Die Klimakonferenz COP24 in Kattowitz ist zu Ende, die 196 Länder einigten sich am Wochenende auf einen Vertragstext. Zwei Wochen lang kämpfte man zuvor um Details. Wirtschaft, Wissenschaftler und Zivilgesellschaft versuchten, sich bei Nebenveranstaltungen oder Protestaktionen einzubringen – darunter die ehemalige MISEREOR-Freiwillige Maren (21) aus Würzburg.
28. January 2019 - 10:33 SPIESSER-AutorIn lara.sc.
Marens Teilnahme an der COP24 hat eine gewisse Vorgeschichte. „Mein Interesse an Politik begann 2015“, erzählt sie. „Als so viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, wurde ich zum ersten Mal mit dem Elend auf dieser Welt konfrontiert und habe mir Gedanken gemacht, was ich tun kann.“ Sie begann, Freiwilligendienste zu recherchieren und stieß auf MISEREOR. Über das Werk für Entwicklungszusammenarbeit reiste sie 2016 für zehn Monate nach Ost-Timor. Schon damals war der Klimawandel dort deutlich spürbar: Überschwemmungen blockierten die Straßen, gleichzeitig sorgten und sorgen viel zu lange Trockenperioden für Ernteausfälle. „Da ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, was Klimawandel wirklich bedeutet“, erinnert sich Maren.
Die Flaggen der teilnehmenden Länder grüßen am
Eingang zur COP24. Worum es bei der Klimakonferenz
ging, erklärt Lara in einem separaten Artikel.
Zurück in Deutschland begann sie, sich einzulesen und mehr zu engagieren. In Berlin, wo sie Sozialwissenschaften studiert, gibt es viele Gruppen, die zu dem Thema arbeiten. Auch MISEREOR blieb sie dadurch verbunden und als man dort Multiplikatoren für die diesjährige Klimakonferenz suchte, war Maren sofort Feuer und Flamme. Sie bewarb sich und konnte fünf Tage in Kattowitz dabei sein.
„Wir dürfen nicht nur auf uns schauen“
In Polen trafen sich Menschen aus ganz Europa. Auf Initiative der Dachorganisation für katholische Entwicklungsorganisationen aus Europa und Nordamerika CIDSE, tauschten sie sich aus und arbeiteten gemeinsam zu klimarelevanten Themen. „Wir haben versucht, uns gegenseitig zu inspirieren und Ideen zu sammeln“, erzählt Maren. „Wir trafen uns aber auch mit den MISEREOR-Delegierten auf der COP. Die erklärten uns ganz viel, zum Beispiel wie so eine Klimakonferenz abläuft und was aktuell verhandelt wird.“
Deko am französischen Pavillon weist auf das
Kernziel der COP hin: Das Pariser Klimaabkommen
arbeitsfähig zu machen.
Fachlichen Input hat Maren auch von Menschen aus dem Globalen Süden bekommen. Die CIDSE-Kampagne „Change for the Planet – Care for the People“ beschreibt gut, was ihr wichtig ist, nämlich, „dass der globale Süden in den Verhandlungen gehört wird und die Menschen dort, die vom Klimawandel schon heute betroffen sind, mehr zu sagen haben.“ Maren hat in Kattowitz zum Beispiel zwei Frauen aus Zambia und Malawi getroffen und gefragt, was sie sich von der COP erhoffen. „Sie sind sehr auf den Finanzierungsaspekt eingegangen“, erzählt die 21-Jährige, „und auch ich sehe hier vor allem unsere historische Verantwortung, Anpassungsmaßnahmen weltweit voranzutreiben. Einerseits aufgrund der Ausbeutung dieser Länder während der Kolonialzeit. Andererseits treiben ja gerade die Industrienationen den Klimawandel voran, von den Auswirkungen sind aber überwiegend jene Länder betroffen, die geringe Emissionswerte haben. Wir dürfen nicht nur auf uns schauen und müssen die Dringlichkeit zu handeln endlich einsehen. Außerdem müssen die betroffenen, weniger mächtigen Länder auch eine Stimme bekommen.“
Am Wochenende nach der ersten Gipfelwoche nahm Maren an der großen Klimademo in Kattowitz teil – für sie eines der bewegendsten Erlebnisse auf der COP24: „Es waren fast genauso viele Polizisten wie Zivilisten vor Ort. Die standen da im Ein-Meter-Abstand, haben Busse abgefangen. Für mich hatte das etwas von Einschüchterung, in Deutschland läuft das bei friedlichen Demonstrationen ja ganz anders.“ Ein polnischer Aktivist habe ihr erzählt, dass es hier noch nie eine größere Klimademo gegeben habe und die Polizei deshalb so nervös war. „Dabei waren das nur 4.000 Leute, darunter ganz wenige aus Polen! In Deutschland wäre das ein Witz – in Kattowitz waren sie schwer bewaffnet“, erzählt Maren. Die Demo sei exemplarisch für Polens gespaltene Rolle auf der COP24. Zum einen will das Land, dass der Name Kattowitz mit Erfolg verbunden wird, zum anderen blockiert es ambitionierte Klimapolitik und schränkt das Demonstrationsrecht aus Angst vor Eskalation ein.
Im Plenum sprach zum Beispiel der deutsche Staatssekretär
aus dem Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth.
Ergebnisse der Klimakonferenz
Nachdem die Klimakonferenz noch verlängert wurde, steht inzwischen das Abschlussdokument. Von dem Regelwerk für das Pariser Klimaabkommen hatte sich Maren klare, ambitionierte Regeln und Ziele erhofft. Jetzt schließt sie sich der Kritik vieler NGOs an: „Ich hätte mir aufgrund der Dringlichkeit mehr Ehrgeiz der Länder gewünscht. Besonders enttäuschend finde ich, dass konkrete Zusagen für Unterstützung, auch finanzieller Art, der am meisten bedrohten Länder im globalen Süden ausgeblieben sind. Dabei sind diese dringend notwendig, um sich an bereits entstandene Schäden anzupassen und weitere zu verhindern.“
Das Ergebnis der COP24 ist kein totaler Flop, ein neues Momentum für mehr Ambition wurde jedoch nicht geschaffen. Im Licht der Tatsache, dass wir laut Weltklimarat nur noch 12 Jahre Zeit für eine Kehrtwende haben, scheint man kaum vorangekommen zu sein. Maren nimmt trotzdem – oder besser vielleicht gerade deshalb – viel von der Klimakonferenz mit: „Ich möchte radikaler werden, zum Beispiel mehr für meine Meinung einstehen, mich auch mal trauen, die Spaßbremse zu sein. Im Alltag vergisst man das Klima ja doch oft. Dabei geht es hier um etwas sehr Wichtiges – nämlich unser Leben.“
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Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Misereor e.V.
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