Wer in den letzten Jahren in einem Elektroclub war, wird nicht um ihn herumgekommen sein: Der Berliner DJ „Alle Farben“ begeisterte die Szene durch tanzbare, ästhetische Sounds, die sich von Genregrenzen unbeeindruckt zeigten. Ob das zweite Album „Music Is My Best Friend“ mit seinen bisherigen Erfolgen mithalten kann, hat SPIESSER-Autorin Renée für euch getestet.
Berühmt zu werden ist nicht leicht. Erst recht nicht in der Musikbranche. Sie wird beherrscht von großen Labels und schlechten Castingshows. Da ist es immer wieder schön, von den raren Ausnahmen zu hören, die sich auf ganz demokratische Weise durch ihr Publikum hochgearbeitet haben. Frans Zimmer, besser bekannt unter seinem Künstlernamen „Alle Farben“ ist so ein Kandidat, der seinen Triumphzug durch die Clubs und Festivals in Deutschland, Europa und der Welt über den Online-Musikdienst Soundcloud begonnen hat.
2012 hatte er dann seinen großen Durchbruch mit seinem Auftritt beim Electro Swing Club Open Air vor 30.000 Leuten und war seitdem schon in New York, Kuala Lumpur und Bangkok am Start. Der junge Electro-DJ aus Berlin wirkt dabei immer noch wie der nette Nachbarsohn von Nebenan, strahlt mit der Sonne am Festivalhimmel um die Wette und feiert gemeinsam mit seinen Fans.
Sein neues Album „Music Is My Best Friend“ ist das zweite Album unter dem Label Guesstimate/b1 Recordings und zeigt sich von einer poppigeren Seite. Begleitet wird der DJ von ganz verschiedenen Künstlern: gleich mehrmals mit dabei ist Singer-Songwriter Michael Schulte, aber auch das DJ-Duo YOUNOTUS, die schon bei der Coverversion von „Supergirl“ mitgewirkt haben. Mit ihnen hat Zimmer seine erste Singleauskopplung „Please Tell Rosie“ aufgenommen, ein Song, der das Potential hat, zur Hymne des Sommers zu werden. Er drückt die Euphorie zu Beginn der Ferien aus, die Sehnsucht nach Sonne, Spaß und Freiheit, aber spätestens bei der Hook „Please tell Rosie – I'm not gonna come back, 'til September, 'cause music is my best friend“ schleicht sich auch eine melancholische Note mit ein.
Sehr stimmungsvoll ist auf dem Album auch das besondere Intro, das kraftvoll immer mehr Spannung aufbaut und bei dem sich sicherlich Gänsehaut anschleicht.
Am Ende vom Album ist man ganz verblüfft darüber, dass es schon vorbei ist. Auch wenn das durchaus nicht negativ zu verstehen ist, die poppige Seite des Albums sorgt dafür, dass Ecken und Kanten verloren gehen und gewagte musikalische Experimente, wie Klassik- oder Swingelemente, seltener werden. Für kurze Strecken deutet sich ein Geigenspiel oder ein swingender Beat an, der dann aber leider wiederum im Einheitsrhythmus untergeht. Vor allem Songs wie „Remember Yesterday“ oder „Fall Into The Night“ werden auf die Dauer ziemlich zäh.
Auch Lieder wie „Roof Bay“ oder „Leaving to New York“ erinnern weniger an energiegeladene Festivals, dafür aber an Chill-Lounges und den Sonnenaufgang nach einer durchtanzten Nacht. Diese Stimmung übermittelt auch das Albumcover von „Music Is My Best Friend“. Es ist in einem warmen Türkisblau gehalten, dass allmählich in ein helles Orange übergeht. Weiße Flecken in den Ecken erinnern an Wasserflecken, die man wohl oder übel auf seine Lieblingsbücher bekommt, wenn man sie mit an den See oder ans Meer nimmt. „Alle Farben“, der mal sagte, dass er nie eine Popnummer werden möchte, hat hier ein Sommeralbum par excellence vorgelegt, dass einige Einbußen im elektronischen Bereich hat, aber immer noch seinen typischen Sound trägt.
Ohrwurm: Please Tell Rosie, Bad Ideas Hinhörer: Intro, Madison Album in drei Worten: sommerlich, sehnsüchtig, eingängig Passt zu: Sommerabenden am See, Festivals Erinnert an: Felix Jaehn, Calvin Harris
„Music Is My Best Friend“ von Alle Farben
VÖ: 03. Juni 2016
Label: Guesstimate/b1 Recordings (Sony Music Entertainment)
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