Jedes Jahr am 24. Januar wird weltweit der internationale Tag der Bildung begangen. Ungefähr jedes fünfte Kind hat jedoch nicht die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. SPIESSER-Autorin Katharina hat mit Kira Häring, die ein zweijähriges Traineeship zum Thema Grundbildung bei MISEREOR absolvierte, über die Bedeutung und Herausforderungen von Bildung gesprochen. Sie erzählt auch, wie ein Bildungsprojekt in Madagaskar das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ verwirklicht.
19. February 2021 - 10:26 SPIESSER-Autorin Ka.thi.
Seit einigen Wochen sitzen Schülerinnen und Schüler in Deutschland vor ihren Bildschirmen anstatt die Schulbank zu drücken. Was noch vor einem Jahr unvorstellbar schien ist nun Alltag: Der Besuch einer Schule ist vorrübergehend ausgesetzt.
Was in Deutschland ein Ausnahmezustand ist (herbeigeführt durch ein Virus), ist in vielen Ländern dieser Welt auch unabhängig von einer Pandemie Realität. Im Jahr 2020 hatte jedes fünfte Kind weltweit nicht die Möglichkeit eine Schule zu besuchen. Die Covid-19-Pandemie verstärkt diesen Trend, denn die technische Ausstattung für Fernunterricht ist eine Herausforderung für Schulen in Ländern, in denen selbst die Nahrungsversorgung nicht immer gewährleistet ist. Der Unterricht fällt dort oft komplett aus.
Grundbildung ist mehr als Lesen, Schreiben, Rechnen
Kira Häring von Misereor weiß, wie wichtig die Grundbildung für die Entwicklung eines Kindes aber auch für eine ganze Gesellschaft ist: „Kinder lernen durch Bildung, die Welt zu verstehen.“ Es sei wichtig, Bildung nicht nur als reines Vermitteln von Lesen, Schreiben und Rechnen aufzufassen: „Das gehört natürlich dazu, aber auch Soft Skills und Sozialkompetenzen sind wichtiger Bestandteil einer Grundbildung.“
Gute Bildung kostet Geld. Neben der Infrastruktur – einer grundlegenden Ausstattung wie Stühle, Tische und Lehrmaterialien – ist auch die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer teuer und gleichzeitig essenziell. Diese Kosten müssen oft die Schülerinnen und Schüler selbst in Form von Schulgebühren decken. „Kostenlose Bildung ist leider nicht selbstverständlich“, erklärt Kira. „Es wäre wichtig, dass Staaten in Bildung investieren. Der allgemeine Rat der UNESCO lautet, 15 bis 20 Prozent aller Ausgaben in Bildung zu stecken. In der Realität ist die Zahl deutlich geringer und auch Länder wie Deutschland geben international zu wenig Geld für Bildung aus.“ Das liege auch daran, dass sich Erfolge im Bildungssektor erst Jahre später auszahlen würden, erklärt Kira. Deshalb versuchen Organisationen wie MISEREOR mit lokalen Partnern zu kooperieren, so dass in Zukunft jedes Kind die Möglichkeit hat, eine fundierte Bildung zu genießen.
Ein Beispiel für die Projektarbeit von MISEREOR ist das Programm des Partners VOZAMA in Madagaskar. Ziel des Projektes ist es, Schulunterricht in ländlichen Regionen anzubieten. In dem Inselstaat kann rund ein Drittel der Menschen nicht lesen und schreiben und gerade abseits der Städte ist der Weg zur nächsten Schule oft kilometerweit. Neben der zur Verfügungstellung von Schulmaterialien und der nötigen Infrastruktur versucht der MISEREOR-Partner das Projekt nachhaltig zu gestalten: „VOZOMA bildet Lehrkräfte selbst zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus“, erklärt Kira. Damit folgt das Projekt dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Im besten Falle heißt das, dass äußere Hilfe irgendwann nicht mehr notwendig ist und das Projekt sich selbst trägt. An den Dorfschulen zeigt sich auch, dass Bildung viel mehr ist, als stumpf vor sich hin zu lernen: Aktivitäten nach dem Unterricht, wie die Aufforstung der Umgebung, tragen dazu bei, dass sich die gesamte Dorfgemeinschaft an den schulischen Anstrengungen beteiligen kann und sich somit weiterentwickelt. Und nicht zuletzt können die Schülerinnen und Schüler durch ihre Grundbildung auch weiterführende Schulen besuchen, was ihnen schließlich hilft, aus dem Armutskreis zu entkommen.
Gleichberechtigung auch in der Bildung
MISEREOR bietet auch Unterrichtsmaterial & Angebote für die Schule hier in Deutschland und veranstaltet einen eigenen Schulwettbewerb. Alle Informationen dazu findet ihr auf misereor.de/mitmachen/schule-und-unterricht
Dass Bildung ein Menschrecht ist, heißt auch, dass Frauen, die rund die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, dieses Privileg nicht vorenthalten werden darf. „Das traditionelle Rollenverständnis in einigen Ländern führt dazu, dass viele Familien keinen großen Sinn darin sehen, in Bildung für Mädchen zu investieren“, erklärt Kira. Oft bestehe die Rolle der Frauen und Mädchen darin, sich um die Familie und den Haushalt zu kümmern. Abgesehen davon, dass dieses Rollenverständnis zu diskutieren wäre, ist das für Kira in sich paradox: Denn auch und gerade bei der Versorgung der Familie ist eine Grundbildung sehr wichtig, beispielsweise wenn es darum geht, kranke Kinder zu versorgen. Mehr weibliche Bildung kann lebenswichtige Effekte haben und unter anderem dazu beitragen, Kindersterblichkeit zu reduzieren.
Der internationale Tag der Bildung ist vor allem dazu da um Aufmerksamkeit zu erregen, zu zeigen wie wichtig es ist, über Bildung zu sprechen und zu verdeutlichen, dass der Zugang zu Bildung rund um den Globus immer noch nicht selbstverständlich ist. Eines der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen besagt, allen Menschen bis 2030 die Chance auf hochwertige Bildung zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist aber noch viel zu tun. Kira weiß, dass man sich auch als junge Erwachsene für dieses Ziel engagieren kann: „Der erste Schritt ist sicherlich, sich zu informieren, um danach Aufmerksamkeit zu schaffen“ beschreibt sie. „Schreibt Briefe an eure Abgeordneten mit Forderungen zu einer gerechteren Bildung, erzeugt politischen Druck.“ Sie verweist dabei auch auf die Abteilung Bildung und Pastoral von MISEREOR, die Schulklassen und anderen Gruppen weiterführende Materialien rund um das Thema Bildung zur Verfügung stellt. Kira ist überzeugt davon, dass auch Jugendliche in Deutschland einen Unterschied machen können: „Bei der Fridays for Future-Bewegung haben wir gesehen, mit welcher Energie sich junge Menschen engagieren können, das geht auch beim Thema Bildung so.“
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Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Misereor e.V.
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