Sie laufen mit großen Augen über den Uni-Campus und wirken irgendwie verloren: die Erstsemester. Von den großen Studenten als ahnungslose "Erstis" verschrien, müssen sie sich durch ein Wirrwarr aus Vorlesungsverzeichnis, verwinkelten Hochschulgebäuden und Mensawarteschlangen schlagen. Christina, Henning und Anja haben in diesem Sommersemester ihr Studium in Berlin begonnen und erzählen von den ersten Tagen an der Uni...
05. May 2007 - 11:00 SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
Christina, 20, studiert Medizin an der Charité Berlin:
"Um mich für Medizin einzuschreiben, musste ich vor Studienbeginn zur Uni nach Berlin fahren. Dort habe ich bereits ein kleines 'Starter Kit' mit vielen
Informationen bekommen. Vor allem eine Botschaft darin war groß geschrieben: "Keine Panik!" 350 Studenten und ich kenne keinen einzigen - da kann einem schon bange werden. Aber schließlich kennt am Anfang keiner einander. Die erste Uni-Woche wurde von Studierenden höherer Semester organisiert, es gab viele Einführungsveranstaltungen. Ein Student vom Uni-Kabarett mimte den bösen Professor, der Leute aus dem Hörsaal verwies. Das war schon lustig! Außerdem wurden wir in kleine Seminargruppen eingeteilt. Mit den 20 anderen Erstsemestern aus meiner Gruppe werde ich in den nächsten zwei Jahren zusammen studieren, wir bekommen den selben Stundenplan zugeteilt. Ich hatte Glück: In diesem Semester habe ich jeden Freitag frei! Anstrengend stelle ich mir das Studieren trotzdem vor. Schließlich ist weit bekannt, dass Medizinstudenten viel lernen müssen. Schon in der ersten Woche haben die Professoren erkennen lassen: Auf uns kommt viel Arbeit zu!"
Henning, 20, studiert Wirtschaftsmathematik an der TU-Berlin:
"Vor dem Studium habe ich ein FSJ im Schülerhort gemacht, wo ich hauptsächlich mit älteren Erzieherinnen zu tun hatte. Deshalb war ich neugierig, neue Leute in meinem Alter kennen zu lernen. Bei 100 Studenten,
die mit mir zusammen Wirtschaftsmathe angefangen haben, ist das nicht schwer. Einführungsveranstaltungen gab es zwar keine, aber Studenten höherer Semester haben uns einen Raum gezeigt, in dem wir in Ruhe unsere Hausaufgaben rechnen können. Dort habe ich schon viele von meinen Kommilitonen kennen gelernt. Mein Bruder, der auch zwei Semester Mathe studiert hat, hat mich vorgewarnt: Ich werde kein Leben mehr haben neben dem Lernen. Die ersten Uni-Wochen waren zwar anstrengend. Aber Schule ist trotzdem stressiger. Hier an der Uni guckt schließlich keiner nach einem persönlich und es gibt keine Anwesenheitspflicht. Trotzdem besuche ich jede Veranstaltung. Denn sonst muss ich den ganzen Stoff nachholen und habe weniger Zeit für die Hausaufgaben. Die muss ich nämlich regelmäßig abgeben, weil ich auf Bachelor studiere. Außerdem habe ich einen festgelegten Stundenplan, der mir in diesem Semester mindestens 6 Stunden Uni am Tag vorschreibt. Meine Eltern sagen immer: "Das Studium ist die beste Zeit des Lebens, denn du kannst selbst entscheiden, ob und wann du zur Uni gehst." Ganz so ist es eben doch nicht mehr."
Anja, 24, studiert Energie- und Verfahrenstechnik an der TU-Berlin:
"An meinem ersten Uni-Tag habe ich mich schon ein bisschen verloren gefühlt, schließlich gibt es in den Ingenieurwissenschaften fast nur Jungs. Ich dachte mir: "In den nächsten fünf Jahren also hauptsächlich
Männerfreundschaften." In den Einführungsveranstaltungen in der ersten Studienwoche habe ich meine Kommilitonen dann besser kennen gelernt. Zum Beispiel sollten wir "Ich packe meinen Koffer spielen", aber statt Gegenständen unseren Namen mit einem Adjektiv dazu nennen. Ich war die aufrechte Anja. Dort wurde uns auch erklärt, wie wir unseren Stundenplan aufstellen. Ich studiere noch auf Diplom und habe somit viel Wahlmöglichkeiten. Im ersten Semester werde ich nur vier Veranstaltungen besuchen. Da mein Abitur schon eine Weile zurück liegt, muss ich zuerst meine Mathekenntnisse auffrischen. So habe ich zwar zwei Tage in der Woche frei, aber die werde ich auch mit Lernen verbringen. Bisher gefällt mir das Uni-Leben ganz gut. Zu den Vorlesungen kann man zu spät kommen, ohne eine Ausrede parat zu haben. Aber dafür ist dann auch kein Sitzplatz mehr frei. Naja, die Stühle sind ohnehin so hart. Während der Vorlesung kann man dem Professor Fragen stellen, oder man geht direkt im Anschluss zu ihm. Berührungsängste gibt es da nicht. Schwieriger ist es mit dem Eintragen in Tutorien oder dem Besorgen von Aufgabenblättern. Das läuft hier nämlich alles elektronisch."
Text & Fotos: Franziska Matthes
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