Eine Schulfahrt, die ist lustig, eine Schulfahrt, die ist schön! Nun, wenn sie denn stattfindet. In Niedersachsen gab es im vergangenen Schuljahr an 75 Prozent der Gymnasien keine Klassenfahrten. SPIESSER-Autorin Polina sprach mit Tjark Melchert vom Landesschülerrats Niedersachsen, wie man das ändern kann.
13. March 2015 - 13:02 SPIESSER-Autorin Individuot.
Ausflüge, Exkursionen und vor allem Klassenfahrten sind die i-Tüpfelchen, die Sahnehäubchen der Schulzeit: Hier kann man endlich Mitschülern und Lehrern in einer viel entspannteren Situation begegnen. Der Geschichtslehrer ist immer so grimmig drauf? Auf der Klassenfahrt ist er plötzlich derjenige, der die meisten Witze reißt. Die Mädels-Clique aus der Klasse wirkt immer so arrogant? Im Gemeinschaftsbad der Jugendherberge merkt man, dass die genauso unsicher sind, wie man selbst.
Niedersachsen ist klassenfahrtlos
Tjark Melchert steht für Tausende von Schülern ein Foto: Tjark Melchert
Jeder, der in seiner Schulzeit auf einigen Klassenfahrten war, weiß, wie wichtig diese für eine gute Klassengemeinschaft sind. Schüler in Niedersachsen mussten auf diese Erlebnisse und Erfahrungen im letzten Jahr verzichten: Mit einem Klassenfahrten-Boykott reagierten zahlreiche Gymnasial-Lehrer auf die beschlossene Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung sowie die Aussetzung der Altersermäßigung ab dem Schuljahr 2014/2015. „Besonders bitter ist das natürlich für die Schüler, die neu an eine Schule gekommen sind und die keine Gelegenheit hatten, ihre Lehrer nochmal auf eine andere Art und Weise kennenzulernen“, erzählt mir Tjark.
Der 17-Jährige ist seit Januar 2014 im Schülerrat und steht dafür ein, dass der Konflikt zwischen Bildungsministerium und Lehrerschaft nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen wird. Die Fronten an den Schulen verhärten sich, weil die Schüler immer weniger Toleranz gegenüber dem Boykott ihrer Lehrer haben: „Am Anfang standen wir Schüler komplett hinter den Lehrern und hatten alle viel Verständnis dafür, dass sie sich gegen den Beschluss wehren wollten. Aber als dann der Klassenfahrten-Boykott angekündigt wurde, hat sich das natürlich verändert.“
Demos in eigener Sache
Aus diesem Grund gingen bereits Mitte Januar über 2.500 Schüler auf die Straße. Der Landesschülerrat will auch weitere Demos organisieren, wenn sich nicht bald etwas tut: Aktuell wird nämlich zwischen den Lehrerverbänden und dem Ministerium verhandelt. Von Seiten der Schüler wird diesen Verhandlungen mit viel Skepsis begegnet, weil die Lehrerverbände von ihrem Standpunkt kein Bisschen abzurücken scheinen und keinerlei Kompromissbereitschaft zeigen.
War die Demo im Januar nur der Anfang? Foto: David Felix Ruhmland
Dass das eine schwierige Voraussetzung für Verhandlungen ist, wissen auch die Schüler in Niedersachsen. Im Namen des Landesschülerrats legt Tjark die Pläne für ihr weiteres Vorgehen offen: „Wir wollen auf die aktuellen Verhandlungen etwas Druck machen: Wenn sich bis zu den Osterferien nichts tut, dann werden wir wieder aktiv werden und wieder auf die Straße gehen. Dieses Mal wollen wir alle Ebenen landesweit ansprechen und versuchen zu mobilisieren: Ich halte tatsächlich 20.000 Schüler für realistisch.“
Eventuell wird das aber gar nicht notwendig sein. „Zur Zeit sehen wir ein bisschen Hoffnung, weil sich die Grünen in den Medien dazu positioniert haben, dass es eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Lehrer geben muss, die Klassenfahrten durchführen: bessere Vergütung, mehr Anrechnungsstunden. Wir hoffen, dass das die Regierung zu einem Schritt in diese Richtung führt.“
Zwischen Hoffnung und Verständnislosigkeit schwankend, ist es laut Tjark den Schülern in Niedersachsen besonders wichtig, dass dieser Konflikt nicht auf ihrem Rücken ausgetragen wird: „Wir haben echt Angst davor, dass wir jetzt fünf Jahre lang keine Klassenfahrten mehr haben. Es darf eigentlich keinen Jahrgang ohne Klassenfahrten geben.“
Text: Polina Boyko
Teaserbild: David Felix Ruhmland
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