Vertretungsstunde

Souverän, Friedrich!

Der Musiker Friedrich Kautz, besser bekannt als Rapper Prinz Pi, tauscht Bühne gegen Klassenzimmer. Warum er selbst nie der Strebertyp war, verrät er den Schülern der Klasse 10 der Berliner Sekundarschule in Wilmersdorf.

05. May 2013 - 10:05
SPIESSER-Autorin JuliANNE.
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JuliANNE Offline
Beigetreten: 06.01.2010

 


 

9.45 Uhr: Die Zehntklässler stürmen den Klassenraum. Prinz Pi wartet, bis alle auf ihren Plätzen sitzen. Das dauert.

Prinz Pi

Friedrich Kautz alias Prinz Pi lebt in Berlin und ist ein deutscher Rapper – früher auch als Prinz Porno bekannt. Nach seinem Abi studierte der heute 33-Jährige Kommunikationsdesign. Das erste
Album des Rappers, dessen Texte vornehmlich für sozialkristische Themen bekannt sind, wurde 1998 im Internet veröffentlicht. Am 12. April erscheint sein 15. Soloalbum „Kompass ohne Norden“.

Was für ein Schüler warst du?
Ich war ein Rebell, hatte keinerlei Bock und Respekt. Als ich in der zehnten Klasse war, hatte ich
den größten Streit mit meinen Eltern. Zu der Zeit wäre ich auch fast vom Gymnasium geflogen, weil ich einem Lehrer mit einem Edding ein Hakenkreuz auf die Glatze gezeichnet habe. Der war aber wirklich rechtsradikal, später wurde er dann suspendiert.

Prinz Pi Guten Morgen! Ich heiße Friedrich und mache als Prinz Pi Musik. Für euch bin ich heute der Lehrer. Ich selbst war damals auf einer Schule, auf der alle einen Stock im Arsch hatten. Ich war genervt: Lehrer, die Schulpflicht, Gesetze und die Polizei – fand ich damals alles doof.

Pi berichtet, er habe es „unfassbar scheiße“ gefunden, dass er zur Schule gehen musste. Ob er seinen Unterricht zum Thema „Der Staat und seine Bürger“ deswegen anders gestaltet? Abwarten.

Prinz Pi Habt ihr schon mal was von Cicero gehört? Kollektives Kopfschütteln.

Prinz Pi Er war ein römischer Redner und Staatsmann. Das Römische Reich, also dort wo Cicero lebte, war damals wie das heutige Amerika: Man kam nicht drumherum.

Justin ruft euphorisch Hip-Hop! Wrestling! Nike!

Prinz Pi Genau. Guckt mal eure Turnschuhe an. Das ist amerikanisches Design. Und die Musik, die in den letzten sechzig Jahren wichtig war, kam auch aus Amerika.

Tupac, Michael Jackson oder doch Kurt Cobain: Eine Schülergruppe streitet, wer von ihnen der Beste war. Pi unterbricht.

Prinz Pi Kommt ihr eigentlich alle aus Deutschland?

Robert Nein. Ich wurde in Armenien geboren. Ich lebe schon seit 14 Jahren hier, habe aber keinen deutschen Pass.

Angelika Ich komme aus der Ukraine.

Leonardo Und ich aus Berlin!

Prinz Pi nickt Cicero meinte, dass Staat eine Sache sei, die von jedem einzelnen Bürger gemacht wird. Wie ist eure Beziehung zu Deutschland?


Prinz Pi vergleicht das heutige Amerika
mit dem Römischen Reich: Man käme
nicht drumherum.

Nico Gut. Ich bin hier geboren, das ist meine Heimat. Meine Mama ist Südkoreanerin, mit ihrem Land fühle ich mich nicht besonders verbunden.

Erduan Wir haben zeitweise in Albanien gewohnt. Ich kann die Deutschen in ihren Ansichten oft nicht verstehen. Sie meckern ständig, dabei geht es ihnen gut. Ich fühle mich mehr als Albaner.

Leonardo Und ich habe kroatische Wurzeln, die kroatische Kultur habe ich recht spät kennengelernt. Meine Beziehung zu Deutschland ist umso stärker.

10.10 Uhr: Der Rapper fragt, wer mehrsprachig aufgewachsen sei. Hände schießen in die Höhe.

Prinz Pi Und in welcher Sprache träumt ihr?

Erduan Vermischt. Meistens ist es aber auf Albanisch, denn ich bin so ein fauler Mensch und deutsche Sätze sind länger.

Auffällig: Auch nach 30 Unterrichtsminuten ist es ruhig. Pi hat noch immer die volle Aufmerksamkeit – und nutzt sie aus: Es wird politisch.

Prinz Pi In zwei Jahren dürft ihr ja wählen. Leo, freust du dich aufs Wählen?

Geografie: Sechs – Prinz Pi sucht den Norden

Warum sein Kompass nur Osten, Süden und Westen anzeigt, verriet Prinz Pi in der Vertretungsstunde nicht. Ob er das geografische Geheimnis auf dem neuen Album lüftet, könnt ihr selbst herausfinden.
Auf SPIESSER.de/gewinnen könnt ihr
fünf seiner „Kompass ohne Norden“- Alben absahnen!

Leonardo Nicht wirklich, denn eine Stimme allein kann nichts ändern. Alle müssen supporten.

Charlene Wahlen in Amerika sind wie Rockkonzerte!

Nico Und in Italien darf Berlusconi einen auf Pornostar machen! Schallendes Gelächter.

Prinz Pi Stellt euch mal vor, im Schloss Bellevue fänden „Nuttenpartys“ statt … Bunga-Bunga-Feten im Haus des Bundespräsidenten?

Alle sind sich einig: So etwas sei unvorstellbar. Pi fragt, ob jemand Politiker werden wolle.

Eduardo Ich bin zwar ein guter Redner, aber nein.

Auch seine Mitschüler schütteln den Kopf und berichten von ihren Berufswünschen. Darunter: Immobilienmakler, Psychologen und Polizisten.

Prinz Pi Gleich drei Leute wollen zur Polizei. Du auch Leo? Echt jetzt? Find ich krass!

Leonardo Ich wurde mehrmals bei illegalen Sachen erwischt, aber die Bullen waren immer nett. Und cool ist der Job allemal.

Nun wollen die Schüler von Pi wissen, warum er Musiker geworden ist.

Prinz Pi Ich wollte nie Rapper werden, ich bin da so reingerutscht. Jetzt finde ich das aber gut. Auch, weil ich auf diese Weise junge Leute erreichen kann. Damals ist man Dichter geworden, heute wird man Rapper.

„Egal wie besoffen du bist, Goethe war Dichter“, schlaumeiert es aus der letzten Reihe.

Prinz Pi unterbricht das Gelächter. Er bedankt sich bei der Klasse und resümiert:
"Ich hätte nicht gedacht, dass so viele von euch eine solch positive Beziehung zu unserem Staat haben."

Was sagen die Schülerinnen zu ihren Vertretungslehrern?

Nico, 15

Friedrich hätte noch mehr über seine Lebensgeschichte erzählen können. Denn die interessiert mich wesentlich mehr als es Politiker und Polizisten tun.
Note: 2

 

 

 

 

Judith, 16

Prinz Pi hat sich als Lehrer gut gemacht. Er war vorbereitet, hat frei gesprochen und lockere Sprüche abgelassen. Pi kann uns gern öfter unterrichten!
Note: 2+

 

 

 

 

Joseph, 15

Politik interessiert mich eigentlich nicht wirklich. Prinz Pi hat den Stoff aber so gut rübergebracht, dass auch ich mal zugehört und mitgemacht habe.
Note: 2

 

 

 

 

 

Autor: Anne Juliane Wirth
Fotos: Torsten Roman
Video: Timo Schmidt

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Kommentare

Vier Kommentare
  • Hallo lady_luck,
    vielen Dank für den Hinweis. Der Fehler wird natürlich umgehend behoben!

    Liebe Grüße,
    Tabea aus der Onlineredaktion

  • Als ich Friedrichs Gesicht gesehen habe, habe ich mich erstmal übel gefreut, dass er die Vertretungsstunde macht. Die Überschrift ist auch mega geil, macht richtig Lust aufs Lesen!
    Leider finde ich das Thema als Vertretungsstunde irgendwie nicht so toll...
    Etwas interessanteres, bei dem alle mehr diskutieren könnten, wäre schöner gewesen.
    ..und der Kompass ohne NADEL-Fail ist wirklich ganz schön hardcore..

  • Autsch!
    Links im Infokasten steht, dass das neue Album "Kompass ohne NADEL" heißt... aber es heißt "Kompass ohne Norden".
    ;)

  • Ich finde, Friedrich hätte auch Lehrer werden können! ;)

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