Dieser Beitrag entstand
in Zusammenarbeit mit RWE.
Anne: Wann hast du dich dazu entschlossen, gegen den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes zu demonstrieren?
Tobias ist 34 Jahre alt, wohnt in Stuttgart und hält nichts vom Ausbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Er hat Lebensmittelchemie studiert und tritt als Poetry Slammer auf.
Tobias: Vor sechs Jahren. Ich war gerade von Dresden nach Stuttgart umgezogen, als ich erstmals von dem geplanten Bahnhofsprojekt hörte. Meine Stuttgarter Freunde erzählten mir, sie glaubten nicht daran, dass es so billig sein würde, wie offiziell versprochen. Daraufhin habe ich mir die ganzen Unterlagen zu Stuttgart 21 durchgelesen. Darin stand, der gesamte Bahnhof sei auf 32 Züge in der Stunde ausgelegt – und das ist weniger als jetzt. Damit stand für mich fest, dass ich gegen das Projekt bin.
Wie ging es dann weiter? Wie hast du protestiert?
Am Anfang habe ich noch nicht wirklich protestiert. Da glaubten wir alle noch, wir machen bei der Unterschriftensammlung mit und dann bekommen wir den Bürgerentscheid. Denn der Oberbürgermeister hatte versprochen, sollten die Umbaukosten steigen, gäbe es einen Bürgerentscheid. Als dieser ausfiel, fühlte ich mich einfach nur verarscht. Damit habe ich auch mein Vertrauen in Politiker verloren. Von Ende 2009 bis zur Volksabstimmung im November 2011 bin ich dann regelmäßig zu Demonstrationen gegangen, außerdem habe ich zwei Monate im Schlossgarten gezeltet und mich mit zwei Freunden an einen Baum gekettet, der für den Umbau gefällt werden sollte.
Was hattest du dir von deinem Protest erhofft?
Ich hatte gehofft, dass sie das Projekt Stuttgart 21 beerdigen. Der Umbau des Bahnhofs ergibt für mich keinen Sinn, weil es dadurch zu keinen Verbesserungen im Bahnverkehr kommt. Ein Kompromiss wäre in meinen Augen aber auch nicht möglich gewesen. Damit der Bahnhof die versprochene Kapazitäten bieten würde, hätte er zehn zusätzliche Gleise gebraucht, aber dafür ist zu wenig Platz. Die Pläne hätten also gar nicht für einen Kompromiss geändert werden können.
Stuttgart 21 - Was ist das eigentlich?
Das Projekt Stuttgart 21 bezeichnet den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs und den Ausbau verschiedener Zuganbindungen – theoretisch. Die Gegner kritisieren unter anderem, dass sich die Kapazitäten des Bahnverkehrs verringern und das Projekt auch viel teurer ausfällt als angekündigt. Also hofften die Gegner auf einen Bürgerentscheid, für den sie 2007 auch fleißig Unterschriften sammelten. Dieser kam jedoch erst 2011 zustande. Bei diesem haben sich 58,9 Prozent der Teilnehmer für Stuttgart 21 entschieden.
Wie haben andere auf deinen Protest reagiert?
Meine Freunde und Verwandten standen hinter mir, weil sie auch gegen den Umbau waren. Zu meiner Zelt- und Ankettaktion haben aber ein paar Leute gesagt, das wäre zu extrem. Dafür, dass wir uns an den Baum gekettet haben, hat die Staatsanwaltschaft uns sogar angeklagt – als linksextremistische Terroristen, die gewaltsamen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte leisteten.* Wir wurden aber freigesprochen, weil selbst der Polizist bei der Anhörung sagte, wir konnten uns gar nicht zur Wehr setzen, weil wir nun mal an dem Baum hingen.
*Anmerkung der Redaktion: Nach Aussage der Staatsanwaltschaft Stuttgart lautete der genaue Tatvorwurf gegen Tobias „Vorwurf der Nötigung“.
Beim Volksentscheid haben fast 60 Prozent der Stuttgarter für den Bahnhof gestimmt. Was hältst du von dem Ergebnis?
Ich fand es erschreckend, aber absehbar. Die Angstmache der Befürworter hat funktioniert. Sie haben den Leuten eingeredet, dass bei einem Abbruch des Projektes 1,5 Milliarden Euro Ausstiegskosten auf uns zukommen würden. Diese Ausstiegskosten waren aber eine Lüge. Denn ungefähr 700 bis 800 Millionen Euro waren Subventionen, die die Bahn von der Stadt bekommen hat und uns gar nicht betreffen. Wenn man noch ein paar andere Beträge abzieht, die da gar nicht dazu gehören, bleiben noch rund 500 Millionen Euro übrig.
Sollte es mehr Bürgerbeteiligung in Form von Volksabstimmungen geben?
Auf jeden Fall. Ich bin ein ganz großer Fan der Schweiz, die machen es richtig. Die machen wegen allem eine Volksabstimmung und beziehen die Bürger ein.
Bei welchen politischen Entscheidungen sollte es Volksabstimmungen geben?
Die Bürger sollten bei Entscheidungsprozessen wie bei der Energiewende, Infrastrukturprojekte, beim Europäischen Stabilitätsmechanismus und der Bankenrettung einbezogen werden. Eben wenn es viele Menschen betrifft und um das Geld der Steuerzahler geht. Bei Gesetzesbeschlüssen muss das nicht sein. Irgendetwas müssen die Politiker ja auch noch zu tun haben.
Lieber Nachwuchsmisanthrop,
Ich habe mit Tobias Heyel ein Telefoninterview zu diesem Thema geführt. Alles was er in diesem Artikel sagt, sind direkte Zitate von ihm aus dem Telefonat. Ich wollte nur die Aussagen eines Protestlers wiedergeben, der sich aktiv gegen STUTTGART 21 eingesetzt hat. Stimmungsmache war nicht mein Ziel. Immerhin habe ich im Infokasten neben dem Artikel Fakten zum Thema STUTTGART 21 dargestellt, die zeigen, dass letztendlich eine Mehrheit für den Ausbau des Bahnhofs gestimmt haben und diesen also unterstützen.
Wir haben deine Bedenken aber als Anlass genutzt bei der Staatsanwaltschaft nach dem exakten Tatvorwurf zu fragen. Ich habe ihn an der entsprechenden Stelle im Artikel als Anmerkung der Redaktion eingefügt. Tobias Bezeichnung der Anklage ist also seine eigene Interpretation des ganzen.
Ich danke dir für den Hinweis und hoffe, dass ich deine Fassungslosigkeit damit etwas aufheben konnte.
Gerade zweifel ich an der ornalistischen Sorgfalspflicht der Spiesserautoren. Oder was hier an "Jornalisten" angestellt wird.
Oder hat es mit dem Sponsoring von RWE zu tun?
Aufjedenfall klappte mir erstmal die Kinnlade runter, als ich die Angklage lesen musste:
" hat die Staatsanwaltschaft uns sogar angeklagt – als linksextremistische Terroristen, die gewaltsamen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte leisteten."
Selbst mir als Laie fällt auf, dass der Staatsanwalt dafür auf irgendeinem Drogentrip gewesen sein musste.
Also hab ich nach der "normalen" Anklage für diese Art von Protest gesucht.
Kurz gegoogelt und was gefunden: "Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte"
Aber Moment in dem gefundenen Artikel geht es auch im Stuttgart21. Bei genaueren hinsehen fällt sogar auf, dass ein gewisser "Tobias" dabei ist. Und zufällig sieht er dem Tobias auf dem Bild hier sehr ähnlich.
Ich bin gerade echt Fassungslos, wie hier in Bildmanier (oder noch dadrunter) Stimmung gegen Stuttgart und die Staatsanwaltschaft gemacht werden soll. Naja, vielleicht kann man das ja mit der jungen Zielgruppen machen. Spiesser setzt vor und es wird gefressen. Oder wie läuft sowas ab?
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Wir haben deine Bedenken aber als Anlass genutzt bei der Staatsanwaltschaft nach dem exakten Tatvorwurf zu fragen. Ich habe ihn an der entsprechenden Stelle im Artikel als Anmerkung der Redaktion eingefügt. Tobias Bezeichnung der Anklage ist also seine eigene Interpretation des ganzen.
Ich danke dir für den Hinweis und hoffe, dass ich deine Fassungslosigkeit damit etwas aufheben konnte.
Liebe Grüße,
Anne
Gerade zweifel ich an der ornalistischen Sorgfalspflicht der Spiesserautoren. Oder was hier an "Jornalisten" angestellt wird.
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Also hab ich nach der "normalen" Anklage für diese Art von Protest gesucht.
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Aber Moment in dem gefundenen Artikel geht es auch im Stuttgart21. Bei genaueren hinsehen fällt sogar auf, dass ein gewisser "Tobias" dabei ist. Und zufällig sieht er dem Tobias auf dem Bild hier sehr ähnlich.
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https://schaeferweltweit.wordpress.com/2012/07/06/gerichtsverhandlung-we...