Das Beruferoulette hat sich wieder gedreht und ist bei SPIESSER-Autorin Eva gelandet: Sie hat sich einmal näher mit dem altehrwürdigen Beruf des Geigenbauers befasst.
27. June 2014 - 11:42 SPIESSER-Autorin Eva Christine.
Geigenbauer – für mich klingt das altmodisch, nach Holzstaub, musikalischem Genie und längst vergangenen Zeiten. Der einzige Name, der mir dazu einfällt, ist Stradivari – und der lebte im 17. Jahrhundert. Als ich beim SPIESSER-Beruferoulette diese Berufsbezeichnung lese, ist der erste Gedanke, der mir kommt: „Gibt es tatsächlich noch Leute, die das machen?“. Darüber, dass Musikinstrumente auch von irgendjemandem gebaut werden müssen, habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht. Das könnte allerdings auch an meiner eher überschaubaren musikalischen Laufbahn liegen, die ihren Höhepunkt schon in der musikalischen Früherziehung hatte.
2.Akt: Recherche
Beim Portal „BerufeNET“ der Bundesagentur für Arbeit finde ich zunächst heraus, dass Geigenbauer nicht nur Geigen, sondern „alle Arten von Streichinstrumenten her[stellen], justieren […] und die Tonqualität [überprüfen]“. Der erste Teil der Berufsbezeichnung ist also etwas irreführend. Der zweite hingegen trifft es genau. Immer ist von Handwerk die Rede.
Yvon Calvez ist Geigenbauer aus Münster.
Um Geigenbauerin zu werden, müsste ich eine dreijährige Ausbildung in einem Betrieb oder an einer Schule, zum Beispiel der berühmtesten deutschen in Mittenwald, absolvieren. Von dieser erzählt mir Yvon Calvez, 59, der seine kleine Werkstatt in einer ruhigen Gasse in Münster hat, und an den ich mich wende, um mir ein realistisches Bild vom Berufsalltag zu machen. Er erzählt: „Zu mir kommen viele junge Leute mit der Frage nach einem Ausbildungsplatz.“ Ich muss zugeben: Ich bin überrascht. Zu dem altmodischen Bild, das ich von einem Geigenbauer habe, passt die Vorstellung von Scharen an jugendlichen Bewerbern nicht wirklich. Doch jetzt erfahre ich, dass auch die große Berufsfachschule nur einen Bruchteil ihrer Bewerber annimmt. Auf deren Homepage stelle ich fest, dass die Liste der Zugangsvoraussetzungen mich schon beim Anschauen leicht überfordert. Neben den üblichen Unterlagen werden Dinge wie eine „Begründung der Bewerbung“, „Nachweis über […] regelmäßigen Unterricht auf einem Instrument […] mit Angabe des erarbeiteten technischen und musikalischen Repertoires“ und „Zeichnungen (DIN A4), freihand“ verlangt.
Geigenbauen ist Maßarbeit!
Auch Yvon Calvez bestätigt, was durch die erwünschten Nachweise über einwandfreies Seh- und Hörvermögen deutlich wird: „Ein Geigenbauer muss sehr genau arbeiten können.“ Er zeigt mir eine Linie, die längs über einen unfertigen Geigenkörper verläuft: „Da reichen keine Zenti- oder Millimeter, das muss einfach passen.“ Die Gelegenheit für diese Genauigkeit gibt ihm sein ruhiger Alltag. Nur unterbrochen von einigen Kundenterminen, fertigt der Hobby-Musiker nach Vorlagen berühmter Geigenbaumeister wie Stradivari und Guarneri Streichinstrumente, repariert sie und überprüft sie. Noch immer mit traditionellen Methoden. „Also genau so wie vor hundert Jahren?“ frage ich. „Wie vor vierhundert Jahren!“ lacht der Meister. Das Holz, mit dem er baut, lagert er zum Teil seit 1980 – denn es muss gut durchgetrocknet sein. Das führt mir vor Augen, was für diesen Beruf wohl auch ganz wichtig ist – vor allem, wenn man wie der Münsteraner und viele andere Geigenbaumeister selbstständig ist: Selbstorganisation. Ein Alltag ohne lästige Chefs und Vorgaben, mit viel Eigenverantwortung. Würde ich mir das zutrauen?
3. Akt: Fazit
Ich komme zu dem Schluss, dass die Verantwortung für mich kein Problem wäre, denn selbstbestimmt arbeite ich gerne und gut. Dafür würden mich aber nahezu alle anderen Anforderungen vor riesige Hindernisse stellen. Wie schon anfangs erwähnt, könnte ich wohl auf keinem Instrument mehr als ein Kinderlied spielen und bei Tönen, die offensichtlich so schief sind, dass musikalische Menschen die Flucht ergreifen, zucke ich kaum mit der Wimper. Darüber hinaus ist meine Geschicklichkeit und Geduld bei manchen berühmt – für ihr Nicht-Vorhandensein. Schlechte Voraussetzungen für handwerkliche Arbeit im stillen Kämmerlein an einem Instrument, dass ich noch nicht einmal ausprobieren könnte. Das überlasse ich gerne denen, die ihre ganze Begeisterung in diese Arbeit stecken möchten – und freue mich, dass es davon auch in diesem traditionellen Beruf wohl noch viele gibt.
Text: Eva Strehlke
Fotos: Flickr-User FaceMePLS (CC BY 2.0), privat
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