Vor Jahren gab es da diesen Kerl, meine beste Freundin und mich: Wir kannten uns kaum, aber meine beste Freundin fand ihn und mich zusammen süß, legte meine Hand in seine, und kurz darauf waren wir zusammen. Jahre später folgte ein anderer Typ, ich entwickelte ein Gefühl von Seelenverwandtschaft, stieß andere für ihn vor den Kopf, und bald trafen wir uns regelmäßig, benahmen uns wie in einer Beziehung – mit einem großen Unterschied: Wir waren nicht zusammen. Ich wollte nicht, zumindest nicht richtig. Dieses Zwischending, halb Single, aber irgendwie doch vergeben, nennt man neuerdings „Mingle“.
Ich war das zweimal, einmal der aktive, einmal der passive Teil, und kann jetzt sagen: Irgendwann nervt's. Anfangs ist es toll, denn man fühlt sich wie in der rosaroten Phase: Man trifft sich, hat Dates, kommt sich näher, lernt sich kennen, kurz: Es ist wunderbar. Warum auch nicht, man mag sich ja. Außerdem ist man als Mingle extrem darauf bedacht, sich auf das Positive zu konzentrieren. Aber das ist sehr schnell vorbei – und wenn dann eigentlichetwas Festes und Offizielles beginnt, gaukeln Mingles weiterhin vor, mit dieser lockeren Situation glücklich zu sein.
Als passiver Part hofft man zwar darauf, weiß aber eigentlich, dass es nicht zu einer Beziehung kommen wird – und findet es darum äußerst schwierig, drüber zu reden. Womöglich fällt dem anderen dann ein, dass schon dieses lockere zu viel ist. Oh Gott! Und genau das denkt der aktive Teil ironischerweise auch. Zumindest das „Oh Gott!“. Denn kaum, dass ein Außenstehender die Frage stellt: „Was ist das mit euch, seid ihr jetzt zusammen?“, könnte dem anderen ja wieder einfallen, dass er eine Beziehung will. Blöd, denn irgendwann erscheint es einem selbst unglaubwürdig, wenn man sich sagen hört: „Ich bin noch nicht bereit für eine Beziehung.“
Oft, wenn man in letzter Zeit etwas über das Thema „Mingle“ liest,herrscht die Meinung vor, man warte auf jemand besseren. Pustekuchen, ich finde, der vorgeschobene Grund kommt der Realität viel näher. Man behauptet, so verletzt zu sein, dass man keine Beziehung will – und hat damit vollkommen Recht. Oder aber man bezeichnet sich als lockerer Mensch, der lieber ungebunden ist – und meint damit eigentlich auch: „Ich habe Angst“. Angst davor, verletzt zu werden, Angst davor, enttäuscht zu werden, den anderen zu verletzen oder – oh weh! – sich womöglich entscheiden und dann mit der veränderten Situation klar kommen zu müssen.
Klar, man will sich nicht mit jedem fest binden und beim ersten Treffen gleich Namen für die Kinder zu planen, wäre maßlos übertrieben. Aber nur wer mutig ist, erlebt auch was! Die Erinnerungen an Mingle-„Beziehungen“ sind nur deshalb so verklärt positiv, weil man sich immer überlegt, was wohl hätte sein können. Es ist, als beginne man, eine Reise zu planen, aber nimmt auf dem Weg zum Flughafen zig Umwege, um sich bloß nicht entscheiden zu müssen, ob man wirklich weg fliegen will. Ehrlich, ich mag Zugfahren, damit beginnt jede gute Reise, auch wenn es manchmal holpert – aber irgendwann, sollte man den nächsten Schritt machen. Heißt, sich entscheiden: Will ich weiter machen, mit dem anderen zusammen, ganz offiziell – oder eben nicht?
Der andere hat Ehrlichkeit verdient, und man selbst auch! Man kann sicher nicht immer nur positiv daraus hervorgehen, wird auf der Reise Herausforderungen meistern müssen oder auch mal streiten, aber: Es ist ehrlicher, als auf Dauer zu behaupten, ein Mingle-Dasein mache glücklich. Es ist mutiger und realer, als all die Gedanken, die man sich macht. Und es gehen echte Erinnerungen daraus hervor – die die eigenen Fantasien manchmal sogar übertreffen.
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