Wir Jungs hatten es schon immer schwerer. Schon im Kindergarten: Kaum ging ein Spielzeugauto kaputt, kamen ausschließlich die Buben als mögliche Täter in Frage. Ein Mädchen zu verdächtigen und war es noch so ein Mannsweib stand nie zur Debatte. Gegen die makellose Schönschrift der Mädels hatten nur die üblen Streber eine echte Chance. Wegen unserer zwei Jahre Entwicklungsrückstand haben wir noch im Sandkasten gebuddelt und gekampelt, während die Mädels sich in der Bravo über Kusspraktiken informiert haben.Und wenn es dann trotz Planierraupe und Schaufel mal ein Mädchen gab, das irgendwie schon ganz süß aussah, dann war sie längst mit einem drei Jahre älteren und mindestens zwanzig Köpfe größeren Südländer zusammen. Ja, wir Jungs hatten es wirklich schon immer schwer.
Und jetzt das: Das hinterlistige Konkurrenzgeschlecht ist angeblich auch noch schlauer! Glaubt man einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, sind Mädchen an Haupt- und Förderschulen deutlich in der Minderheit, am Gymnasium hingegen stellen sie die Mehrheit. Was daraus folgt ist klar: besserer Abschluss, besserer Job, irgendwann die große Kohle. Inzwischen wirbt sogar die Bundeswehr mit Sprüchen wie "Frauen werden bei uns bevorzugt eingestellt". Im gehobenen Staatsdienst ist das anscheinend nicht anders ein Blick zum Bundeskanzlerinnenamt genügt. Ob weibliche Intuition wirklich Doping für Deutschland ist, werden wir ja in ein paar Jahren sehen.Venus ist also über uns. Unser Unmut, liebe Mitglieder, ist begründet. Bevor wir aber in grottentiefem Selbstmitleid versinken, sollten wir uns damit trösten,dass nur jeder siebte Professor eine Professorin ist, bei Professuren höchsten Grades sogar nur jeder zehnte. Wahrscheinlich sind wir eben ausschließlich zu Höherem berufen. Eine Wiedergeburt als Frau kommt noch aus ganz anderen Gründen nicht auf den Wunschzettel: Frauen gebären Kinder und verbringen tagtäglich mehrere Stunden vor dem Schminkspiegel. So bleibt uns wenigstens die Zeit, unseren Entwicklungsrückstand aufzuholen.
Wir Mädchen haben lange Haare und sehen ständig gut aus. Damit wir so oft wie möglich vorm Spiegel stehen können, werden wir Friseurin. Auch Verkäuferin lernen wir oft. Unser Nachteil: 17 Prozent weniger Muskelgewebe als Jungs. Da brauchen wir einen Beruf, bei dem dieses Handicap nicht stört. Hinter Theken und im Bürosessel sieht Mann Dekolltéträgerinnen gerne. Aber unter Karren, im Boxring, als Schweißerin? Um Himmelswillen, nicht vor 24 Uhr und nicht außerhalb von Sportkanälen! Make-up ist Pflicht für uns Mädels. Gleiche Bewerbungschancen wie die Jungs in den Ausbildungen zur Automechanikerin oder Landwirtin können wir uns aber abschminken. "Alles nur wegen der Vorurteile", sagt meine Freundin Isabel, mit der ich im Kindergarten immer die Jungs verprügelte: "Es heißt immer, Männer wären stärker und nicht so emotional wie Frauen. Deswegen haben sie bessere Chancen in handwerklichen Berufen. Das sieht man schon daran, dass es in manchen Betrieben nur Männertoiletten gibt." Wie unpraktisch für Mädchen, die bekanntlich ständig aufs Klo müssen. Mindestens zu zweit.
In den Chefetagen haben es Frauen aber schwer jemanden zu finden, der mitgeht. Nur ein Viertel der Führungspositionen in Deutschland sind von Frauen besetzt. In den 100 größten Unternehmen gibt es nur eine Frau in einer Führungsposition: Margret Suckale, Personalvorstand bei der Deutschen Bahn oder sollte man schreiben Personalvorständin? Dass ihre Geschlechtsgenossinnen härter als Männer für Topjobs arbeiten müssen, kann meine Cousine Susann nicht bestätigen: "Mädchen machen es sich schwerer, weil sie denken, sie hätten es schwerer." Die Fakten sprechen leider eine andere Sprache: Frauen verdienen weniger, sind häufiger arbeitslos und seltener Manager. Bei der Vorstellung vonFrauen in Chefsesseln sträubt sich das männliche Brusthaar von 94 Prozent der deutschen Topmanager. Damit ein Unternehmen erfolgreich geleitet werden könne, brauche es nämlich Durchsetzungskraft und Entschlussfähigkeit. Dass die ohne Bartwuchs so was nicht haben, ist seit Urmenschen Gedenken so. Schon damals haben wir Frauen lieber die Höhle gehütet und die Männer jagen lassen. Heute hüten wir wenigstens keine Höhlen mehr und können Kanzlerin oderSoldatin werden. Trotzdem bleiben wir das schwache Geschlecht. Aber in einem Gewerbe hat unsere Hälfte der Menschheit trotzdem klar die Nippel vorn: 95 Prozent der hauptberuflich Prostituierten sind Frauen. Sollten wir darauf anstoßen?
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