Deutschland kann mit seiner Politik, Industrie und Wissenschaft beispielgebend neue Wege beim Klimaschutz und Energiewandel gehen, während ärmeren Ländern die Mittel, die Bildung und andere Voraussetzungen dafür fehlen. Prof. Dr. Christoph Kottmeier ist Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie. Spiesser-Autorin Anna erzählt er, was ein Klimaforscher macht, wie sich die Meteorologie entwickelt hat und wo er die klimatischen Probleme der Zukunft sieht.
Dieser Beitrag entstand
in Zusammenarbeit mit RWE.
Was macht ein Klimaforscher?
Wir untersuchen die grundlegenden Prozesse in der Atmosphäre im Wechselspiel mit den Landoberflächen sowie dem Eis und dem Ozean. In dem Institut, das ich leite, werden damit auch Modelle verbessert und Klimamodellrechnungen durchgeführt.
Was heißt das genau?
Wir modellieren mit sehr hoher Detailschärfe in einzelnen Gebieten das Klima. Das sind also keine globalen Modelle, sondern regionale, zum Beispiel für Europa oder auch nur für Teilgebiete wie Süddeutschland.
Sind Ihre Vorhersagen, die sie aus den Modellen ziehen eher spekulativ oder treffen die dann auch so sein?
Prof. Kottmeier ist Leiter des Instituts
für Meteorologie am Karlsruher Institut
für Technologie. Foto: privat
Wir interpretieren Ergebnisse von Modellen vorsichtig in die Zukunft. Die Modelle sind sehr gut, das kann man anhand von vergangenen Perioden überprüfen. Dennoch gibt es große Unsicherheiten: Insbesondere darüber, ob sich die Emissionen von den berühmten Treibhausgasen wirklich so verändern, wie in verschiedenen Szenarien angenommen.
Wie weit können Sie also ungefähr vorausrechnen?
Diese Rechnungen gehen sogar einige hundert Jahre voraus. Aber man schaut im Wesentlichen immer auf die nähere Zukunft der nächsten Jahrzehnte. Der zweite Horizont geht bis Ende des Jahrhunderts, weil das noch Menschen erleben werden, die jetzt auch schon auf der Welt sind.
Wo ist denn die Grenze Ihres Wissens? Wo enden die Möglichkeiten und das Wissen der Klimaforscher?
Das Wissen über das zukünftige Klima beruht ja auf unseren Modellen. Diese wurden immer weiter verfeinert, miteinander verglichen und an Daten der Vergangenheit überprüft und verbessert. Dennoch verbleiben natürlich Modellschwächen und diese lassen sich nur durch Sensitivitätsstudien eingrenzen. Es besteht jedoch ein breiter Konsens in der Klimawissenschaft, dass der Mensch inzwischen den grössten Anteil am beobachteten Klimawandel hatte und am zukünftigen haben wird. Es ist vielleicht mit der Medizin vergleichbar. Dort sind auch noch längst nicht alle Krankheiten vollständig erforscht, dennoch tut man alles Mögliche in der Vorsorge und Behandlung.
Welche Auswirkungen hat denn Ihre Forschung auf Politik und Gesellschaft?
Die Politik berücksichtigt die wissenschaftlich fundierten Ergebnisse zum Klimawandel. Die Auswirkung ist schon stark. Da zählt nicht die einzelne Wissenschaftlermeinung, sondern das, was man als Konsens aus der Wissenschaft heraus bekommt.
Ist die Erderwärmung noch zu stoppen? Das Problem mit den Ozon-Löchern haben wir ja auch halbwegs in den Griff bekommen.
Beim Klima ist das ein viel größeres Problem, weil die Erderwärmung generell durch die Nutzung von Energie aus fossilen Brennstoffen entsteht. Da helfen nur ein radikales Einschreiten und ein Umbau in regenerative Energiequellen, wie er in Deutschland schon ganz gut anläuft. Das ist aber weltweit noch nicht der Fall. Ich fürchte, dass wir in diesem Jahrhundert noch auf einer sehr starken Erwärmungskurve bleiben werden. Regenerative Energiequellen sind auch nicht ohne Folgen für die Umwelt. In Deutschland kann man die Probleme und Netzschwankungen aber noch am ehesten in den Griff bekommen. Da sind arme Länder viel schlechter dran. Zum Teil setzen sie immer noch sehr stark auf die Kernenergie, so wie Frankreich oder England. Deutschland ist da inzwischen eine ganz besondere Ausnahme.
Was kommt auf uns zu, wenn alles so weiter läuft wie bisher?
Nach einer Brandrodung in Bolivien. Foto: kiki-blivien, flickr.com (CC BY-ND 2.0)
In Deutschland hat man sich intensiv angeschaut: Was kann und wird passieren, was müssen wir unbedingt machen? Da sehe ich aber in unserem industrialisierten Land mit vielen technischen Möglichkeiten und offenen Menschen keine unüberwindlichen Probleme. Aber es gibt viele Länder auf der Erde, wo es um das blanke Überleben geht. In Afrika zum Beispiel machen sich die Menschen keine Gedanken um ihre Brandrodung im Herbst. Im Frühjahr wollen sie die Äcker freihaben von Insekten, weil sie die Jahresernte gewinnen müssen. Die riesengroßen Probleme der Zukunft liegen daher in den armen Ländern, wo sich teils auch mächtige Industrie entwickelt, etwa in China oder Indien.
Ist Ihr Beruf seit den Diskussionen um den CO2-Ausstoß wesentlich relevanter geworden?
Meteorologie wurde aus der Physik heraus schon vor weit über hundert Jahren gegründet, weil in der Gesellschaft ein großes Interesse für die Wettervorhersage entstand. Das Klimaproblem kam dann dazu und hat sicherlich insgesamt dem Fach Aufwind gebracht.
Und wann kam das dazu? Seit wann betreibt man speziell Klimaforschung?
Die Klimaforschung gab es in gewisser Weise schon seit Jahrhunderten, aber eher etwas rückwärtsgewandt. Man hat schon Daten gesammelt und sich überlegt, was in der Vergangenheit passiert ist. Die moderne Klimaforschung mit sehr viel Großrechnereinsatz und der Modellierung ging in den 80er Jahren los, also vor etwa 30 Jahren.
Was würden Sie einem Jugendlichen raten, der Meteorologie studieren will, um Klimaforscher zu werden? Ist das ein Beruf mit Zukunft?
Ich sehe das so, ja. Wir haben ja auch eine Menge Studienanfänger jedes Jahr. Man sollte sich nur klar darüber sein, dass es ein Fach ist, das sehr viel Mathematik und Physik verlangt.
Text: Anna Lang
Teaserbild: dmnkhhn, flickr.com, CC-Lizenz (CC BY-ND 2.0)
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