Seitdem die Corona-Pandemie ausgebrochen ist und weltweit Menschen versuchen, persönliche Kontakte zu minimieren, verlagert sich der soziale Austausch noch mehr auf das Internet als früher. Es dient nicht mehr nur der Unterhaltung, sondern soll auch trösten und Zuspruch geben. Verwunderlich ist das nicht, denn Kommunikation und menschlicher Kontakt sind erwiesenermaßen essenziell für uns, die soziale Spezies Mensch.
Das Internet ermöglicht es uns, weiterhin Kontakt mit unseren Mitmenschen zu halten. Über Videotelefonie kann man sich mit seinen Freunden treffen, quatschen und herumblödeln. Man kann gemeinsam neue Rezepte ausprobieren oder zusammen lernen. Sogar das virtuelle Anstoßen klappt ganz gut – Stichwort Silvester. Noch lustiger und schöner sind gemeinsame Spieleabende, Quizrunden oder Challenges. Die erfordern zwar manchmal etwas mehr Organisation, sind es aber definitiv wert. Da die netten und oft hilfreichen Flurgespräche mit Kommilitonen oder Mitschülern wegfallen, können Discord-Channel wenigstens ein bisschen Abhilfe schaffen. Hier kann man sich Tag und Nacht auf verschiedenen Kanälen schriftlich oder per Video über unterschiedliche Themen austauschen und sich gegenseitig Tipps geben. Es ist super, wenn man sich über diese verschiedenen Wege miteinander verbindet, einander hilft und Mut zuspricht. Denn im Lockdown und mit Kontaktverboten passiert es schnell, dass man sich eingesperrt und gestresst fühlt. Man dreht und wendet Gedanken im Kopf so lange hin und her, bis einem alles aussichtlos erscheint. Wenn man dann mal einen Freund oder die Oma anruft und sich richtig ausheult, wird einem oft klar, dass das alles gar nicht so schlimm ist. Oder dass es immerhin noch vielen anderen ähnlich geht.
Mit sozialen Netzwerken holen wir uns also die Außenwelt ins eigene Wohnzimmer und können uns gleichzeitig auch selbst nach außen hin mitteilen und präsentieren. Dieser technisch nachgeahmte persönliche Kontakt ist wichtig. Aber wenn wir ehrlich sind: Wie oft passiert es wirklich, dass man die App öffnet, ein, zwei Stories schaut, ein paar Kommentare liest und dann – motiviert und aufgemuntert – seinen restlichen Tag gestaltet?
Die sozialen Plattformen haben eine enorme Sogwirkung und entpuppen sich oft als wahre Zeitfresser. Fast jeden von uns hat wahrscheinlich die eigene Bildschirmzeit mal überrascht – oder sogar erschreckt. Man fragt sich dann: Was bitte habe ich mir da den ganzen Tag angesehen? Dienste wie Instagram oder TikTok sind mit voller Absicht so gestaltet, dass man immer weiter scrollt, immer mehr Videos schaut und möglichst viel Zeit dort verbringt. Man wird verleitet, hauptsächlich Content zu konsumieren und nur noch selten wirklich selbst aktiv zu kommunizieren. Ein Großteil der Kommunikation auf diesen Plattformen ist nämlich einseitig – und dann doch eigentlich gar keine richtige Kommunikation. Das Ganze birgt die Gefahr, dass wir am Ende doch ganz langsam vereinsamen – und es nicht mal merken.
Wir tendieren dazu, viel zu konsumieren und zu wenig zu tun. Zu selten führt ein inspirierender Inhalt auch tatsächlich zu einer Aktion. Oft verzweifelt man sogar an dem Eindruck, dass andere ihr Leben im Griff haben, ihre Ziele erreichen und nur man selbst hinterherhängt und den ganzen Tag nichts gebacken bekommt. Dabei vergessen wir oft, dass das, was auf den sozialen Plattformen gezeigt wird, nur ein kleiner (oft geschönter) Ausschnitt aus dem Leben anderer Menschen ist. Wir sollten deshalb immer unser eigenes Verhalten und auch die Intention der Influencer hinterfragen. Content zu liefern, der bei den Leuten ankommt und im besten Falle täglich treu verfolgt wird, lohnt sich nun mal. Wie oft handelt es sich also um versteckte Verkaufstaktiken, leere Worte oder einfach nur Selbstdarstellung, die uns dann davon abhalten, unser eigenes, echtes Leben zu gestalten?
Gegen Einsamkeit und Ziellosigkeit helfen Austausch und Menschlichkeit – und ja, zur Not auch über den Bildschirm. Dennoch sollten wir uns nicht darin verlieren, fremden Menschen beim Leben zuzusehen. Wir sollten uns nicht tagtäglich einfach nur berieseln lassen und darüber vergessen, ein eigenes Leben zu führen. Die Welt an sich ist noch immer analog und sie ist es wert, wahrgenommen zu werden. Auch wenn es einem zurzeit erschwert wird, darf man sich nicht völlig in seine heimelige digitale Blase zurückziehen. Denn dort gehen leider viel wertvolle Zeit und viele tolle Ideen verloren. Deshalb: Geht mehr spazieren und ruft doch mal eure Oma an.
Text: Lea Massel