Alice Phoebe Lou verzaubert mit weichen Klängen und rauer Stimme. Jahrelang war sie samt Gitarre und einem kleinen Verstärker auf den Straßen Berlins unterwegs. Nun bringt sie ihr Debutalbum „Orbit“ heraus. SPIESSER-Autorin Anna hat die 20-jährige Südafrikanerin für euch getroffen.
10. May 2016 - 14:25 SPIESSER-Autorin annaweigelt.
Anna: Du kommst aus Südafrika. Was für einen Einfluss hat deine Heimat auf dich? (Girl on an Island)
Alice: Einen sehr großen. Schon als ich klein war, hörte ich Musik von Menschen, die sich gegen die Gesellschaft und Regierung wehrten. Künstler wie Miriam Makeba zeigten mir, dass es beim Musikmachen um eine Message geht, dass man der Gesellschaft einen Spiegel vor die Nase halten muss und nicht nur einen schönen Song spielen sollte.
Was machst du, um ein bisschen Freiheit im Alltag zu finden? (Society)
Ich versuche, so viel wie möglich draußen zu sein und die Natur zu genießen. Desweiteren denke ich, dass man eine bestimmte Art von Freiheit erreichen kann, wenn man manche Produkte nicht unterstützt, nicht gegen eigene Moralvorstellungen verstößt und großen Industrien nicht in die Hände spielt. Natürlich sind wir automatisch immer Teil der Gesellschaft, aber man kann Dinge tun, die den Einfluss der Gesellschaft auf uns selbst verringern.
Was braucht es, um jemanden zurück auf den richtigen Weg zu führen? (Red)
Die Person muss verstehen, was sie wirklich gern tun würde anstatt immer das zu tun, wovon sie denkt, dass andere Personen es von ihr erwarten. Viele Menschen bleiben in einer Monotonie von immer gleichen Dingen stecken. Man muss aus der Routine heraus kommen, um neue und inspirierende Erfahrungen zu machen. Man muss neue Dinge ausprobieren und nicht jeden Tag dieselben Dinge tun, die man im schlimmsten Fall nicht einmal mag.
Du singst „you shook my soul“. Was lässt deine Seele erbeben? (Take Flight)
Am meisten berühren mich Geschichten von meinen Mitmenschen. Ich fühle die Menschen um mich herum immer sehr stark. Deswegen bin ich auch immer super fucked up, wenn ich von Ungerechtigkeit in der Welt höre.
Wie reist du am liebsten? (Take Flight)
Am besten ohne Plan (lacht). Ich habe sehr interessante Erfahrungen beim Trampen gemacht. Ich liebe es, Roadtrips zu machen, jedoch fahre ich nie selbst. Ich habe keinen Führerschein und unheimlich Schiss vor dem Autofahren. Aber ich liebe es, mit anderen mitzufahren.
Bezieht sich der Songtitel auf den Autor Haruki Murakami? (Haruki)
Ja. Ich bin besessen von ihm. Er verwandelt normale Sachen in surreale und wunderschöne Dinge.
Was für eine Bedeutung hat die Natur in deinem Leben? (Walking in the garden)
Durch die Natur kann ich zu mir selbst zurückkommen, sie nimmt mir die Ablenkung. Vor allem am Ozean bekomme ich einen freien Kopf. Am Ozean wird alles einfach.
Wieso widmest du ausgerechnet Amsterdam einen Song? (Amsterdam)
Ich habe zwei Monate in Amsterdam gelebt, bevor ich nach Berlin gekommen bin. Ich hatte gerade erst die Schule abgeschlossen und war das erste Mal so richtig frei. Deswegen assoziiere ich diese Stadt sehr mit Freiheit.
Kooperierst du oft mit anderen Musikern? (Amsterdam)
Zusammenarbeit liebe ich wirklich über alles. Das ganze Album ist eine komplette Kollaboration verschiedener Musiker. Im Studio habe ich allen immer nur grobe Vorgaben gegeben, die Musiker sollten vor allem das tun, worauf sie Lust hatten.
Früher hatte ich unglaubliche Angst vor dem Universum, ich fühlte mich sehr klein und unbedeutend. Mittlerweile mag ich den Gedanken, dass es Sachen gibt, die ich nicht greifen kann. Es ist wichtig zu realisieren, dass du eigentlich nichts weißt. Dass du spekulieren kannst und Meinungen vertreten, aber immer noch nichts weißt. Das All ist eine tolle Metapher dafür. Es ist so unendlich, so viel größer und wertvoller als man selbst.
„Orbit" von Alice Phoebe Lou
VÖ: 22.04.2016
Label: Alice Phoebe Lou
Interview: Anna Weigelt
Teaser-Foto Pressematerial howpeculiar.de, bearbeitet von Lena Schulze
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