Etwas Selbstreflexion steht jedem gut zu Gesicht – definitiv auch unserer Polimika. Doch auch dabei kommt sie nicht ohne ihre geliebte Meckerei aus. Aber: Genug gemeckert, jetzt müssen mal andere ran. Du vielleicht?
14. December 2015 - 13:21 SPIESSER-Autorin Individuot.
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Du hast immer was zu sagen und einen eigenen Stil? Dann meld dich bei uns per Mail an: redaktion@spiesser.de mit einer kurzen Begründung, wieso du des Mecker-Zepters würdig bist.
Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Mit anderen Worten: Auch wenn ich, die Mukke, die du hörst, kacke finde, heißt es noch lange nicht, dass du sie nun auch kacke finden musst. Wenn auch in manchen Fällen mit knirschenden Zähnen, so müssen wir das einfach hinnehmen.
Aber seit wann kann man auch über Meinungen nicht mehr streiten? „Das ist halt meine Meinung“ ist ein Ausspruch, der mich in den Wahnsinn treiben könnte. „Na und?“, will ich diesem hochnäsigen jemand ins Gesicht schreien, „sie ist trotzdem falsch!“ Mag es daran liegen, dass sie auf falschen Fakten basiert oder aus richtigen Fakten fragwürdig gefolgert wird.
Aber, ohohoh, Mensch, man kann doch einen Menschen nicht in seiner freien Meinungsäußerung einschränken!? Doch, kann man! Muss man sogar, wenn er oder sie Blödsinn erzählt.
Es ist mir vollkommen schleierhaft, in welchem Moment wir angefangen haben, alles, was wir so den lieben langen Tag von uns geben, mit Gold aufzuwiegen. Und warum eigentlich? An der Qualität liegt es in 99 Prozent der Fälle sicherlich nicht. Aber jedem seine betont individuelle und persönliche Meinung zu jedem Mist auf die Nase zu binden, ist zu einer schrecklich nervigen Angewohnheit geworden. Vielleicht ist die oberflächliche Bestätigungskultur daran schuld. Du hast ein Like für irgendeinen meeega tiefsinnigen Post bekommen? Das heißt noch lange nicht, dass der Liker vollkommen d'accord mit deiner Meinung ist. Oder es ist die Blogkultur, die unüberprüft jedem ein Format und eine virtuelle Bühne für seine gedanklichen Auswüchse bietet. Vielleicht liegt es auch einfach in der Natur des Menschen, an dem so genannten „spot light effect“, nach dem wir glauben, dass auf alles, was wir tun, ein besonderes Augenmerk unserer Mitmenschen fällt. Lasst euch gesagt sein: dem ist nicht so. Den meisten ist es herzlich schnuppe, was ihr tut, und das ist auch gut so.
Aber erst mal vor der eigenen Haustür kehren. Ihr merkt schließlich selbst, dass ich hier eine Mecker-Incepetion veranstalte: Ich meckere über das Meckern in meiner Meckerkolumne. Das ist doch albern! „Man nimmt den Mund nicht voll, wenn man die Schnauze voll hat“, schrieb mal mein geliebter Erich Kästner. Und wer hätte es bezweifelt? Er hatte recht. Also will ich mal den Mund halten, räume den SPIESSER-Meckerthron und reiche das Zepter einem hoffentlich würdigen Nachfolger.
Text: Polina Boyko
Teasergrafik: Claudia Wehner
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