„Mehr Fortschritt wagen“–Ein Blick in den Koalitionsvertrag
Neues Jahr, neue Regierung? Mit dem Jahreswechsel erwarten uns vor allem im politischen Bereich viele Neuerungen. „Mehr Fortschritt wagen“ – so lautet der Titel des neuen Koalitionsvertrages, auf den sich die SPD, die Grünen und die FDP geeinigt haben. Welche Neuerungen besonders für junge Menschen relevant sind, haben wir für euch zusammengefasst.
10. January 2022 - 13:42 SPIESSER-Autorin Kathi99.
Seit dem 8. Dezember 2021 ist Olaf Scholz (SPD) Kanzler des Deutschen Bundestags. Er steht an der Spitze der ersten Ampelkoalition aus SPD, den Grünen und der FDP. Der Koalitionsvertrag steht ganz im Zeichen des Fortschritts und Wandels und soll frischen Wind in die Politiklandschaft bringen.
Was ist ein Koalitionsvetrag?
Unter einer Koalition versteht man in der Politik einen vorübergehenden Zusammenschluss politischer Parteien und ihrer Fraktionen. Eine Koalition muss dann gebildet werden, wenn eine Partei bei der Wahl nicht die notwendige absolute Mehrheit der Abgeordneten im Parlament erreicht. Die Parteien einer Koalition schließen zu Beginn der Legislaturperiode einen Koalitionsvertrag, in dem sie die gemeinsamen Ziele und Vereinbarungen festhalten, auf die sie sich geeinigt haben. Es ist jedoch kein rechtsverbindlicher Vertrag, sondern nur eine politische Absichtserklärung.
Klima
Der Kohleausstieg soll nicht, wie bisher festgelegt, bis zum Jahr 2038, sondern bereits bis 2030 erfolgen. Um dieses Ziel erreichen zu können, sollen Wind- oder Solarstrom massiv ausgebaut werden. Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammen. Dafür sind mehr Gaskraftwerke nötig, die auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet werden sollen. Außerdem wird der Klimaschutz in Zukunft stärker in die Entscheidungen der Bundesregierung einbezogen. Jedes Ministerium soll seine Gesetzesentwürfe einem sogenannte Klimacheck unterziehen – also auf die Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen prüfen. Bereits 2022 soll das Bundesklimaschutzgesetz weiterentwickelt werden und ein Klimaschutz-Sofortprogramm entstehen.
Mindestlohn
Wie im Wahlkampf angekündigt, will die SPD den gesetzlichen Mindestlohn deutlich erhöhen. Seit dem 1. Januar 2022 beträgt der aktuelle Mindestlohn 9,82 Euro pro Stunde. Wann die angekündigte Erhöhung auf 12 Euro erfolgt, steht noch aus.
Führerschein
Begleitetes Fahren soll ab 16 Jahren, statt wie bisher mit 17 Jahren möglich sein. Weiterhin darf ein Pkw bis zum 18. Geburtstag nur in Begleitung einer mindestens 30-jährigen Begleitperson gefahren werden.
Wahlalter
Das Wahlalter bei Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden.
Wohnen
Ein Bund-Länderprogramm soll ins Leben gerufen werden, dass Studierende und Auszubildende beim Thema Wohnraum unterstützt.
Transsexuellen Gesetz
…soll abgeschafft und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden.
Cannabis
Eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften wird eingeführt. So kann eine bessere Qualitätskontrolle, die Verhinderung der Weitergabe verunreinigter Substanzen und der Jugendschutz gewährleistet werden. Nach vier Jahren sollen die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Maßnahme überprüft werden. Die Bestimmungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol, Nikotin und Cannabis sollen verschärft werden.
Aufhebung des Blutspendeverbots für homo-, bi- und transsexuelle Menschen
Bisher war es homo- und bisexuellen Männern sowie transsexuellen Menschen verboten, Blut zu spenden. Als Voraussetzung für eine Blutspende galt 12 Monaten Enthaltsamkeit. Dieses Verbot soll nun abgeschafft werden, wenn erforderlich auch gesetzlich.
Abtreibungsgesetz
Das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, dass im §219a StGB festgelegt ist, wird gestrichen. Ärzte sollen künftig öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen soll so gestärkt und eine Versorgungssicherheit hergestellt werden.
Neue Ministerien
Insgesamt gehören dem Kabinett mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz neun Männer und acht Frauen an. Mit der neuen Koalition geht auch eine Umstrukturierung mehrerer Ministerien einher. Teile der klimapolitischen Zuständigkeiten sind nun im Wirtschafts- und Außenministerium verankert. Beide Themenfelder wurden zuvor im Umweltministerium zusammengefasst. Bislang gehörte die Klimaschutzpolitik zu den Aufgaben des Bundesumweltministeriums. Nun gibt es ein neu zusammengesetztes Wirtschafts- und Klimaschutzministerium. Zudem wurde das Bundesverkehrsministerium zum Bundesministerium für Digitales und Verkehr umbenannt.
Aufteilung der Ministerien:
SPD: Bundeskanzleramt, Innenministerium, Bundesarbeitsministerium, Verteidigungsministerium, Gesundheitsministerium, Bundesbauministerium, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bündnis 90/Die Grünen: Wirtschafts- und Klimaschutzministerium, Außenministerium, Bundeslandwirtschaftsministerium, Bundesfamilienministerium, „Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz“
FDP: Finanzministerium, Justizministerium, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bildungs- und Forschungsministerium
Text: Katharina Ziegler
Bilder: Tsvetoslav Hristov, Erika Stockenhofen
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