Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen laufen Sturm, die Industrie besänftigt. Die Parteien sind sich uneinig. Fracking polarisiert. „Man kann in Deutschland nicht einfach eine Technologie pauschal verbieten“, meint Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in einem Interview. Kommt Fracking oder kommt es nicht? SPIESSER-Autorin Lisa sagt euch, was Sache ist.
Das „hydraulic fracturing“ – kurz Fracking – ist als Verfahren zur Erdöl- und Erdgasgewinnung schon seit über 50 Jahren bekannt – nur wurde es bisher kaum angewandt. Das besondere: Mithilfe des Fracking-Verfahrens kann man an das tiefer gelegene Schiefergas gelangen – dafür wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in 1.000 bis 5.000 Metern Tiefe gepresst. Das Gestein bricht auf und Gas- und Ölblasen werden frei.
Durch Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, wird Gas
aus Gestein gelöst. Foto: Flickr-User Day Donaldson (CC BY 2.0)
Dieses Verfahren ist aufwändiger und teurer als herkömmliche Methoden. Doch der weltweite Energiehunger wächst. In China hat sich der Energiebedarf in den Jahren 2001 bis 2010 verdreifacht. Zu steigenden Preisen kommt eine unsichere Versorgungslage durch politische Konflikte. Deutschland ist auf den Import von Energie angewiesen – besonders aus Russland. Der Bau der South Stream Pipeline, die das Land mit Europa verbindet sollte, wurde vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts gestoppt. Das ungenutzte Schiefergasvorkommen hierzulande verspricht also vor allem Unabhängigkeit.
The American Way – oder wie es die anderen machen
Die Vereinigten Staaten haben es vorgemacht und in den letzten zehn Jahren einen regelrechten „Fracking-Boom“ erlebt. Seit 2008 ist der Energiepreis um die Hälfte gesunken. Damit sich Fracking aber trotz dieses Preisniveaus lohnt, soll verflüssigtes Erdgas exportiert werden.
In Deutschland versprechen Regionen wie der Oberrheingraben (Landau, Insheim) und das Norddeutsche Becken (Horstberg, Hannover, Groß Schönebeck) Erfolg. Doch sind europäische Länder nicht für ihre Freigiebigkeit mit Umweltlizenzen bekannt. In Frankreich wurde Fracking vorerst verboten.
Chemikalien im Trinkwasser?
Fracking ist in den USA schon gang und gäbe – und
nicht jeden freut es. Foto: Flickr-User CREDO.fracking (CC BY 2.0)
Kritiker befürchten Gewinne der Unternehmen auf Kosten der Umwelt. Sowohl unter der Erde als auch beim Gasaustritt kann es zu Verseuchungen von Boden und Trinkwasser kommen.
Untersuchungen der Universität von Missouri in Columbia ergaben, dass beim Fracking eingesetzte Spülflüssigkeiten in das Grundwasser benachbarter Brunnen gelangten. Kleine Hohlräume in der Erde könnten zudem Erdrutsche und sogar Erdbeben auslösen. Erdgas sei zwar weniger schädlich als Kohle, die Klimabilanz aber höher. Für die Förderungen wird viel Wasser benötigt und Methan freigesetzt – dieses Treibhausgas ist mitverantwortlich für die Erderwärmung. Der hohe Energieaufwand führe nur kurzzeitig zu hohen Ertragsmengen, die Quellen erschöpften schnell.
Energywatchgroup, ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern, warnt in einer Studie: „Die durch Fracking verursachten Kosten und Umweltschäden stehen in keinem Verhältnis zur Rohstoffgewinnung dieser Bohrmethode“. Die Energiegewinnung aus Wind- und Solarkraft sei schon heute wesentlich kostengünstiger als die Stromerzeugung aus Fracking-Gaskraftwerken.
Das große Ziel: Bis 2050 sollen 80 Prozent des Energiebedarfes aus erneuerbaren Energien kommen – für die Zwischenzeit sei Fracking eine kostengünstige Alternative, argumentieren Befürworter. Sie warnen vor unnötiger Angst: Studien würden auftretende Unregelmäßigkeiten direkt auf das Fracking zurückführen. Das Verfahren sei beherrschbar und bei korrektem Einsatz unbedenklich.
Alles nur Panikmache?
Grün war gestern: Fracking durchpflügt die
Landschaft. Foto: Flickr-User Simon Fraser University (CC BY 2.0)
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) kommt 2012 zu dem Schluss, dass es in Deutschland „beträchtliche Potenziale“ für Schiefergas gibt und zu bisher angewandten Methoden „kein grundsätzlicher Unterschied“ besteht. Für große Bereiche Deutschlands besteht eine geringe Erdbebengefährdung, jedoch „unterhalb der menschlichen Spürbarkeitsgrenze“. Eine Ausnahme ist das Rheinbecken – hier „sind spürbare Erdbeben im Zusammenhang mit Fracking-Maßnahmen nicht auszuschließen“. Standortbezogene Voruntersuchungen und Planungen sollen Schäden verhindern und die Akzeptanz in der Bevölkerung fördern.
Die Bundesumweltministerin bleibt skeptisch. Eine Studie des Umweltbundesamts spricht 2012 eine Empfehlung aus, Fracking „im kommerziellen Umfang derzeit wegen gravierender Wissenslücken nicht zuzulassen". Heißt also: Große Fördermaßnahmen durch Firmen sind tabu. Vielmehr soll mit Probebohrungen das Verfahren bis 2021 in Deutschland erforscht werden. Dafür fordert Hendricks „die strengsten Regelungen, die es jemals gab“. In Natur- und Wasserschutzgebieten sowie in Talsperren und über 3000 Metern dürfe nicht gebohrt werden.
Wir wollten doch grüner werden, oder?
Je tiefer gebohrt werden muss, desto kostspieliger wird das Fracking-Projekt. Unser Ziel bleibt die Versorgung über erneuerbare Energien – meiner Ansicht nach müsste dafür mehr Geld ausgegeben werden.
Deutschland ist auch nicht die USA. Hierzulande leben Menschen dichter beieinander und wären von möglichen Schäden viel unmittelbarer betroffen. Kläranlagen wären mit den Mengen an verseuchtem Wasser überfordert, doch wo sonst könnte man sie lagern? Noch gibt keine Langzeitstudien zu Umweltauswirkungen – dafür ist Fracking als Fördermethode noch zu neuartig.
Wie können wir also Energie sparen und die benötigte Energie gleichzeitig sauber produzieren? In meinen Augen sollten das die dringlichere Frage sein.
Fracking – was meint ihr?
Text: Lisa Pausch
Teaserfoto: Flickr-User john mcsporran (CC BY 2.0), bearbeitet
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