United World Colleges (UWC) sind Oberstufeninternate, in denen du mit der Welt lebst und lernst. Zusammen mit Gleichaltrigen aus 100 verschiedenen Ländern ist Bildung hier mehr als nur rumsitzen. Sie wird zu interkultureller Verständigung und zur Grundlage für eine buntere Zukunft.
17 Schulen weltweit mit berühmten Vorsitzenden wie z.B. Nelson Mandela.
Das Leitbild aller UWCs lautet: „UWC macht Bildung zu einer Kraft, die Menschen, Nationen und Kulturen im Streben nach Frieden und einer nachhaltigen Zukunft verbindet“.
Gegründet 1962 von Kurt Hahn mit dem Ziel, inmitten des Kalten Krieges ein Zeichen für friedliches Zusammenleben zu setzen.
Es ist Mittwochabend und wir sitzen zusammen zu einer Diskussion über das Verständnis von Sexualität in den verschiedenen Religionen dieser Welt. Gerade ist „Gender and Sexuality Week“ und diese Gesprächsrunde ist ein Teil davon. Unter meinen Mitschülern sind Menschen vieler Glaubensrichtungen und es ist faszinierend, über Unterschiede zwischen dem Christentum in Malawi, dem Buddhismus in Bhutan und der Kultur in Skandinavien zu hören.
„Schule könnte eigentlich so viel mehr sein!“ Dieser Gedanke ging mir in der zehnten Klasse durch den Kopf. Ich wollte raus, mit anderen Jugendlichen zusammen lernen, die große Träume haben und ihre Welt verändern wollen. Von einer Freundin hatte ich von UWC gehört und mich sofort beworben. Zwei Jahre später habe ich nun die beeindruckendste Zeit meines bisherigen Lebens hinter mir.
Friedliches Zusammenleben in Zeiten des Kalten Krieges
Pittoresk neben einem Schloss an der Adria gelegen, legt das
UWC in Italien den Fokus auf Kunst und Musik. Foto: uwc.org
Die Bewegung der United World Colleges wurde vor mehr als 60 Jahren geboren mit der Vision, dass Lernen über den Klassenraum hinausgehen sollte. In Wales entstand 1962 das erste College, in dem damals nur Jungs aus verschiedenen Ländern zusammenlebten und neben dem Unterricht und vielen Abenteuern die Seenotrettung unterstützten. Inmitten des kalten Krieges wollte Begründer Kurt Hahn ein Zeichen für interkulturelles Verständnis und friedliches Zusammenleben setzen. Heute gibt es 17 Schulen weltweit, Tendenz steigend.
Chancengleichheit durch Stipendien
Ausgesucht von Länder-Komitees kommen in UWCs Jugendliche zusammen, die ihre Welt in Frage stellen. Dabei spielt die finanzielle Situation keine Rolle, da der Besuch eines UWCs über Stipendien finanziert wird. So entsteht ein einzigartiger Mix und engste Freundschaften zum Beispiel zwischen Skandinaviern, die eines der besten Gesundheitssysteme der Welt genießen und Jugendlichen aus Nepal, die im Erdbeben vor drei Jahren alles verloren haben. Das Schimpfen über das Kantinenessen gewöhnt man sich schnell ab, wenn gegenüber Freunde am Tisch sitzen, für die eine warme Mahlzeit am Tag keine Selbstverständlichkeit ist.
Besonders bunt wird es an Tagen wie zum Beispiel dem
„UWC Day“, an dem alle ihre Fahnen und Kostüme tragen.
Foto: Deutsche Stiftung UWC
Nach zwei Jahren macht man dann das „International Baccalaureate“, einen internationalen Abschluss. Hierbei kann man Fächer wie Anthropologie oder Global Politics belegen, die in Deutschland oft gar nicht angeboten werden. Eine Unterrichtseinheit über den Nahostkonflikt bekommt dabei eine komplett neue Dimension, wenn israelische und palästinensische Schüler im Raum sitzen. Zu erleben, wie trotz verfestigter Meinungen in der Heimat hier eine konstruktive Diskussion möglich ist, macht Hoffnung für die Zukunft. Fester Teil des IB ist außerdem die Freiwilligenarbeit, die im Rahmen von gewählten oder selbstgegründeten AGs stattfindet und durch welche die Schüler ihre Gemeinschaft aktiv mitgestalten.
Zusätzlich gibt es mehrmals im Jahr Projektwochen, in denen man sich in Kleingruppen eine Woche intensiv mit einem Projekt beschäftigt. Von Bootbauen über Meditation bis zu Flüchtlingshilfe ist alles dabei. Die Schwerpunkte der verschiedenen UWCs sind sehr unterschiedlich: Während das UWC in Norwegen eine enge Kooperation mit dem Roten Kreuz lebt, kann man in Kanada tauchen und segeln lernen oder sich in Swasiland mit der Post-Apartheid auseinander setzen.
Meine Mitbewohnerinnen in meinem zweiten Jahr kamen aus Finnland,
China, Nigeria und Myanmar. Foto: Helen Pörtner
Aus Fremden wird Familie
Alle UWCs sind Internate und da die Schüler aus fast 100 verschiedenen Ländern stammen, findet das meiste Lernen außerhalb des Klassenraums statt. Meist wohnt man zu viert oder fünft in einem Zimmer, wächst zu einer Familie zusammen und erweitert seinen Horizont fast ohne es zu merken. In Cultural Shows, Food Sharing Events oder ähnlichem ist es einfach, Neues über Kulturen und Länder zu erfahren, die man zu Anfang erst einmal auf der Karte suchen musste. In solchen Veranstaltungen lern man vieles: So erzählte mir dabei meine in einem Flüchtlingscamp in Algerien aufgewachsene Freundin, welche Chance UWC für sie bietet. Außerdem versteht man, was zuhause oft untergeht: Dass Bildung mehr ist, als in die Schule zu gehen und Arbeiten zu schreiben, sondern dass sie eine einzigartige Chance bietet die Welt zu verändern.
Bewerbung:
Die Bewerbung findet über nationale Komitees statt, die finanzielle Situation spielt bei der Auswahl keine Rolle, da alle aufgenommenen Schüler, unter Berücksichtigung des Vermögens der Eltern, Stipendien erhalten.
Der Aufenthalt ersetzt die zwei letzten Schuljahre.
Bewerber sollen zwischen 15 und 17 Jahre alt sein und entweder das Gymnasium oder die Realschule besuchen.
Die Bewerbung besteht aus einem ersten schriftlichen Teil mit Aufsätzen und zwei Empfehlungsschreiben und anschließend einem Auswahlwochenende, an dem man mit Jugendlichen aus ganz Deutschland verschiedene Aktivitäten wie kleine Präsentationen, Spiele und Interviews durchläuft.
Der nächste Bewerbungsschluss für den Jahrgang 2019-2021 ist der 2. Dezember 2018!
Infos zur Bewerbung und der deutschen Stiftung UWC findest du hier: www.uwc.de
Infos zu UWC allgemein und zu Short Courses, UWC Sommercamps, findest du hier: www.uwc.org
Text: Helen Pörtner
Teaserbild: Mahindra UWC
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