Mit überschwappendem Optimismus begann ich Anfang des Jahres damit, mir darüber Gedanken zu machen, wo es mich beruflich nach meinem nahenden Bachelorabschluss hinziehen soll. Man könnte meinen, ich hätte gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, denn überall spricht man vom Fachkräftemangel. Nun, hier bin ich! Ich fühlte mich frei und bereit, die Arbeitswelt zu erobern. Die Schul- und Unibank hatte ich nun lange genug gedrückt. Jetzt kam der Ernst des Lebens oder wie ich dachte, die goldenen Jahre. Schnell wurde mir bewusst, dass die Arbeitswelt ernster ist, als ich anfangs annahm und dass der Fachkräftemangel wohl nicht in meiner Branche, der öffentlichen Verwaltung, herrscht.
Interessensvielfalt und Arbeitserfahrung
Nachdem ich mir über meine Interessen und Fähigkeiten im Klaren war, ging es an die Auswahl der interessanten Jobangebote. Ich durchforstete monatelang sämtliche Jobplattformen (wenn nicht sogar alle!) nach bestimmten Suchbegriffen. Da sich mein Bewerbungsprozess letzten Endes so sehr in die Länge zog, wurden Indeed, Stepstone und Jobware zu meiner täglichen Abendbeschäftigung nach meinem Uni-Alltag. An Enthusiasmus und Begeisterung für zahlreiche überzeugende Stellenanzeigen mangelte es mir nicht. Strukturiert ging ich in meinem Bewerbungsprozess vor und erstellte Auflistungen. Von Redakteur, Lektor über Assistenz der Geschäftsführung bis hin zum Project- und Research Assistant war alles dabei. Die Bandbreite an Berufsfeldern, auf die sich meine Bewerbungen bezogen, war groß. Schließlich gehöre ich zu den Menschen, die vielfältige Interessen besitzen und neugierig durchs Leben wandern. Aufgrund meiner vorangegangenen Ausbildung in einer Stadtverwaltung hatte ich insbesondere Kommunal-, Landes- und Bundesbehörden im Blick. Naiv wie ich war, bewarb ich mich auf Stellen mit einem Gehalt, das meinem Bachelor-Abschluss entsprach.
Unerfüllte Heimatliebe
Läuft nicht immer wie erhofft: das Vorstellungsgespräch.
Photo by Tim Gouw on Unsplash
Doch eine Absage nach der anderen trudelte in mein E-Mail-Fach und Briefkasten ein. Auch die Verwaltungen in meiner Heimatstadt wollten mich nicht. Im Vorstellungsgespräch wurde mir die Frage gestellt, wieso ich denn wieder zurück aufs Land will und nicht ins Ausland oder in die Großstädte, so wie alle anderen? Ich war etwas verblüfft und empfand die Frage der Personalleitung als unsensibel. Ich beteuerte meine große Heimatliebe und dachte insgeheim, sie sollten doch eigentlich froh sein, dass ich interessiert daran bin, in meinem kleinen Heimatort arbeiten zu wollen. Ironischerweise lief am gleichen Abend daheim in der Tagesschau die Nachricht, dass alle aus dem ländlichen Bereich in die Städte abwandern und das nicht gut sei für die ländlichen Regionen. Dann kam trotzdem die Absage. Auf Nachfrage erhielt ich die beliebte, rechtskonforme Begründung, sie hätten jemanden genommen, der mehr Berufserfahrung in dem Bereich nachweisen kann. Ironischerweise richtete sich die Stellenanzeige eigentlich ausdrücklich an Berufsanfänger.
Vom Land in die Großstadt
Um nach einer Handvoll Absagen nun endlich vorwärts zu kommen und um dem Appell, in die Großstadt zu gehen, zu folgen, vergrößerte ich meinen Radius auf ganz Baden-Württemberg und bewarb mich bei einer Stadtverwaltung nahe Stuttgart. Dafür nahm ich auch eine dreieinhalbstündige Zugfahrt auf mich, die sich schließlich auszahlte: Die Lage, die Kollegen, das Gespräch und die Stelle überzeugten mich und ich fühlte mich sehr wohl.
Ein großes Missverständnis
Das Gespräch verlief im Großen und Ganzen sehr gut: Ich wurde sogar nach meiner Wohnsituation befragt und es fühlte sich so an, als ob ich einer Zusage sehr nah war. Meine Hoffnung wuchs, als ich einige Zeit nach dem Vorstellungsgespräch angerufen wurde und die Verwaltung sich danach erkundigte, ob noch immer Interesse meinerseits bestand, was ich selbstverständlich bestätigte. Mein Gesprächspartner am anderen Ende der Telefonleitung freute sich sehr darüber, was mich erleichterte. Letzten Endes trudelte zwei Tage später die Absage in meinen Briefkasten ein. Für mich unverständlich. Ich nahm mein Herz in die Hand und erkundigte mich telefonisch nach dem Grund für die Absage. Zu hören bekam ich, dass von 50 Bewerbern lediglich 15 zum Vorstellungsgespräch geladen wurden. Und für den missverständlichen Vorgang während des Bewerbungsprozesses entschuldigte man sich. Das war mein Trostpreis.
Ihr und Ich, die Arbeitsuchende
Letztlich handelt es sich hierbei nur um einen kleinen Auszug meiner Bewerbungsodyssee. Was mir aber während des ganzen Bewerbungsmarathons aufgefallen war, ist folgendes: Personen, die aus dem Akademikerbereich kommen, hatten größtenteils Verständnis für meine Situation und kannten das Spiel bereits selbst. Personen, die nicht aus dem Akademikerbereich kommen, schauten mich dagegen immer entsetzt und ungläubig an und fragten, warum es denn so schwer sei, einen Job zu finden. Ich solle mich mal nicht so blöd anstellen, folgte darauf. Diese Sprüche versetzten mir jedes Mal einen Stich und warfen mich in die Gefühlsebene, es sei alles meine Schuld, ich wär nicht gut genug, meine Qualifikationen reichen nicht aus, ich habe versagt und wäre die einzige Absolventenarbeitslose.
Die Statistik sagt, es sei „normal“
Noch schlechter fühle ich mich, wenn ich lese, dass die Absolventenarbeitslosigkeit in Deutschland laut Zeit.de (Juni 2018) seit Jahren bei unter 3% liegt. Das ist gering, aber es fühlt sich persönlich trotzdem nach mehr an. Es ist nun mal eine extreme Belastung: Und diese Dauer kann dreieinhalb Monate betragen. So lange braucht ein Absolvent in Deutschland, bis zum ersten Job (Zeit.de, Februar 2018). Na, dann bin ich ja beruhigt, dass ich nicht schon wieder aus dem Rahmen falle.
Text: Anonymer Autor Teaserbild: Photo by Nicole Honeywill on Unsplash
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