Brief an …

Brief an...das Siezen

SPIESSER.de-Autoren schreiben Briefe. Diesmal schreibt Alex einen ganz höflichen Brief an das Siezen.

19. March 2011 - 18:57
von SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Onlineredaktion Offline
Beigetreten: 25.04.2009

Sehr geehrtes Siezen,

neulich habe ich mir mal über Sie Gedanken gemacht. Warum es Sie überhaupt gibt. Sie machen doch alles komplizierter als es sein muss. Ständig muss man überlegen, ob man Sie verwenden soll, oder nicht. Der Knigge hilft da weiter. Mit allen möglichen Tipps und Tricks zu diesem Thema. Allerdings liegt der Knigge zuhause im Bücherregal und vor der großen Entscheidungsnot steht man stets draußen. Deshalb gibt es den Knigge neuerdings auch als iPhone-App. Trotz dieses unbeschreiblichen Komforts treten immer wieder Missgeschicke auf. Sie werden verwendet, wo Sie unnötig waren, oder – noch viel schlimmer – nicht verwendet, wo Sie nötig waren. Das freut wiederum Diskussionsforen im Internet. Dank Ihnen haben sie immer ein Gesprächsthema: „OMG, ich habe einen Geschäftspartner aus versehen geduzt. Was soll ich jetzt nur tun?“ oder „Bin Lehrer und weiß nicht, ob ich Zehntklässler Duzen oder Siezen soll. Helft mir bitte!“.

Das ist alles nicht einfach. Deshalb werden Sie mancherorts abgeschafft, von Ihrem größten Konkurrenten, dem Duzen verdrängt. Im IKEA zum Beispiel. Aber das sind ja auch Schweden. Und in Schweden gibt es Sie nicht, werden gedutzt einen. Außer die Mitgliedern der Königsfamilie. Ihnen gebührt die Ehre gesiezt zu werden. Die Schweden eben... Aber auch andere Länder haben dieses Problem sehr elegant gelöst. Alle englischsprachigen etwa: Jeder ist „you“.

Früher waren Sie zumindest in Deutschland Marktführer. Im Barock wurden Sie sogar von Kindern angewandt, wenn sie etwas ihren Eltern mitteilen wollten. Und heute gelten Sie teilweise sogar als Beleidigung. Wären Sie eine Aktiengesellschaft, wären alle Ihre Anleger bereits pleite. Zu viele Leute stehen einfach hinter der „Simplify your Life“-Theorie und wollen nicht bei jeder Begegnung mit einem Mitmenschen auf's Neue entscheiden, welche Anredeform sie wählen sollen und greifen deshalb generell zum „Du“. Allen voran Ihr Erzfeind Dieter Bohlen. Mit seinem Verbündeten, diesem „Du“ kommt er überall durch. Seit einiger Zeit darf er sogar offiziell und ausdrücklich Polizisten duzen. Per Gerichtsbeschluss!
Unternehmen Sie doch bitte etwas dagegen! Ich fände es Schade, wenn es Sie nicht mehr gäbe. Ein bisschen Nostalgie muss schließlich sein. Und ich verbinde mit Ihnen ein Ereignis aus meiner Kindheit. Ich war 12, als ich zum ersten Mal gesietzt wurde. Das war in einer Bäckerei. Mann, war ich stolz damals...

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Rehberg

Text: Alexander Rehberg

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Kommentare

Vier Kommentare
  • Also da ich von der 5-9Klasse auf einer Montessorischule war bin ich das duzen von "Respektpersonen"gewohnt und finde Sie ist noch lange kein Respektzeichen.
    Am schlimmsten finde ich ja immer noch, wenn man gesagt bekommt:Also ich heiße Martina aber ich möchte gesiezt werden. Diese Situation hatte ich letztens in meinem Praktikumsbetrieb. Vorallem weis man meistens nie wer jetzt alles gesiezt werden soll und wer dann doch ein Du ist.
    Seit ich letztes Jahr 16 geworden bin werde ich seltsamerweise fast immer gesiezt, das finde ich persönlich ganz schrecklich. Ich habe wirklich kein Problem damit geduzt zu werden, es ist mir sogar lieber als Sie.
    Vielleicht wird bei uns ja auch irgendwann das Sie abgeschafft.

  • fällt mir eine Situation im Zug am vergangenen Wochenende ein. Es sollte ein schöner Abend in einer anderen Stadt werden, der in einer Grundsatzdiskussion um gutes Benehmen endete. Ein Freund von mir sprach einen jeden Passagier des Zuges frech mit "Du" an, was mir mehr als missfiel. Die Begründung - "ich schätze ab, wer unter 28 ist- dann darf ich das." Ärgerlich nur, dass jenes erste Versuchkaninchen uns kurze Zeit später erzählte, sie würde jetzt, obwohl sie schon 32(!!!) noch studieren - Pech gehabt mein lieber...
    Im Übrigen kann es ohne "Sie"-Verhältnis nicht genügend Respekt geben - wie in der Schule so auch im Zug. Wen man nicht genügend kennt, der sollte auf höflicher Distanz gehalten werden...

  • ich kenn dieses Poblem auch sehr gut,.. Z.B. jmd siezen der einen selber duzt, jedoch weil man dass gleich am anfang klar gestellt hatte und man sich selbst so unglaublich alt fühle wenn man gesiezt wird, ich zumindestens. Und wie kommt man aus dem siezen wieder raus wenn sich die Bezihung verändert? Was wenn sich keiner überwindet den andern darauf anzusprechen.. ganz komisch kann das werden. Notfalls einfach nie die Person direkt ansprechen :D

  • Süß :)

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