Jeden Freitag verlassen junge Menschen mit Plakaten bewaffnet ihre Klassenzimmer und Hörsäle. Sie ziehen vor den Bundestag, vor Ministerien und Rathäuser und fordern Veränderung, Klimaschutz, einen schnelleren Kohleausstieg. Das Motto: „Wir streiken, bis ihr handelt.“
13. February 2019 - 09:27 SPIESSER-AutorIn lara.sc.
Ausgelöst wurde „Fridays for Future“ von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg. Mit ihrem inzwischen berühmten Schild „Skolstrejk för klimatet“ ist sie zur Ikone der aktuellen Klimabewegung geworden – und zehntausende Schülerinnen und Schüler folgen ihrem Beispiel. In Deutschland gingen im Januar an einem einzigen Freitag bundesweit über 30.000 Aktivisten auf die Straße.
Schülerinnen und Schüler bei Fridays for Future in Lüneburg.
Foto: Lisa Steinwandel
Dürfen Schüler überhaupt streiken?
Schon früh gab es Diskussionen, ob die Schulpflicht für Schüler nicht über dem Demonstrationsrecht stehe. Politiker drohen mit Verweisen und Einträgen im Zeugnis. Tatsächlich kann man dem Unterricht nicht einfach fernbleiben, sondern sollte dafür eine Genehmigung einholen. Experten sehen aber durchaus eine Verbindung zwischen den Schulstreiks und dem Auftrag der Schule, soziale und politische Teilhabe sowie Verantwortungsbewusstsein zu fördern. Außerdem gehört das Recht auf Bildung zu den Menschenrechten, so der Hamburger Rechtsanwalt Michael Günther: „Mit Protesten zum Schutz für das Klima wird auch für die weitere Wahrnehmung der Menschenrechte, und damit für das Recht auf Ausbildung gekämpft. Dies darf von den Schulen nicht missbilligt oder erschwert werden.“
Schüler sollten am besten mit ihren Lehrkräften und der Schulleitung sprechen. Manche Schulen erleichtern freitags die Freistellung, andere machen daraus Projekttage. Wenn es noch keine Regelung gibt, nehmen viele bisher die möglichen Fehltage und Verweise auch einfach in Kauf, so wie der Schüler Fabian: „Ich versuche, es in Maßen zu halten, aber es gibt wichtigeres als Schule und ich bin davon überzeugt, dass diese Bewegung dazu gehört.“
Schülerinnen und Schüler bei Fridays for Future in München
Foto: privat
„Wir haben eine Verantwortung“
Fabian geht freitags in Berlin auf die Straße. Inspiriert wurde er von dem Twitter-Trend #alsich16war: „Ich bin jetzt 16 und möchte in zehn oder zwanzig Jahren nicht erzählen, dass ich nur tatenlos zugesehen habe, als die Klimakrise noch aufzuhalten war. Deshalb bin ich dabei. Das Abi nützt am Ende auch nichts, wenn die Welt vor die Hunde geht. Wir haben eine Verantwortung für die kommende Generation.“
Die 19-jährige Lea organisiert die Demos in München und sieht das ähnlich: „Unsere Zukunft und die aller zukünftiger Generationen wird für kurzfristig bequemere Entscheidungen aufs Spiel gesetzt.“ In den letzten Jahren hätten junge Menschen immer wieder versucht, sich in klimapolitische Prozesse einzubringen. Bei „Fridays For Future“ sieht Lea jetzt die Chance, tatsächlich etwas zu erreichen: „Ich habe das Gefühl, dass dies eine Bewegung ist, die es schafft, auch Menschen, die vorher nichts mit Klimaschutz am Hut hatten, anzusprechen und mitzunehmen. Wir in München wollen versuchen, das als Startpunkt zu nutzen und zum Beispiel Workshops und Diskussionsrunden aufzubauen.“ Noch sei nichts Konkretes geplant. Das Potenzial für mehr ist aber gegeben.
Absage an Altpolitiker
Die Bewegung wächst rasant, in über hundert Städten ist „Fridays for Future“ in Deutschland inzwischen aktiv. Und die Jugendlichen werden gehört. Als die Kohlekommission Ende Januar zum letzten Mal tagte, wurden einige Aktivisten eingeladen, ihre Forderungen vorzutragen. Mit dabei war Luisa (22), die die Schulstreiks in Berlin mit ins Leben gerufen hat. „Wir haben einen offenen Brief übergeben, der einen schnellen Kohleausstieg gefordert und gleichzeitig sehr direkt ausgedrückt hat, wie absurd es ist, dass gerade Menschen über unsere Zukunft entscheiden, die ihre eigenen Entscheidungen nicht selbst ausbaden müssen.“ Am gleichen Tag wollte Wirtschaftsminister Altmaier vor den jungen Demonstrierenden sprechen. Dem erteilte man aber eine Absage: „Wir laden bewusst keine Altpolitiker zu unseren Veranstaltungen ein,“, erzählt Luisa, „weil sie ein Teil davon und ein Grund dafür sind, warum wir streiken. Wenn er sich solidarisch mit uns zeigen will, kann er das gerne twittern.“
Luisa auf einer Fridays for Future Demonstration in Berlin / Foto: Jörg Farys
Nicht nur mit der Politik sprechen die Aktivisten inzwischen, auch in die großen Titelblätter und Talkshows haben sie es längst geschafft. Und sie haben noch viel vor. Am 15. März wollen die Schülerinnen und Schüler weltweit demonstrieren, auf allen Kontinenten. In Deutschland allein rechnet man mit 100.000 jungen Menschen.
Text: Lara Schech
Teaserbild: Lisa Steinwandel
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