SPIESSER Bildungsweg

Noten würfeln

Manchmal lernt man für eine Klausur wochenlang und die Note ist eher dürftig und ein anderes Mal schreibt man die Hausarbeit in drei Tagen und es ist die beste Note, die man je bekommen hat. Da fragt man sich, ob die Dozenten überhaupt Kriterien haben, nach denen sie sich bei der Benotung richten. Diplom-SPIESSER hat bei den Professoren nachgefragt, worauf es für eine gute Note ankommt.

02. May 2007 - 14:04
SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Beigetreten: 25.04.2009

Die Möglichkeiten, wofür Noten an der Universität vergeben werden, sind vielfältig. Schon bei den Prüfungen gibt es zwei: mündliche und schriftliche. Bei regulären Scheinen, die als Voraussetzung für die Prüfung benötigt werden, splittet sich das Ganze noch mehr auf: Referate, Hausarbeiten, Klausuren, zum Teil Mitarbeit und vielleicht ja auch die Sympathie, die der Dozent für einen empfindet.


An der Uni gibt es viele
Möglichkeiten, um Noten
zu bekommen. Schon bei den
Prüfungen gibt es 2:
schriftlich und mündlich.

 

 

 

 

Das Referat ist allseits sowohl in Sozial- als auch in Naturwissenschaften sehr beliebt - fragt sich nur warum? Gernot von Collani, Professor am Institut für Psychologie, begründet das so: Weil wir der Meinung sind, dass Studierende auch einüben sollen, aktuelle Forschungsergebnisse adäquat zu präsentieren. Bewertet wird dabei in der Regel der Gesamteindruck, den der Student beim Vortrag macht. Gesamteindruck heißt zum einen, wie gut wurde es erzählt. Ein weiterer Punkt ist, wie gut es verstanden wurde. Das heißt, dass die Studenten das Gewicht auch wirklich auf das Wichtigste legen , führt Annette Huber-Klawitter, Professorin am Mathematischen Institut, genauer aus. Diese zwei Faktoren, die Rhetorik und die richtige Wiedergabe des Inhalts, sind für alle von uns befragten Professoren das Wichtigste bei der Benotung von Referaten.

Ähnliche Einigkeit über die Kriterien gibt es bei der Beurteilung von Hausarbeiten: Zum einen müssen die Formalien stimmen und zum anderen der Inhalt. Ich schaue zuerst, ob die Arbeit korrekt ist im Sinn einer wissenschaftlichen Arbeit. Das heißt, ob jemand richtig zitiert, ob der Apparat korrekt ist und ob auch alles, was als Zitat angegeben ist, nachgewiesen wurde , sagt Thomas Topfstedt, Professor am Institut für Kunstgeschichte. Andere Professoren achten zuerst darauf, welche Literatur benutzt wurde und ob die Gliederung der Hausarbeit dem Thema angemessen ist. Inhaltlich ist für die Benotung am wichtigsten, dass man nichts Falsches sagt. Daneben verlangen viele Professoren aber auch, dass man mit der Literatur kritisch umgeht und seine eigene Meinung vertritt.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Sprache bei der Benotung: Schlechte Grammatik und Rechtschreibfehler können durchaus Punktabzug bedeuten. Bei Klausuren und schriftlichen Prüfungen drücken die Professoren in diesem Punkt aber durchaus mal ein Auge zu. Man muss berücksichtigen, dass die Kandidaten in einer gewissen Drucksituation sitzen, sodass man beim Sprachlichen gewisse Abstriche machen muss , meint Burkhard Boemke, Dekan der Juristenfakultät. Dies gelte aber nur soweit sich unsaubere Formulierungen nicht auf das Ergebnis auswirken. In Prüfungen und Klausuren finden sich die bisher genannten Kriterien wieder: Meist soll getestet werden, wie gut der Student den Stoff verstanden hat. Was wir eigentlich abprüfen, ist nicht das Wissen, sondern das Wissen anwenden zu können , sagt Physikprofessor Josef Alfons Käs.


Bei der Beurteilung von Hausarbei-
ten müssen die Formalien und der
Inhalt stimmen.

Studenten in den Naturwissenschaften könnten mit minimaler Vorbereitung in die Prüfungen gehen, wenn sie den Stoff verstanden haben. Dabei sei es in den Naturwissenschaften natürlich leichter als den Geisteswissenschaften, die Ergebnisse zu objektivieren. Auch in den Geisteswissenschaften haben wir unsere Standards , sagt Kunstgeschichtsprofessor Thomas Topfstedt. Die seien allerdings nicht so eindeutig in Regelwerken festgelegt. Auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften geht es den von uns befragten Professoren nicht darum, dass Studenten die Lehrmeinung des Prüfers wiedergeben. Wenn die Prüfung wirklich gut läuft, wird es zum Gespräch zwischen zwei Leuten , sagt Topfstedt.

Die meisten Professoren bevorzugen die mündliche Prüfung auch zu Gunsten der Studenten. Gernot Collani, Professor am Institut für Psychologie, begründet das so: Wir sind in mündlichen Prüfungen auch in der Lage, eventuelle Sackgassen, in die sich der Student bewegt, gleich korrigieren zu können. Oder jemandem, der etwas unsicher ist, durch entsprechende Aufmunterung mehr Sicherheit zu geben. Natürlich habe die mündliche Prüfung auch Nachteile, so zum Beispiel die Subjektivität der Beurteilung. Dass dabei Sympathie unbewusst eine Rolle spielen kann, schließen die Dozenten nicht aus. Aber natürlich seien sie darum bemüht, das nicht mit einfließen zu lassen.

Wenn man als Student trotzdem meint, dass der Dozent zu subjektiv benotet hat, oder man generell mit seiner nicht Note zufrieden ist, muss man das nicht auf sich sitzen lassen. Gegen so genannte belastende Verwaltungsakte, zu denen zum Beispiel auch eine nicht bestandene Prüfung gehört, kann man jederzeit rechtliche Schritte einleiten. Oliver Grimm, Leiter des Justitiariats der Universität Leipzig, schlägt vor, zunächst mit dem Prüfer zu reden. Der kann dann im so genannten Überdenkungsverfahren die Note ändern, wenn ihn die Argumente des Studenten überzeugen. Wenn man aber ganz formell vorgehen möchte, legt man Widerspruch beim Prüfungsausschuss gegen seine Note ein , sagt Oliver Grimm. Behält der Prüfungsausschuss danach die Note bei, bleibt für den Studenten als letzte Möglichkeit eine Klage beim Verwaltungsgericht. Rund 20 bis 30 solcher Klagen werden gegen die Uni Leipzig jedes Jahr eingelegt. Nur ein Drittel davon sind für die Studenten erfolgreich.

Erfolg kann man in der Regel nur haben, wenn ein Verfahrensfehler bei der Bewertung vorliegt , sagt Grimm. Wenn zum Beispiel das Wetter oder die Befindlichkeit des Prüfers eine Rolle gespielt haben. Das zu beweisen, ist aber äußerst schwierig. Ein solches Verfahren dauert in der Regel zwei Jahre von der Klageeinreichung bis zum Urteilsspruch. Deshalb sollte sich ein Student gut überlegen, ob er sich die Studienunterbrechung leisten kann. Meist nützt es laut Grimm mehr, mit den Prüfern zu reden. Einige Professoren sehen die Noten, die Studenten bei ihnen erzielen, auch als Bewertung für sich selbst. So sagt Physikprofessor Josef Alfons Käs: Wenn mehr als ein Drittel der Studenten durch meinen Kurs durchfällt, dann ist das das beste Feedback. Dann haben sie nicht kapiert, was ich unterrichtet habe und ich habe lausig unterrichtet.

Jenifer Hochhaus/ Fotos: Pixelio

Die Texte zum DiplomSPIESSER entstanden im Rahmen des Seminars "Printjournalismus für Jugendliche: Wie man die junge Zielgruppe anspricht" am Institut für Journalistik der Universtität Leipzig. Dozent: Peter Stawowy. Ein Teil der Fotos entstand im Rahmen des Seminars "Werkstatt: Fotojournalismus" (Dozent: Jochen Schlevoigt).

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