Schmökern

Wir sind doch mehr gleich als verschieden

Was für viele Menschen eine klare Entscheidung zwischen zwei Boxen ist, kann für einige ein undefinierbares Spektrum sein, in dem es sich nur schwer festzulegen gilt. Und das muss man auch nicht - das macht Louie Läuger in „Gender-Kram“ deutlich. Mit viel Einfühlungsvermögen und einer lockeren Herangehensweise nimmt sich Louie dem komplexen Themengebiet „Geschlecht“ an und schafft es so, dass jeder Lust bekommt sich mehr mit der Thematik auseinander zu setzen.

23. July 2021 - 10:13
SPIESSER-Autorin Kathi99.
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Kathi99 Offline
Beigetreten: 01.04.2021

Worum geht’s?

Was ist das eigentlich: Geschlecht? Mit dieser Frage beschäftigt sich Louie Läuger im Buch „Gender-Kram“. Illustriert in einem Comic-artigen Stil werden die Lesenden so Step by Step an das Thema herangeführt. „Gender-Kram“ kann als Werkzeug gesehen werden, das dabei hilft sich mit dem eigenen Geschlecht, aber auch mit der Vielfalt und dem Verständnis von Geschlecht auseinanderzusetzen. Dabei werden sowohl biologische Aspekte von Geschlecht betrachtet, als auch die gesellschaftliche Ebene sowie die eigene, individuelle Geschlechtsidentität.

Louie gibt zudem einen Einblick in verschiedene Ausprägungen von Geschlecht jenseits von „Mann“ und „Frau“ und hinterfragt die Herkunft und Daseinsberechtigung von klassischen Geschlechterrollen. In jedem Kapitel lässt Louie interessante Persönlichkeiten in Form von Sprechblasen zu Wort kommen. So gelingt ein vielseitiger Blick auf die Materie. Louie und „Katze“ (Louie’s Katze) begleiten die Lesenden dabei als eine Art Reiseführer durch das Buch. Dem Lesenden wird das Gefühl vermittelt sich hier in einem „Safe Space“ zu befinden, an dem man sich in aller Ruhe mit diesem komplexen Thema und sich selbst auseinandersetzen kann. Louie achtet dabei stets darauf, dass sich alle bei jeder Formulierung wohl und gesehen fühlen. In jedem Kapitel gibt es für die Lesenden interaktive Aufgaben, die dazu führen sollen sich und andere besser zu verstehen. Beispielsweise fragt Louie den Lesenden nach dem eigenen Verständnis von Männlich- oder Weiblichkeit. Teilweise wird auch zu Gedankenexperimenten eingeladen, die dazu anregen über unterschiedliche Meinungen und Themen nachzudenken.

„Gender-Kram“

Autor*in: Louie Läuger
Veröffentlichung: 06. März 2020, Unrast Verlag
Seitenzahl: 232

Wer steckt dahinter?

„Gender-Kram“ ist das zweite Buch von Louie Läuger. Louies erstes Buch „da unten“ widmet sich Sexualität und beschäftigt sich mit Themen wie Menstruation, Masturbation und Vulven. Neben dem Schreiben ist Louie hauptsächlich mit Zeichnen beschäftigt. Auf Instagram und der Webseite „TenderRebellions“ veröffentlicht Louie regelmäßig Illustrationen, die sich mit Bildung, Geschlecht und Feminismus auseinandersetzen. Im TenderRebellions-Online-Shop sind diese Werke in Form von Postern oder Postkarten erwerbbar. Louie adressiert mit dieser Arbeit die Verletzung sozialer Gerechtigkeit und versucht diese Themen durch einen Comic-artigen Zeichenstil locker anzugehen. 2018 erwarb Louie den Bachelor in Kultur- und Medienpädagogik. Zurzeit wohnt Louie zusammen mit „Katze“ in Magdeburg und studiert Media Management und Informationsdesign im Master.

Kurz und knapp oder dicker Schinken?

Mit 232 Seiten bringt es Louie ausführlich, aber nicht abschweifend auf den Punkt. „Gender-Kram“ schafft es kurz und bündig einen Einblick in das komplexe Thema „Geschlecht“ zu geben. So regt das Buch auch Menschen an, die sich über ihr Geschlecht sehr klar sind, sich mit ihrer eigenen Geschlechtsidentität und ihrem Verständnis von Geschlechtern auseinander zu setzen. Dabei wirkt Louie stehts unglaublich geduldig und verständnisvoll. Auch wenn im Buch an vielen Stellen erwähnt wird, dass kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird, scheinen alle Basics und wichtigsten Informationen ausreichend vermittelt zu werden.

Für die Bahn, den Sessel oder den Pausenhof?

Da sich „Gender-Kram“ mit einem sehr intimen Thema auseinandersetzt, dass für einige Menschen aufwühlend sein kann, sollte man sich dafür einen ruhigen Ort suchen. Am besten macht man es sich allein im eigenen Zimmer auf einem Sessel bequem und beantwortet so in aller Ruhe die Fragen, die Louie den Lesenden stellt. Doch wenn man mit dem Thema etwas vertrauter geworden ist, eignet sich das Buch hervorragend als Anregung zum nächsten Treffen mit Freunden oder der Familie. Natürlich nur wenn man sich dabei wohlfühlt.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie schwer ist es, das Buch wegzulegen?

Beim Lesen war es kein Problem das Buch auch mal zur Seite zu legen, ohne dabei den Faden zu verlieren. Dennoch macht es die Comic-artige Aufmachung schwer eine Lesepause einzulegen, gerade wenn das Thema noch Neuland für einen ist. Deswegen würde ich sagen 6. Die interaktiven Aufgaben regen außerdem dazu an, sich in Ruhe mit dem Thema auseinanderzusetzen. So kann es nicht schaden, an einigen Stellen Inne zu halten und über den neuen Input nachzudenken.

Wem borgt man es nach dem Lesen als erstes?

Am besten Menschen, die Dinge wie „Genderwahn“ oder andere queer-feindlichen Sachen äußern. Das Buch hilft definitiv dabei, sich in andere Menschen besser hineinversetzen zu können. Ebenso würde ich es Personen empfehlen, die sich über ihre Geschlechtsidentität (noch) unsicher sind. Das Alter des Lesers spielt dabei absolut keine Rolle. Durch die interaktiven Aufgaben könnte es auch sehr gut als Unterrichtsmaterial eingesetzt werden.

Lieblingszitat:

„Ja, unsere Körper sind alle verschieden. Aber am Ende steuern die gleichen Hormone unsere Emotionen. Die gleichen Organe halten uns am Leben. Das gleiche Nervensystem erlaubt uns, uns in dieser Welt zu bewegen.“

In drei Worten:

Bildend. Kreativ. Empathisch.

Text: Katharina Ziegler
Buch-Cover: Unrast Verlag

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