In der kleinen Seestadt Gelendzhik in Russland gibt es ganz in der Nähe eines behaglichen Fichtenwaldes ein Ort der ganz besonderen "Art". Die freischaffende Künstlerin Nina schenkt hier Müll, der lieblos weggeworfen wurde, ein zweites Leben. Aus ihrer Leidenschaft zur Kunst und der Abscheu gegen Umweltverschmutzung heraus, hat sie eine eigene Galerie gegründet – das „Weiße Pferd“. Das Besondere an ihrer Galerie: Hier kann man Kunst nicht nur ansehen, sondern auch selbst welche erschaffen. SPIESSER-Autor Dmitry hat die Künstlerin besucht.
Dieser Beitrag entstand
in Zusammenarbeit mit RWE.
Nina Nikiforova ist Künstlerin mit Leib und Seele. Ihre
Kunst widmet sie der Umwelt. Foto: privat
Frau Nikiforova, sie leben an der Küste am Schwarzen Meer und stellen aus Müll Kunst her. Wann und vor allem warum sind Sie auf die Idee gekommen, sich dem Thema Umwelt auf eine so ungewöhnliche Weise zu nähern?
Ich selbst nenne es gerne „ökologische Kunst“. Ich verwende vorwiegend Müll, den ich hier an der Küste aufsammle und stelle daraus Wohn- und Landschaftsgegenstände her sowie reine Kunstobjekte. Normalerweise sollten der Müll auf Deponien lagern, doch unheimlich viel davon findet sich leider in Sträuchern oder oder am Strand. Mir war es einfach sehr peinlich, ein gleichgültiger Zuschauer zu bleiben und zu beobachten, wie sich unser Planet allmählich in einen Müllhaufen verwandelt. Deswegen hatte ich die Idee, durch meine Kunst auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Natürlich kann ich die Erde nicht allein sauberer machen. Natürlich reicht der von mir in der Arbeit benutzte Müll nicht, um in materieller Hinsicht zu behaupten, dass das ökologische Problem gelöst sei. Aber dafür kann ich behaupten, dass die Besucher meiner Galerie über die Umweltprobleme nachdenken.
Warum haben Sie Ihre Galerie „Weißes Pferd“ genannt?
Ein weißes Pferd ist bei den Indianern das Symbol für Freiheit, Stärke und Glauben. Sie nahmen weiße Pferde früher immer in neue Länder mit. Die Indianer sagten ihnen nach, dass sie immer den Weg zu sauberem Wasser finden. Ich fand, das passt irgendwie zu mir und der Situation hier an der Küste.
Was wollen Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
Natürlich ist mein Hauptziel, die Aufmerksamkeit der Menschen auf das Problem der Naturverschmutzung zu lenken. Die Bildung der ökologischen Denkweise ist für mich ganz wichtig. Ich finde jeder Mensch muss verstehen, dass er selbst mitbestimmen kann, auf welcher Erde er, seine Kinder und Enkel leben.
Selbstverständlich passe ich dabei ganz besonders auf meine Heimat und die Küste des Schwarzen Meeres auf. Am Eingang zu meiner Galerie steht ein Zaun, der aus 50.000 Flaschen besteht. Ich habe sie alle hier am Strand gesammelt – und zwar nur auf einem kleinen Abschnitt! Leider werden aber immer wieder neue Flaschen angespült. Aber auch, wenn mir die Küste hier besonders am Herzen liegt, so bin ich doch der Meinung, dass man globaler denken muss.
Gibt es viele Menschen, die bereit sind, Sie bei Ihrer Arbeit zu unterstützen? Wie sieht es speziell bei jungen Menschen aus?
Viele Menschen besuchen Nina und ihre Galerie und
packen selbst kräftig mit an. Für Kinder und Jugend-
liche organisiert Nina sogar richtige Projekttage. Foto: privat
Ich war eine erfolgreiche Ärztin und plötzlich ließ ich den Beruf hinter mir und fing an mit irgendwelchem Müll zu arbeiten. Einige halten mich deshalb für merkwürdig, andere aber bewundern meine Kunst.
Meine Familie unterstützt mich bei meiner Arbeit. Ich schätze ihre Nähe und Hilfsbereitschaft. Außerdem kommen jedes Jahr viele Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Regionen des Landes, um meine Galerie zu besuchen und mir zu helfen. So veranstalte ich zum Beispiel das Projekt „Fohlen“ für junge Leute – dazu gehören neben Workshops auch mehrere Wettbewerbe. Ich bringe den jungen Teilnehmern hier bei, dass man mit Müll sorgfältig und seriös arbeiten muss. Denn er selbst ist ja schon ein schlechtes und wertloses Material.
Welche Erfolge konnten Sie mit Ihrer Kunst bisher feiern?
Ich hatte nie die Absicht mit meiner Kunst berühmt zu werden. Meine erste Ausstellung fand 2006 statt. Inzwischen ist meine Arbeit sehr gefragt. Mein Weg ist schwer, aber interessant. Und je weiter ich gehe, desto erfolgreicher werde ich.
Wo kann man sich Ihre Werke ansehen? Veranstalten Sie auch auswärtige Ausstellungen?
In meiner Galerie gibt es eine ständig funktionierende Ausstellung. Außerdem habe ich schon zusätzlich 22 auswärtige Expositionen binnen neun Jahren durchgeführt – was ich für einen Riesenerfolg halte. Ich war in Sankt Petersburg, Sotschi, Krasnodar und Novorosiisk. Außerdem war ich mit meiner Kunst bereits in Museen in Bulgarien, Rumänien, Spanien und der Ukraine.
In Deutschland war ich leider noch nicht. Aber vor Kurzem habe ich mein kulturökologisches Projekt in Sankt Petersburg auf der internationalen Konferenz „Ökologie und die Gesellschaftsentwicklung“ vorgestellt.
Was könnten Sie abschließend allen raten, die, wie Sie, unsere Erde retten möchten? Wie kann man selbst ein Umweltprojekt starten?
Wer selbst ein Umweltprojekt starten möchte, muss sich erst einmal überlegen, von welcher Seite er sich dem Thema nähern will. Ich habe mich damals für die Kunst entschieden. Im Internet findet man aber auch noch viele andere Projekte, die einen inspirieren können oder an denen man sich beteiligen kann.
Text: Dmitry Erokhin Teaserbild: U.S. Fish and Wildlife Service Headquarters, flickr.com, CC-Lizenz (CC BY 2.0)
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