 Euro leisten; er ist nicht vorbestraft.
So viel dazu. Da ergeben sich natürlich Fragen. Wie kann das sein? Hat Edathy mit seiner Erklärung nicht gestanden?
Ja und nein. Durch die Erklärung vor Gericht hat er quasi eingeräumt, dass er das betreffende Material wirklich besessen hat. Er hat also den Tatvorwurf eingeräumt. Allerdings hat er nicht gestanden, dass es sich dabei um kinderpornografisches Material handelt. Und genau das wurde vor Gericht auch nicht festgestellt. Der Ausgang des Verfahrens, also ob es sich wirklich um kinderpornografisches Material handelt (wovon die Staatsanwaltschaft Hannover, die Edathy angeklagt hat, ausgegangen ist) oder nicht, wurde also strafrechtlich nie festgestellt.
Übrigens dieser §153a kommt auch oft zur Anwendung, wenn jemand illegal Musik oder Filme im Netz runterlädt. Auch in so einem Fall wird das Strafverfahren oft wegen des geringen öffentlichen Interesses eingestellt. Allerdings handelt es sich hier neben dem strafrechtlichen Vergehen – dem illegalen Download – auch um ein zivilrechtliches Vergehen, weil ja jemand die Rechte an dem Film oder der Musik hat. Jemandem, dem das Material gehört, ist ein Schaden entstanden und der muss dann ersetzt werden. Dabei handelt es sich dann aber um eine ganz andere Art von rechtlichem Vergehen. Im Edathy-Prozess ging es nur um das strafrechtliche Vergehen.
Der Ausgang des Verfahrens war also vollkommen offen, auch mit der Erklärung von Edathys Verteidigung. Daraufhin hat man sich vor dem Landesgericht Verden auf die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage nach §153a StOP geeinigt. Ganz ohne Strafe blieb Edathy also nicht. Er muss eine Summe von 5.000 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Mit dieser Zahlung soll das öffentliche Interesse an dem Fall beseitigt werden, da vor Gericht keine schwere Schuld gegen Edathy festgestellt wurde. Zu Erinnerung: Es wurde strafrechtlich nie festgestellt, dass es sich wirklich um kinderpornografisches Material handelt. Der Beschluss des Gerichts ist übrigens nicht anfechtbar (sofern Edathy die Auflage erfüllt, also das Geld zahlt), da sich ja alle Parteien darauf geeinigt haben.
Wurde Edathy jetzt von den Vorwürfen freigesprochen? Nein – er wurde weder freigesprochen noch verurteilt. Das Verfahren wurde schlichtweg eingestellt. Damit können sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Edathy selbst ihr Gesicht wahren. Am Ende ist es also so, dass sowohl die Staatsanwaltschaft, als auch die Verteidigung rund um Edathy mit der Einstellung des Verfahrens einem langen Prozess aus dem Weg gegangen sind, dessen Ausgang völlig offen war.
Rein rechtlich gesehen, lief das also alles sauber. Aber, ob die Entscheidung des Gerichts ethisch vertretbar ist, wird wohl noch eine Weile diskutiert werden. Inzwischen hat sich selbst Til Schweiger dazu geäußert und einen Gastbeitrag für den Stern geschrieben.
Und wie seht ihr das?
Text: Tabea Grünert
Teaser-Foto: Tim Reckmann, pixelio.de (Bild beschnitten)
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