Frauke von Polier, Personalchefin bei Zalando, lud zur SPIESSER Mittagspause. Warum die klassische Bewerbungsmappe fast ausgedient hat und wie sie es selbst mit dem Shoppen hält, das erklärt die Wahlberlinerin SPIESSER-Autorin Anne Juliane bei Cappuccino, Linsen-Salat und belegtem Bagel.
31. August 2015 - 16:21 SPIESSER-Autorin JuliANNE.
„Schrei vor Glück“ – diesen Werbeslogan können viele spielend Zalando zuordnen. Frau von Polier, wann hätten Sie denn zuletzt vor Glück schreien können?
Ich bin relativ frisch Mama eines kleinen Jungen geworden. Den eigenen Nachwuchs in den Armen zu halten, das ist ein unbeschreibliches Gefühl! Zudem war es für mich schön zu sehen, dass man Kind und Karriere bei Zalando gut miteinander verbinden kann: Ich war in der Babypause und bin nun in dieselbe Position zurückgekommen.
Ein Vorstellungsgespräch bei Frauke von
Polier? Könnte doch ganz entspannt
werden.
Neckermann, Quelle und Otto sind drei Versandhäuser, die für das deutsche Wirtschaftswunder standen. Mittlerweile ist nur noch eines übrig. Warum ging es mit dem klassischen Versandhandel bergab?
Digitalisierung und das veränderte Konsumentenverhalten sind Gründe. Mit dem Aufkommen des Internets hat sich die Angebotspalette enorm vergrößert. Interessenten waren nicht mehr auf einen Markt angewiesen, sondern konnten ihre Produkte von nahezu überall beziehen und Angebote einfacher vergleichen. Diese Entwicklung hat den klassischen Versandhandel unter Druck gesetzt. Für uns ist klar: Wir müssen unseren Kunden ein Einkaufserlebnis bieten. Nur so kommen sie wieder gern zurück.
Darum ist die Frage, die uns am meisten umtreibt: Was möchte der Käufer? Mit den heutigen technischen Möglichkeiten kann man ihnen sehr viel mehr bieten – von der Beratung bis hin zur persönlichen Betreuung.
Zalando verkauft mittlerweile in 15 europäischen Ländern Schuhe und Kleidung und gilt als eines der erfolgreichsten Internet-Start-Ups in Deutschland. Im Jahr 2008 gegründet, machte das Unternehmen 2011 bereits einen Umsatz von über 500 Millionen Euro. Sie sind seit April 2011 dabei. Was macht die typische Zalando-Unternehmenskultur aus?
Wir trauen uns etwas! Wir haben eine frische Art, an Themen und Lösungen heranzugehen. Gleichzeitig wollen wir unseren Mitarbeitern Stabilität geben, und auch einen Ort, wo sie wachsen können.
„VP People & Organisation bei Zalando SE“ – so die Jobbezeichnung auf Ihrem Xing-Profil. Und das Ganze jetzt mal bitte im Klartext?
Ich bin Personalleiterin bei Zalando. Das heißt, ich beschäftige mich viel mit der Frage: Wie können wir für die Menschen, die hier tätig sind, ein richtig gutes Arbeitsumfeld schaffen? Ein Aspekt umfasst die Organisationsentwicklung, die alle Arbeiten der klassischen Personalarbeit beinhaltet, aber eben auch zusätzlich Kultur, Bildung, interne Kommunikation und Employer Branding.
Was macht Zalando als Arbeitgeber insbesondere für junge Menschen so attraktiv?
Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 29 Jahren – das zeigt, dass wir jungen Menschen viel
zutrauen. Sie haben bei uns die Möglichkeit, Jobs zu machen, bei denen sie wirklich gestalten können. Sie
drehen nicht an einem kleinen Rad, sondern wissen genau, was ihr Beitrag ist. Gleichzeitig liefern wir das
professionelle Umfeld, in dem sie dazulernen können.
Bitte mal zwei Zahlen: Wie viele Mitarbeiter hat Zalando deutschlandweit? Und wie viele Bewerbungen landen pro Monat in Ihrem Postfach?
Hierzulande haben wir über 8.000 Mitarbeiter. Zalando verkauft in 15 Ländern – operiert wird aus Berlin. Das heißt, dass wir hier in der Zentrale ein sehr internationales Umfeld haben. Im Monat erreichen uns knapp 5.000 Bewerbungen.
Frauke von Polier
Mode, Medien, Handel: Frauke von Polier, VP of People and Organisation bei Zalando, kam im April 2011 zum
Versandriesen. 2002 bis 2011 war sie bei der Otto GmbH & Co. KG tätig, unter anderem als Leiterin Recruitment. Ihren Master hat die 38-Jährige am Instituto de Empresa
in Madrid abgeschlossen.
Mal angenommen, ich möchte bei Zalando tätig werden und sende Ihnen meine Bewerbungsunterlagen zu. Worauf legen Sie besonders Wert?
Wir möchten gern mit Leuten arbeiten, die etwas bewegen
wollen, lernfähig sind und sich einbringen wollen. Beim Sichten der Bewerbungen schauen wir in erster Linie nach der Art und Weise, wie sich Bewerber präsentieren. Wir suchen unsere Bewerber auch eher unkonventionell. Denn neben der klassischen Bewerbungsmappe arbeiten wir viel mit LinkedIn- oder Xing-Profilen und suchen dort den ersten Kontakt. Unsere Recruiter sind zudem sehr viel unterwegs, kommen mit Menschen ins Gespräch, bauen Beziehungen auf und netzwerken ständig.
Wenn ich bei Ihnen im Vorstellungsgespräch sitzen würde, welche Fragen würden Sie mir hundert Pro stellen?
Auf jeden Fall: Was möchten Sie, was ist Ihnen wichtig? Was sind Ihre Ziele, wo möchten Sie hin? Darauf sollten unsere Bewerber frische Antworten parat haben.
Sie selbst haben Ihren Master in Wirtschaftswissenschaft in Spanien gemacht, waren danach bei Bertelsmann und Otto tätig. Warum die Entscheidung für Zalando?
Bertelsmann und Otto waren tolle Arbeitgeber. Es gab dann einen Punkt, wo ich sehr viel mit Menschen aus dem Start-Up-Bereich zu tun hatte. Deren Flexibilität hat mich beeindruckt, ebenso wie ihre Fokussierung auf technologische Aspekte. Ich habe zu der Zeit selbst gemerkt, wie sich mein Denken diesbezüglich verändert hat. Technologie ist wichtig, auf Digitalisierung muss man reagieren! Also habe ich beschlossen, dass ich genau in so einem Umfeld tätig sein möchte – und habe mich beworben. Als ich bei Zalando anfing, gab es 300 Mitarbeiter. Dass wir so schnell wachsen würden, war damals nicht absehbar.
Können Sie sich noch an das Bewerbungsgespräch erinnern?
Ja, sehr gut sogar. Mein Bewerbungsgespräch hatte ich direkt mit den Gründern. Dieser Spirit, etwas Großes
erreichen zu wollen, war sehr deutlich spürbar.
Hand aufs Herz: Sie werden tagtäglich mit Verlockungen konfrontiert. Was sagt Ihr Kleiderschrank: übervoll oder alles noch im Rahmen?
Es ist natürlich toll, in einem Fashion-Unternehmen zu arbeiten und inspiriert zu werden. Wenn ich shoppe, dann überwiegend online. Bei mir ist kleiderschranktechnisch alles noch im Rahmen – meine ich zumindest. Es ist ja auch immer die Frage, wen man da fragt. Mein Mann würde sicher widersprechen.
Text: Anne Juliane Wirth
Fotos: Michael Kuchinke-Hofer
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