Fahren, ohne selbst zu fahren – die Idee von autonomen Fahrzeugen klingt nach Science-Fiction? Für den Ingenieur Enrico Wohlfarth (45) und sein Team bei Daimler Trucks ist das schon lange Realität. SPIESSER-Autor Yannick hat den Entwickler auf einer ganz besonderen Fahrt begleitet.
Entwicklungs-
ingenieur Dein Traumjob, denn du …
• denkst schon heute an die Zukunft
• probierst einfach mal was aus
• bist kreativ und denkst immer lösungsorientiert
Das gehört dazu:
• technisches Verständnis und logisches Denken
• schnelle Auffassungsgabe, Kommunikationsstärke und Teamarbeit
Wie du es wirst:
• Uni- oder Fachhochschulstudium
• durch Praktika oder Trainee-Programme für Produktund Marktkenntnisse
Einstiegsgehalt:
• 2.500 - 3.500 Euro pro Monat
Enrico und ich sitzen etwa zwei Meter über der Straße – in einem Lkw. Gemeinsam fahren wir heute von Stuttgart bis zum Hockenheimring. So weit so unspektakulär. Auf der Autobahn drückt Enrico plötzlich auf einen blauen Knopf neben dem Lenkrad, stellt den Tempomat auf 80 Kilometer pro Stunde ein – und nimmt die Hände vom Lenkrad. Das ist keine Mutprobe, sondern sein Ernst! „Jetzt können wir den Truck selbst fahren lassen“, wendet sich Enrico mir zu und lehnt sich entspannt zurück. Währenddessen korrigiert der Lkw eigenständig die Spur, hält den Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen und kommuniziert mit den beiden anderen Mercedes-Benz Actros Lkw hinter uns.
Ganz ehrlich: Ein wenig mulmig ist mir schon zumute. Aber mit Enrico an meiner Seite kann mir nichts passieren, er ist schließlich der Teamleiter für autonomes Fahren bei Daimler Trucks und kennt den Actros, in dem wir sitzen, besser als andere das Innere ihres Kleiderschranks. Durch Außenantennen kommuniziert der Lkw mit denen hinter uns. Es werden Daten ausgetauscht: Bremsen wir, bremsen sie automatisch mit. „Um dieses System umzusetzen, haben mein Team und ich nur wenige Monate Entwicklungsarbeit gebraucht“, erklärt mir Enrico. Ich bin beeindruckt.
Jeder fängt mal klein an
Enricos Weg in den Entwicklungsbereich von Daimler Trucks war lang. „Ich habe erstmal ganz klassisch angefangen: Mit einer Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker.“ Anschließend studierte er Maschinenbau mit der Vertiefung Fahrzeugtechnik in Berlin. Nach einem Praktikum bei Daimler hat er über sieben Jahre lang Fahrerassistenzsysteme für Pkw und Lkw sowie deren Interaktion mit dem Fahrer mitentwickelt. „Ich fand aber schon immer Lkw sehr faszinierend“, erzählt er, während vor uns ein Fahrzeug einschert. Aber alles gut, der Actros bremst – und die beiden hinter uns gleich mit. Mit seiner Begeisterung für die Straßenkolosse hat Enrico dann schnell bei Daimler Trucks die Projektleitung für den Highway Pilot, also den autonom fahrenden Lkw, übernommen.
Ganz schön gewaltig so ein Lkw.
Nun steht Enrico jeden Morgen auf, um sich neue Möglichkeiten auszudenken, die er dann nach der Entwicklungsphase hautnah testen kann. „Die Arbeit bei Daimler Trucks ist sehr abwechslungsreich: Mein Alltag ist geprägt von Konzeptentwicklung, deren Umsetzung und Tests wie diesem heute. Das macht mir unheimlich viel Spaß“, erzählt er begeistert von seiner Arbeit. Für die Zukunft hat er noch einige Visionen parat: „Es könnte ein System geben, bei dem der Fahrer aussteigt und Pause macht, der Lkw dann alleine bei der Spedition zur Laderampe fährt und später wieder zum Pausenbereich zurückkommt.“
Durch die Arbeit von Enrico und seinem Team kommen wir sicher an unserem Ziel an. Endstation ist der Hockenheimring aber nur für mich – für Enrico und den Actros geht die Reise weiter: „Wir fahren noch bis nach Rotterdam und testen unser System auf einer der üblichen Fernverkehrsstrecken.“ Ich bin mir sicher, dass alles glattgeht – und Fahrzeuge wie dieser spezielle Actros schon bald in Serie gehen können.
Text: Yannick Schulze
Fotos: Benjamin Ulmer
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