Stell dir vor, du hast es dir mit deinem Laptop auf dem Sofa gemütlich gemacht. Plötzlich sitzt du im Dunkeln. Während du an einen ärgerlichen Zufall glaubst, haben internationale Mächte alles geplant und zwingen ganze Metropolen zum Stillstand. Kein Strom, kein Wasser, keine Verkehrsmittel. Klingt nach Kino, könnte aber schon bald zur Folge einer zunehmenden Cyber-Kriminalität werden, sagen Experten. Das Internet als Kriegsschauplatz von morgen? SPIESSER-Autorin Anna hat recherchiert.
Zugegeben, das Internet hat unser Leben maßgeblich verändert: Wir sind international vernetzt, erhalten Infos in Sekundenschnelle und können mit unseren Nachrichten auf Facebook, Twitter und YouTube Millionen Menschen erreichen. Diese virtuelle Welt ist jedoch nicht nur für uns reizvoll, sondern auch für terroristische Organisationen und Extremisten. Sie nutzen das Internet, um gerade junge Leute von ihren Ideen zu überzeugen und sie als Anhänger gewinnen zu können. Wie das konkret aussieht? Propaganda-Videos, Cartoons, Vorlagen zum Bau einer Bombe – hinter den Internetseiten der Organisationen steckt meist eine professionelle Strategie. Darüber hinaus wird das Internet von Kriminellen für Diebstahl, Erpressung, gezielte Spionage oder Kinderpornographie missbraucht, wie wir immer häufiger in den Medien lesen können. Angesichts dieser erschreckenden Ausmaße wundert es nicht, dass auch die Politik inzwischen von einer „Bedrohung mit unvergleichbarer Dimension“ spricht. Doch wo genau lauert die Gefahr?
Das Internet bietet unheimlich viele Möglichkeiten –
für uns, aber auch für Menschen mit bösen
Absichten. Foto: mikael altemark, flickr.com,
CC-Lizenz (CC BY 2.0)
Cyber-Crime und Cyber-War auf dem Vormarsch
Wenn man sich mit den Themen Internet, Bedrohung und virtuelle Sicherheitsstrategien beschäftigt, stößt man häufig auf drei Begriffe: Cyber-Crime, Cyber-Terrorismus und Cyber-War. Von den Medien werden die Phänomene oft synonym verwendet oder inhaltlich vertauscht – das sorgt allerdings gerade bei Laien für mehr Verunsicherung als Klarheit. Wie können wir also virtuelle Kriminalität vom Cyber-War unterscheiden?
Wie mir der deutsche Sicherheitsexperte und Technikphilosoph Dr. Sandro Gaycken im Interview erklärt, existieren klare Unterschiede zwischen den einzelnen Bereichen. „Rechtlich, von den Akteuren her, in den speziellen Vorgangsweisen und auch bezüglich der Ausprägungen, möchte ich doch dringend bitten, Krieg und Verbrechen auseinanderzuhalten. Analog wie digital.“ Eine große Schwierigkeit dabei ist, dass es bis heute keine eindeutigen Definitionen für die Cyber-Phänomene gibt.
Daher müssen Politik und Medien von vorläufigen Arbeitsdefinitionen Gebrauch machen: Der umfassendste Begriff „Cyber-Crime“ meint alle kriminellen Handlungen, die im Internet begangen werden und die Rechte eines jeden Internetnutzers verletzen. Dazu zählen beispielsweise Datendiebstahl und das Versenden von Viren. Kennt man ja: Wer von uns hatte nicht schon einmal Angst, sich einen Virus auf den PC zu holen?
Etwas konkreter ist der Bereich, der zum „Cyber-Terrorismus“ zählt: Propaganda-Arbeit im Netz, Planung von Anschlägen in Internetforen oder – im schlimmsten Fall – Angriffe auf Städte, Atomkraftwerke, Militäreinheiten. Ein sehr aktuelles Beispiel hierfür ist die virtuelle Arbeit der Terrororganisation Islamischer Staat (IS).
Bei einem Cyber-War können nicht nur Städte,
sondern sogar ganze Staaten "ausgeschaltet"
werden. Foto: Bill Smith, flickr.com, CC-Lizenz (CC BY 2.0), Foto beschnitten
Die letzte und fatalste Stufe dieser Kette von virtuellen Bedrohungen bildet der „Cyber-War“: Jetzt handeln nicht mehr einzelne Personen, sondern nationalstaatliche Akteure oder kriminelle Vereinigungen, die einen anderen Staat gezielt angreifen. Wie so etwas in der Praxis aussehen kann, hat sich 2007 in Estland gezeigt, denn damals fand der erste offizielle Cyber-War statt. Damals wurde das nordeuropäische Land für mehrere Wochen komplett lahmgelegt: Ein Hackerangriff hatte zu großen Schäden auf Regierungsrechnern, in Banken- und Unternehmenssystemen geführt. Auch Dr. Gaycken sieht hier das größte Gefahrenpotenzial für die nächsten Jahre. So sind diese Kriege im Internet seiner Meinung nach in der Lage, „das Internet zu manipulieren, um eine andere Wahrnehmung der Realität zu erreichen oder ganze Wirtschaftssysteme anzugreifen.“
Während sich die deutsche Politik bisher hauptsächlich auf der theoretischen Ebene mit solchen Cyber-Problemen beschäftigt, sind andere Regierungen schon einen Schritt weiter gegangen. Besonders in Großbritannien und den USA versucht man, mit praktischen Maßnahmen die virtuelle Kriminalität zu kontrollieren. So gibt es inzwischen mehrere Militäreinheiten, die sich einzig um eine erfolgreiche Kriegsführung im Netz kümmern sollen, indem sie Terroristen und Kriminellen den Nährboden wegnehmen. Das Prinzip dahinter ist eigentlich ganz einfach: je mehr ich online für die Demokratie und Freiheit tue, desto unwahrscheinlicher wird eine terroristische Bedrohung. Doch wie weit dürfen Staaten im Internet gehen? Sandro Gaycken schaut mit gemischten Gefühlen auf Phänomene wie die „Brigade77“, die erste Social-Media-Einheit der britischen Armee. Für ihn können und müssen politische Akteure in der realen, aber auch in der virtuellen Welt für Recht und Ordnung sorgen – müssen sich dabei aber immer selbst auch an die demokratischen Grundregeln halten, um nicht selbst Verbrechern zu werden.
Ob und in welcher Form eine Internet-Einheit wie in den USA oder Großbritannien auch in Deutschland geplant ist, bleibt abzuwarten. Feststeht jedoch, dass die professionelle Terror-Maschinerie auf sämtlichen virtuellen Kanälen auch in Zukunft eine komplexe Rolle spielen wird.
Wir müssen Sicherheitslücken schließen und
auch im Privaten aufpassen, was wir im Internet
machen. Foto: Yuri Samoilov, flickr.com,
CC-Lizenz (CC BY 2.0)
Sicher ist, wer offline ist?
Blicken wir jetzt auf die virtuellen Entwicklungen der letzten Jahre zurück, müssen wir uns fragen: und jetzt? Was können wir tun, um den möglichen dritten, virtuellen Weltkrieg zu verhindern? Auch wenn die Meinungen der Sicherheitsexperten hier auseinandergehen, sind sie sich in einem Punkt einig: Ein internationales Leben im Offline-Modus ist nicht mehr möglich. Bereits heute sind zu viele Infrastrukturen, Militäroperationen und Finanzsektoren in den virtuellen Kosmos eingebettet. Das kennen wir ja auch von uns selbst: wer will schon aufs Internet verzichten?
Es gilt also Schadensbegrenzung zu betreiben und bisherige Sicherheitslücken – im Kleinen wie im Großen – zu schließen, damit wir in Deutschland „das Problem lösen, Privatheit dabei wiederherstellen und so zur führenden IT-Macht der Welt werden“, meint Experte Dr. Gaycken. Sollten jedoch keinerlei Veränderungen stattfinden, so ist auch er davon überzeugt, dass „uns alles um die Ohren fliegen wird“. Ich möchte mir ein solches Zukunftsszenario ehrlich gesagt nicht vorstellen, denn schon heute besitzen viele Staaten, Hacker und Terror-Organisationen eine riesige virtuelle Zerstörungskraft. Sollte die virtuelle Welt also irgendwann im Chaos versinken, dann sollte sich auch die reale Staatenwelt auf düstere Zeiten gefasst machen.
Natürlich können wir durch unser Verhalten einen „Cyber-War“ nicht verhindern. Aber wir können und müssen dafür sorgen, dass die Gefahren des WorldWideWeb besser durchschaut werden.
Text: Anna Leiber
Teaser-Foto: Johan Viirok, flickr.com, CC-Lizenz (CC BY 2.0), Bild beschnitten
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