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Titelverteidiger: Faber – „I fucking love my life”

Faber muss man aushalten können. Seine Texte fluchen, provozieren und stoßen nicht nur vor den Kopf, sondern tief in die Magengrube. So intensiv sind sie, weil sie clever sind und politisch und mit Melodien kombiniert werden, die zum schweißbadenden Zappeln förmlich zwingen. Am 1. November erscheint sein zweites Album „I fucking love my life“. Wer das dann auswendig kann, darf sich wieder dem ersten widmen und sich über Insider freuen.

05. November 2019 - 11:22
SPIESSER-Autorin Individuot.
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Individuot Offline
Beigetreten: 01.07.2014

Hast du dich schon mal für etwas verkauft? (Highlight)

Auf jeden Fall! Schau mich an, so einen Interviewtag macht man nicht nur freiwillig. Sich verkaufen gehört auf jeden Fall dazu, das ist der unschöne Aspekt. Das Schöne, was ich sehr mag, ist das Musikmachen, Schreiben, Konzerte spielen.

Bist du noch „jung und dumm“? (Jung und dumm)

Schau mich an! (lacht) Ich werde jeden Tag ein bisschen älter und bisschen dümmer. Naja gut, jung bin ich schon noch, würde ich schon sagen, aber schlauer war ich schon mal. So mit 18 war ich glaube ich am schlauesten, nicht nur schulschlau, ich konnte mir auch Sachen besser merken als jetzt.

Gibt es irgendwann ein Ende der „jung und dumm“-Phase? (Jung und dumm)

Hoffentlich! Hoffentlich bald. Ich hoffe, dass ich gerne altere. Ich stelle mir das gerade so vor, dass das cool ist, aber ich weiß es nicht. Das finde ich dann raus.

 

 

 

 

Was ist dir vollkommen egal, was aber als gesellschaftspolitisches Top-Thema gilt? (Top)

Vielleicht Zersiedelung. Ist das nur ein Schweizer Ding? Das heißt, dass es keine Metropolregionen gibt, sondern überall kleine Häuser. Die Kritik daran macht schon auch Sinn mit dem Gedanken, Platz effizienter zu nutzen. Das ist mir aber relativ egal. Wenn ihr da Häuser bauen wollt, dann macht das halt.

Welche guilty pleasure-Anschaffung hast du zuletzt getan? (Das Leben sei nur eine Zahl)

Ich habe zum Beispiel eine super große gefälschte Louis Vuitton-Tasche, die hab ich immer dabei. Damit gehst du in die Bahn rein und alle hassen dich. Die hat 40€ gekostet, ist original gefälscht aus den 80er Jahren. Damals wurden die Fälschungen noch nicht in China gemacht, sondern in Marokko, das heißt, das ist voll das gute Leder! Deshalb hält die auch so gut seit 40 Jahren. Ich hab da auch schon sehr tolle Reaktionen drauf bekommen, letztens sagte jemand zu mir: „Du siehst so oberflächlich damit aus!“ Das ist das Beste, was mir je jemand gesagt hat, genau das wollte ich. (lacht)

Wie ist dein Verhältnis zu social media? (Das Leben sei nur eine Zahl)

Bisschen gestört. Ich benutze es mehr als es mir lieb ist. Ich habe die Ausrede, dass ich das als Arbeit mache – stimmt aber nicht so wirklich. Vor allem Insta nutze schon so zum Aufstehen und Schlafengehen, das ist schon schlimm.

Was ist dein Lieblingsdrink und willst du damit eine Message senden? (Sag mir wie du heißt (Part 1)):

Wodka Soda. Damit möchte ich senden, dass ich gerne ein Model wäre. (lacht) Nee, wenn du an gewissen Abenden viel trinken möchtest, geht das gut, weil es halt nicht klebt. Alle anderen Drinks oder Cocktails sind sofort klebrig.

Es geht oft um Zurückweisung in deinen Texten – ist das Ironie oder Verarbeitung?

Bisschen von beidem. (lacht) Es ist halt eine sehr lange Geschichte, in der man sich immer wieder gegenseitig zurückweist, aber ich beschriebe nur die eine Seite. Wenn ich zurückweise, beschreibe ich das nicht. Ironie ist da dabei alles. Personen, die mir wichtig sind, die können schon gut darüber lachen – in aller Tragik.

Gibt es eine Person in deinem Leben, von der du sagst: Dich hätte ich viel früher kennenlernen müssen? (Ihr habt meinen Segen)

Tja, ja, tut mir leid für euch. Es wäre übertrieben zu sagen, dass es überraschend gekommen ist, aber heftig ist es trotzdem. Das ist eine Phase, die Europa durchmacht, ein krasser Rückschlag, der uns echt in eine andere Zeit zurückwirft, von der viele dachten, wir hätten sie überwunden. Aber so ist es wohl nicht. Eigentlich ist das auch irgendwie selbstverschuldet. Es hat in den 90er Jahren krasse Gewinner und krasse Verlierer gegeben und man hat sich nicht darum gekümmert. Die Gesellschaft hat sich nicht ausgeglichen, woraus ein totaler Missstand und diese Wut entstanden sind sowie dieses Gefühl „Ihr hört mir nicht zu“. Die Reaktion ist verheerend und falsch, aber das Gefühl darf man den Leuten nicht wegnehmen. Es kann unter Umständen auch sehr wahr sein. Deshalb ist es so gefährlich, weil das stimmt, aber sich dann die falschen Leute falsch kümmern. Es wird Angst gemacht, wo es keine gibt, und für eigene Interessen instrumentalisiert und das ist super gefährlich.

 

 

 

 

Wer ist der größte Klugscheißer in deinem Leben? (Generation YouPorn)

Ich glaube mein Posaunist. Der weiß sehr viel, ist sehr gebildet und sehr gut informiert. Aber er zeigt das natürlich auch sehr sehr gerne. Wenn er was besser weiß, dann reicht es nicht, dass er es besser weiß. (lacht)

Du zitierst auf dem neuen Album auch einzelne Teile der Songs von deinem ersten Album. Für Kenner hat das Insider-Charakter – ist das bewusst? (Vivaldi)

Ja, absolut. Ich finde es sehr cool, wenn das einen Mehrwert hat, dass man das erste Album kennt, aber wenn du es nicht kennst, soll das auch nichts ausschließen oder wegnehmen.

Was willst du nie wieder erleben? (Nie wieder)

Es sind im letzten Jahr viele Sachen passiert, die ich nicht wieder erleben möchte – zwischen Todesfällen und Trennungen. Das will ich nie wieder erleben, aber es ist klar, dass ich das wieder erleben werde.

Eine Coda erfasst den Hauptcharakterzug eines Werks – welcher ist das bei diesem Album? (Coda)

Ein Hauptcharakterzug ist nicht unbedingt drin, aber es wird sehr viel aufgegriffen, was vorher passiert: Das Intro, das Intermezzo, aber auch Harmonien oder Bewegungen von anderen Songs.

In welcher Situation kannst du dich am besten gehen lassen? (Komm her)

Damit habe ich sowieso etwas Mühe. Ich gehe sehr gerne aus und kann mich gut gehen lassen dort, wo Leute sind, zu denen ich keinen Bezug habe. Das entspannt mich schon und gibt mir eine gewisse Gelassenheit.

„I fucking love my life von Faber

 

: 01. November 2019
Label: Vertigo Berlin (Universal Music)

 

 

 

 

Text: Polina Boyko
Teaserbild: Robbie Lawrence

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