Ausschlafen und Nickerchen sind was für faule Säcke, Fleischesser sind Mörder und Kohlenhydrate sind sowieso die Ausgeburt des Teufels. Sich selbst etwas zu verbieten gehört immer mehr zum guten Ton. Aber was soll das Ganze eigentlich? Ich plädiere ja für mehr Kompromisse und weniger Selbstgeißelung.
01. June 2015 - 11:09 SPIESSER-Autorin Individuot.
Je mehr wir uns verbieten, desto schönere und bessere Menschen sollen wir sein. Ausgewogene Ernährung, viel Sport, kein Alkohol, generell nichts Ungesundes, vor dem Schlafen gehen noch „Krieg und Frieden“ auslesen und dann früh ins Bett, um wiederum früh wieder fit zu sein – so lautet der Tagesablauf des schönen, guten, schlauen Menschen. Jeder, der sich gehen lässt, ist schwach und schlecht. Nebenbei stirbt die Spontanität gleich mit der Lebenslust aus.
Dass Stress bereits zum elitären Schwanzvergleich geworden ist, wissen wir ja. Wer nicht gehetzt, sondern ausgeschlafen und tiefenentspannt wirkt, der ist nicht wichtig genug, um viel zu tun zu haben. Oder ist schlichtweg faul. Klare Sache. Dabei ist das eigentlich Gefährliche daran ein Placeboeffekt. Sprich, wer sich die ganze Zeit darüber beschwert, er hätte ja so viel Stress, der hat ihn letzten Endes auch. Aber nicht durch zu viele Aufgaben und zu wenig Zeit, sondern durch sein eigenes Rumgenörgel.
Natürlich könnte man das Phänomen auch auf die bösen, bösen Medien schieben, die uns tagein tagaus mit neuen Diäten und Trainingseinheiten überfallen, mit denen wir uns gefälligst selbst malträtieren sollen. Ergänzt wird das Ganze durch die eingefleischte Panik vor der Lücke im Lebenslauf und dem Wissen, soo viel Wissen darüber, wie sehr unser Konsum nicht nur uns, sondern auch der Umwelt, der Tierwelt und unseren Mitmenschen schadet.
Ja, wir wissen viel von sterbenden Menschen und Tieren, von Umweltkatastrophen und Gesundheitsrisiken. Und ja, das meiste davon lässt uns verzweifeln. Aber heißt das, dass wir uns deswegen nichts gönnen dürfen? Nichts wollen dürfen, das in irgendeiner Art und Weise Schaden anrichten könnte? Natürlich ist das sinnvoll. Aber müssen wir immer nur nach dem handeln, das durch und durch sinnvoll ist?
Ich plädiere ja für mehr Kompromisse und weniger Selbstgeißelung. Ihr könnt ruhig mal in ein Stück Fleisch beißen, wennʼs vom Metzger des Vertrauens kommt. Oder shoppen, wennʼs nicht das zwanzigste Billigtop ist, sondern mal was Ausgefallenes aus der kleinen Boutique um die Ecke, wo noch selbst genäht wird. Oder halt second hand! Ist günstiger und schließlich auch wieder in. Und schlafen, liebe Leute, könnt ihr so viel wie ihr wollt, solange ihr alles auf die Reihe kriegt mit Schule, Uni, Arbeit und Sozialleben. Lasst euch nicht stressen von den schönen, guten, schlauen Menschen, die sich an ihren selbstauferlegten Verboten aufgeilen und ganz übersehen, wie langweilig sie dabei sind.
Text: Polina Boyko
Collage: Anja Nier
Dir gefällt dieser Artikel?
auf Facebook teilen auf WhatsApp teilen auf Twitter teilen auf Google+ teilen
Lesekreise haben den Ruf, eine verstaubte Praxis aus vergangenen Tagen zu sein. SPIESSER-Autor Pierre möchte jedoch anregen, gerade jetzt in Zeiten der Pandemie wieder auf diese Zirkel zurückzugreifen.
Viele Menschen sind der Meinung, politische Debatten könnten aus neutralen Blickwinkeln geführt werden. Aber wem wird zugestanden, diese objektiven Standpunkte einnehmen zu können – und viel wichtiger: wem nicht? SPIESSER-Kolumnist Pierre zweifelt stark an der Existenz einer völlig
Seit Wochen schon geht es in Nachrichten über die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung nur um Weihnachten. Warum sehen wir es als selbstverständlich an, dass zu diesem Feiertag die Kontaktbeschränkungen gelockert werden, und zu keinem anderen?
Oft wird falsch verstanden, was mit Feminismus überhaupt gemeint ist. Der Begriff hat darüber hinaus eine Geschichte hinter sich, die nicht immer ohne Probleme war. SPIESSER-Kolumnist Pierre fragt sich deshalb: Warum taufen wir ihn nicht einfach um? Und liefert die Antwort auf diese Frage gleich mit.
Bevor Pierre nach Hildesheim gezogen ist, konnten die meisten Personen in seinem Freundeskreis nichts mit der Stadt anfangen. Er auch nicht. Nach seinem Bachelorstudium im beschaulichen Marburg hatte er eigentlich in die Großstadt seiner Träume ziehen wollen: Frankfurt am Main. Doch es kam anders.
Wer Bewerbungen schreibt, steht unter immensem Druck. Die eigenen Fähigkeiten müssen in kürzester Form präsentiert werden. Immer öfter geht es dabei aber scheinbar noch um etwas anderes – darum, besonders verliebt in seinen Job zu sein.
Was tun, wenn sich herausstellt, dass die Autorin der eigenen Lieblingsbücher öffentlich transfeindliche Ansichten propagiert? SPIESSER-Autor Pierre hat sich diese Frage gestellt - und kommt zu einer klaren Antwort.
Christliche Influencer, sogenannte „Christfluencer“, tragen nicht einfach ihren persönlichen Glauben nach außen. Sie vermarkten ihn vielmehr – wie ein Lifestyle-Produkt. Dabei nutzen sie modernste Kommunikation, um zu missionieren und aktiv gegen Werte wie die Gleichberechtigung
Was in Hanau am 19. Februar passiert ist, war für viele ein Auslöser von Angst. Tatsache ist aber, dass diese Angst für viele People of Colour in Deutschland Alltag ist.
Die Philosophie hat einen schlechten Ruf. Sie steht im Verdacht, ein Studienfach für Menschen zu sein, die schlicht nichts Besseres mit ihrem Leben anzufangen wissen. Dabei ließe sich gerade mithilfe der Philosophie unsere durchökonomisierte, neoliberale Gesellschaft auf den Kopf stellen.
Allgemeinbildung heißt heute Google, sagen manche. Aber das reicht nicht. Die Welt ist so kompliziert geworden, dass man leicht den Überblick verliert. Woher soll man wissen, was man wissen muss? Ein Gespräch zwischen Vater und Sohn.
Wovon darf Angela Merkel keine Ahnung haben? Wann dürfen Politiker Fehler machen? Und warum wissen wir alles besser als sie? Politiker haben riesige Verantwortung, keine Freizeit und Gegner auf allen Seiten. Für unsere Demokratie muss ein anderes Bild über sie her.
Mal ehrlich: Bargeld ist so modern wie der Dieselmotor, Atlanten oder Telefonzellen. Eine Zukunft hat es in einer digitalen Welt nicht. Zeit loszulassen, auch wenn das „dem Deutschen“ schwerfällt.
Orientierungslos blieben die eingesessenen Politikprofis zurück nachdem ein junger interessierter Mann mit auffälliger Frisur plötzlich den dunklen Raum der Politik für Jugendliche öffnete. Und die Erwachsenen reagierten, als würden sie von ihren Kindern beim Sex erwischt.
Bilder von Kindern gehören nicht ins Internet. Denn auch sie haben ein Recht auf Privatsphäre wie jeder von uns. Und selbst würde wohl keiner ein Bild von sich beim Kacken, Kotzen, Heulen oder Nacktbaden hochladen.
Bei Konservativen ist es cool geworden, nicht mehr „politisch korrekt“ zu sein. Aber was heißt das überhaupt und warum sollte man erst denken und dann sprechen?
Wer spricht schon über Loyalität? Meistens die Leute, die sie von anderen einfordern oder sich selbst damit brüsten wollen, wie loyal sie doch sind. Oh, und Rapper natürlich. Echte Loyalität aber sollte nichts anderes sein als eine unausgesprochene Selbstverständlichkeit.
Unser Kolumnist Max schaut sich einen Text von sich selbst an, in dem er nach dem Abi verzweifelt auf die Welt der Erwachsenen geschaut hat. Heute sieht er vieles anders. Ist vielleicht doch nicht alles so scheiße, wie es manchmal scheint.
Bei den Reaktionen auf das Rezo-Video fällt auf: Nicht nur die CDU versteht die Jugend nicht mehr, auch Medienmacher haben den Zugang zur jungen Generation verloren. Vielleicht braucht es die Jungen, um den Alten etwas zu erklären.
Unsere Gesellschaft ist so gleichberechtigt wie noch nie zuvor. Trotzdem gibt es einige empörte Feministinnen und Feministen, die anscheinend nicht an Gleichberechtigung interessiert sind und damit die Glaubwürdigkeit und den Wert ihrer Bewegung untergraben.
Liebe Freundinnen des Rosas und Pinks, der Blumen und Schokolade – der Valentinstag ist mit seinem Kitsch und seinen Klischees mal wieder über uns geschwappt. Und wisst ihr was? Ihr könnt ihn haben, euren Prinzessinnen-Tag. Besser gesagt: Haltet ihn uns ja vom Leib!
Nicht Weltmeister, kein Finale, nicht mal Dritter. Die Handball-Heim-WM hat Deutschland in den Bann gezogen – und am Ende flossen bittere Tränen. Die deutsche Mannschaft löste Zuschauerrekorde in den Hallen und an den Bildschirmen aus. Doch scheinbar nur, weil der grausame Riese Fußball
Ein Anfang kann eine Chance sein, ein Risiko, das Ende einer Ära, ein leeres Blatt. Das neue Jahr beginnt und bringt tausende neue Anfänge mit sich. Manche ganz willkürlich, andere sehr geplant. Aber wer den Jahreswechsel braucht, um sich selbst neu zu erfinden, der hat wirklich ein Problem.
Was macht einen Menschen eigentlich zum Mensch? Wie hilft die moderne Technik dabei? Werden Maschinen bald bessere Romane schreiben als Menschen? Über diese und andere Fragen hat sich SPIESSER Autorin Katharina Gedanken gemacht.
Das Wetter war selten so nervig und ekelhaft wie in den letzten Tagen und Wochen. Es ist kalt, es regnet, es schneit, verdammte Hacke! Ich finde, es wird höchste Zeit sich mächtig aufzuregen über diese Frechheit.
Was macht einen Menschen eigentlich zum Mensch? Wie hilft die moderne Technik dabei? Werden Maschienen bald bessere Romane schreiben als Menschen? Über diese und andere Fragen hat sich SPIESSER Autorin Katharina Gedanken gemacht...