"Ich glaube, dass man uns durchaus kacke finden kann": Sportfreunde Stiller im Interview
Rüdiger "Rüde" Linhof ist seit zehn Jahren Bassist der Sportfreunde Stiller. Trotzdem stellen ihn Sänger Peter und Schlagzeuger Flo immer noch gerne als "den Neuen" vor. SPIESSER-Autorin Lisa hat "Rüde" getroffen und gefragt, was ihn sonst noch ärgert.
06. July 2007 - 13:15 SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
Bevor du Mitglied wurdest, hieß die Band von Peter und Flo "Endkrass". Mal ehrlich: Wärst du bei so einem Namen auch eingestiegen?
Na logo. Ich würde sogar mitspielen, wenn wir "Die drei Scheißebären" heißen würden. Es macht so viel Spaß mit lustigen, netten Leuten auf die Pauke zu hauen, da ist es egal, wie man heißt.
Wie haben die beiden anderen dich denn damals aufgegabelt?
Ich habe mir 1996 gesagt, ich nehme mir jetzt ein Jahr Zeit, um eine Band zu finden. Der Schlagzeuger sollte nicht frickeln, sondern einfach nur reinhauen, und der Gitarrist sollte keine Solos spielen, sondern nur auf den Verzerrer treten: an, aus. Das waren meine Bedingungen. Ich wollte einfach Spaß haben. Aber da waren nur so verkrampfte Hunde, die große Künstler sein wollten. Als Peter, Flo und ich dann zum ersten Mal im Proberaum standen, hat es sofort gezündet. Damals dachte ich mir: Das ist nur eine Frage der Zeit, bis wir groß werden.
Du hast mal gesagt, die anderen beiden seien wie Brüder für dich. Bei drei Brüdern gibt es ja normalerweise den großen, der die Verantwortung trägt, den kleinen, der Narrenfreiheit hat, und den mittleren, der ein bisschen untergeht.
Es stimmt auf jeden Fall, dass jeder in der Band seine Rolle hat. Flo ist der Wilde, der nur Scheiß macht - von früh bis spät. Der fährt mit dem Fahrrad 55 Kilometer zum Proberaum, probt drei Stunden, schwitzt sich so nass, dass du seine Schuhe auswringen kannst, isst eine Banane, steigt aufs Fahrrad und fährt wieder heim. 55 Kilometer, das musst du dir mal geben! Peter ist einfach nur ein saulustiger Typ, mit ähnlichem Größenwahn. Ich bin eher der Ruhige in der Band.
Flo schreibt auf eurer Homepage: "Rüde ist stets freundlich und aufgeschlossen. Er ist politisch korrekt und interessiert. Aber er kann auch wild werden." Wann und warum ist das denn zuletzt passiert?
Bei diesem G8-Gipfel-Konzert. Die Herangehensweise vieler Journalisten an diese Thematik fand ich so dämlich, dass ich in Interviews dann schon hier und da sauer geworden bin.
Was hat dich denn so gestört?
Dass nicht Themen wie Protest, wie Meinungsäußerung von Bürgern und wie die Probleme der Welt im Fokus standen, sondern ein paar Dummköpfe vom Schwarzen Block und die Kosten für den Zaun in Heiligendamm. Nur so blöde Boulevard-Themen. Anstatt über die Dinge zu berichten, um die es geht. Zum Beispiel, dass jeden Tag 20.000 Leute an Hunger sterben. Das ist den Leuten offenbar egal, da reden sie lieber über Künstler, die sich mit ihrem Auftritt womöglich ein moralisches Feigenblatt anheften wollen.
Ihr werdet oft als Konsensband beschrieben.
Vielleicht sind die Journalisten der Meinung, dass unsere Musik unverbindlich ist, aber dafür kennen sie uns nicht gut genug. Ich glaube, dass wir eine Band sind, die man durchaus kacke finden kann. Wir legen keinen Wert darauf, große politische Lieder zu machen, da haben wir lieber eine Haltung, die wir im täglichen Leben umsetzen. Und nur damit jemand denkt, ich wäre so und so, schreibe ich kein Lied, hinter dem ich nicht stehen kann. Ich bin einfach ich, alles andere ist mir Geige.
Interview: Lisa Seiler Foto: PR/Gerald von Foris
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