Es wurde geschwitzt, gekickt und gelacht. So erlebte SPIESSER-Praktikantin Theresa die SPIESSER-Vertretungsstunde mit MoTrip in der Gemeinschaftshauptschule Aretzstraße Aachen. Vor der 9b kam der Rapper als Sportlehrer mächtig ins Schwitzen.
21. January 2016 - 14:47 SPIESSER-Autorin TherryK.
Der Himmel, der über der Aretzstraße in Aachen hängt, ist grau und wirkt leblos. Der Schulhof, auf dem ich mich befinde, ist das ganze Gegenteil davon. Um mich herum tummeln sich zahlreiche aufgedrehte Schüler, die nur eines wollen: einen Blick auf Rapper MoTrip erhaschen und möglichst noch ein Selfie mit ihm knipsen. Ich hingegen will nur irgendwie durch das heftige Gedrängel in die Sporthalle kommen, um mich vor der Vertretungsstunde mit MoTrip noch umziehen zu können.
Kreischen, laufen, dehnen
Nach einer kurzen Einweisung...
Obwohl die Lage ziemlich aussichtslos scheint, schaffe ich es doch noch rechtzeitig in die Halle, wo die Schüler der 9b schon ungeduldig warten. Als MoTrip einige Minuten nach mir hereinkommt, empfängt ihn tosender Applaus. Nachdem sich die Klasse beruhigt hat, stellt sich Mo erst einmal vor. Es kommt die Frage auf, warum er heute ausgerechnet an diese Schule gekommen ist. Er gesteht, dass er die Schule schon lange kennt, da zwei seiner drei Brüder hier die Schulbank gedrückt haben. Jetzt sind die Schüler an der Reihe und stellen sich einzeln vor.
Dann wählen Diana, Peggy, Bastug und David die Mannschaften: vier Teams mit jeweils fünf Spielern. MoTrip landet in Peggys, ich in Dianas Mannschaft. Bevor wir mit dem Fußballspielen anfangen, wärmen wir uns erst mal auf, ganz wie die echten Profis. „Lauf-ABC“ ist angesagt: zehn Mal von einer Seite der Sporthalle zur anderen laufen. Einmal mit Armkreisen, im Kniehebelauf und Anfersen. Danach geht es mit Dehnübungen weiter, doch der Rapper keucht schon: „Ich bin total fertig! Wer ist auch so erledigt?“ Niemand meldet sich und es bricht schallendes Gelächter aus.
...geht es ans Aufwärmen.
Grüne Schärpen und rote Gesichter
Nachdem sich Mos Puls wieder beruhigt hat, dürfen wir endlich loskicken: Jedes Spiel dauert zweimal zwei Minuten. Richtige Tore gibt es nicht, nur farbige Abgrenzungen an den Hallenwänden. Mo gönnt sich eine Pause und macht den Schiedsrichter: „Ich will keine Fouls sehen“, lautet die Ansage, bevor die erste Partie beginnt.
Das Team von Bastug hängt sich grüne Schärpen um, damit wir uns auseinanderhalten können. Ich lande in der Abwehr von Dianas Team, dem übrigens die meisten Mädchen angehören. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, vollen Einsatz zu zeigen, komme ich nur mäßig in Gang: Mit zögerlichen Aktionen und mäßigem Erfolg halte ich die gegnerischen Spieler von unserem Tor fern. Auch ohne viel Körpereinsatz spüre ich wie mein Gesicht glüht. Als wäre das ein böses Omen gewesen, verlieren wir prompt das erste Spiel wegen eines Last-Minute-Tors.
„Und freilaufen, Freunde!“
Danach darf auch Starspieler MoTrip an den Ball. Zufrieden stelle ich fest, dass ich nicht die einzige bin, die schnell rot anläuft und ins Schwitzen gerät. Im Minutentakt appelliert Mo für Fairplay und Teamgeist. Aber noch etwas ist wichtig: „Und freilaufen, Freunde“, ruft er quer übers Spielfeld. Immer wieder lobt er seine Mitspieler für gelungene Spielzüge, was sie noch mehr anspornt.
Dann folgt das Spiel um Platz drei, in dem ich wieder am Zug bin und Mo gegenüber stehe. Diesmal stellen wir uns viel besser an. Vier verschwitze Minuten später verkündet uns Mo: „Ihr habt gewonnen! Wir sind leider Vierter“, entschuldigt er sich bei seiner Mannschaft.
Im glorreichen Finale kickt Bastug mit seinem gegen Davids Team. Es geht hoch her und alle zeigen vollen Einsatz. Dieser wird belohnt und Bastugs Team gewinnt. Die anfangs nicht so begeisterten Mädchen scheinen zufrieden zu sein und ernten Applaus.
Nach den vier knackigen Spielen, treffen wir uns in einem Sitzkreis in der Mitte der Sporthalle. Zeit für eine ausgiebige Fragerunde. MoTrips Ohren sind offen für alle. Er bietet sogar an, dass man ihm etwas vorrappen könnte, was sich aber niemand traut. Stattdessen erzählt er von der Zusammenarbeit mit anderen Rappern, wobei er immer wieder betont, dass alle von ihnen einen guten Schulabschluss gemacht haben, obwohl das teilweise nicht zum Image passt. Dann redet er über seine Vorbilder: beim Fußball sind es die Bayern-Spieler Ribéry und Robben. Sein Lieblingsteam steht schon fest.
Fragerunde als Verschnaufpause
Wenn es um Rapper geht, schaut MoTrip zu Eminem und Jay-Z auf. Auch das große „Geheimnis“ um das Styling seiner Haare wird gelüftet: Dank Föhn und Haargel sitzt alles. Als es um den Streit zwischen einigen Rappern geht, bringt er eine klare Message rüber: „Ich bin auf gar keiner Seite. Da gibt es keinen Grund für Streit. Guckt euch die Menschen an, wie alle flüchten. Diese Probleme gibt es auf der Welt und da sollte man sich nicht streiten, weil man mal gehört hat, dass irgendwer irgendwas gehört hat.“ Darauf folgt ein Moment der Stille, der jedoch von Siris langgezogenem Seufzer und dem Lachen einiger Mitschüler schnell wieder verfliegt.
„Bewegung Leute!“
Genug gequatscht, Bewegung ist wieder angesagt. Doch wie? Für Fußball sind die Mädchen nicht mehr zu haben. Also versucht Mo, eine sportliche Beschäftigung zu finden, mit der alle etwas anfangen können. Eine Runde Basket-, Völker- oder Brennball? Mit Völkerball sind alle zufrieden. Schnell bilden die Schüler zwei Teams. „Ich will auch mitspielen“, ruft MoTrip, woraufhin beide Teams leidenschaftlich versuchen, ihn anzuwerben. Aber Mo lässt sich nicht lange bitten und schließt sich meinem zahlenmäßig unterlegenen Team an. Bevor es ans Abwerfen geht, schieben die Schüler noch fix eine Bank zur Abgrenzung zwischen die Spielfelder.
MoTrip
MoTrip, der eigentlich Mohamed El Moussaoui heißt, kam 1988 im Libanon zur Welt und wuchs in Deutschland auf. Sein älterer Bruder brachte ihn zur Rapmusik. Bisher hat MoTrip mit erfolgreichen deutschsprachigen Rappern wie Fler, Kool Savas oder Sami Deluxe zusammengearbeitet. Im Juni 2015 veröffentlichte er sein zweites Soloalbum „Mama“, das auf Platz drei der Albumcharts einstieg. Die erste Single „So wie du bist“ war ein Dauerbrenner.
Und schon beginnt ein rasant-chaotisches Spiel: Alle rennen wild übers Spielfeld und niemand scheint zu wissen, in welche Richtung er schauen soll. Zwei Bälle gleichzeitig sind wohl doch einer zu viel. Das sieht der Vertretungslehrer schnell ein und nimmt einen aus dem Spiel.
Kurz darauf geht es um einiges geordneter, aber mit genau so viel Spaß weiter. Das beliebteste Abwerfobjekt ist eindeutig MoTrip – ständig steht der Rappern unter Beschuss. Unter lautem Gejohle trifft ihn einer der Schüler, doch Mo zögert nicht lange und macht sich sofort auf die Jagd, um sich wieder freizuwerfen.
Die Partie endet eine halbe Stunde später mit Abwurf des letzten Mannes im gegnerischen Feld. Das Team um Starspieler MoTrip hat mal wieder kein Glück im Spiel. Dennoch werden am Ende der Stunde, glücklich aber verschwitzt, viele High-Fives verteilt und abschließend ein großes Gruppenfoto sowie zahlreiche Selfies geschossen. Ich hätte nichts dagegen, wenn alle meine Sportstunden so unterhaltsam, lustig und entspannt wären.
Fazit aus der Klasse:
Luis, 15
„Es hat mir sehr gefallen und ich fand es cool, dass er mit uns
Sportunterricht gemacht hat. Er ist sehr korrekt und es macht viel
Spaß mit ihm.“
Note: 1
Peggy, 14
„Er macht einen sehr guten Eindruck, denn er versucht auch zu gucken, dass alles fair bleibt.“
Note: 1
Bastug, 15
„Es war gut und hat Spaß gemacht mit ihm. Er kann gut Fußball spielen.“
Note: 1
Text: Theresa König
Video: Alexander Spelsberger
Fotos: Jakob Kaliszewski
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