Vertretungsstunde

"Ein Christ muss seinen Glauben auch nicht erklären"

"Die Deutschen suchen immer nach Unterschieden zwischen sich und den Einwanderern", sagt Pegah Ferydoni. Die Schauspielerin ("Türkisch für Anfänger", ARD), gibt in einer Berliner Schule eine Vertretungsstunde in Religion. Vorab ein Interview.

05. March 2007 - 17:00
SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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"Integration ist keine Einbahnstraße", sagte der Berliner Senator Klaus Böger. Was hältst du von solchen Sprüchen?

Gar nichts. Es stimmt nicht, dass sich Migranten nicht integrieren wollen und die Deutschen im Gegenzug alles dafür tun. Man sollte nicht nur von den anderen erwarten, dass sie einem entgegenkommen. 

Was sollten denn die Deutschen dafür tun, dass sich Einwanderer besser integrieren?

Allein Offenheit und ehrliches Interesse reichen schon aus. Viele sind zu skeptisch und zurückhaltend.

Hast du als Kind einer persischen Familie selbst schon unangenehme Situationen erlebt?

Mich hat mal jemand dafür gelobt, wie gut ich deutsch spräche und welch gute Aussprache ich als Migrantin hätte. Das war das Dümmste, was ich mir bisher anhören musste! Natürlich spreche ich gut deutsch, ich bin hier aufgewachsen! Manchmal fragen mich die Leute auch, woher ich eigentlich komme und betonen dabei das Wort "eigentlich". Solche Fragen finde ich dämlich. Die Leute hier wollen immer herausfinden, inwiefern sich Einwanderer von ihnen unterscheiden, statt Gemeinsamkeiten zu entdecken. In Amerika ist das anders. Da wirst du gefragt, aus welcher Stadt du stammst - und nicht wo du "eigentlich herkommst".

Erlebst du solche unangenehmen Situationen schon seit deiner Kindheit oder ist das in den letzten Jahren schlimmer geworden?

Seit dem 11. September muss man sich als Moslem jetzt für seinen Glauben rechtfertigen. Als junger Mensch ist das allerdings gar nicht so einfach, manche müssen sich ja selbst erst einmal mit ihrer Religion auseinandersetzen. Ein Christ soll auch nicht erklären, warum er christlich ist. Mir kommt es so vor, als hätten die Menschen nach dem 11. September eine Trennlinie gezogen: Ihr Muslime seid dort und wir sind hier. 

Daran könnten aber auch die Einwanderer mitverantwortlich sein. Oft wird ihnen vorgeworfen, dass sie sich nur in ihre Stadtteile zurückziehen.

Der Vorwurf der Ghettoisierung ist unfair. Viele Einwanderer haben doch gar keine Chance, in anderen Stadtteilen außer Kreuzberg zu wohnen. Wo sollen sie denn hin? Ich weiß, dass sich viele muslimische Mädchen, die normalerweise ganz selbstbewusst auftreten, in fremden Vierteln ganz schüchtern verhalten. Klar müssen die Angst haben, von Nazis oder anderen angepöbelt zu werden. Nicht jeder sieht Frauen mit Kopftuch gern.

Interview: Anne Hähnig

Pegah Ferydoni stammt aus einer persischen Familie, ist im Iran geboren und in Deutschland aufgewachsen. In der Serie "Türkisch für Anfänger" (ARD) spielt sie die Rolle der strenggläubigen Muslima Yagmur. Für SPIESSER.de gab sie in der Kreuzberger Borsig-Oberschule eine Vertretungsstunde in Religion und diskutierte mit den Schülern über Kopftücher in der Schule. Das Protokoll davon lest ihr am 26. März 2007 auf SPIESSER.de

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