Er kühlt, löscht und ist dennoch kein Softdrink: Die Rede ist vom Kurzzeit-Großkältespeicher in Chemnitz. Warum man in diesen Breitengraden Kälte speichern will und was die Feuerwehr damit zu tun hat? Bloggerin Annemarie hat Dr. Thorsten Urbaneck von der TU Chemnitz für euch ausgefragt.
23. July 2013 - 11:51 SPIESSER-Redakteurin Annemarie Walter.
Dieser Beitrag entstand
in Zusammenarbeit mit RWE.
„Der erste Kurzzeit-Großkältespeicher Deutschlands", so wurde er 2007 genannt. War Deutschland etwa das letzte Land mit diesen Speichern?
Dr. Thorsten Urbaneck ist Bereichsleiter für
Thermische Energiespeicher an der TU Chemnitz
und sorgt für kühle Luft im Kaufhaus.
Nein. Ab Mitte der 90er gab es zwar insbesondere in den USA schon große Kältespeicher. Dort hat man sie aber aus wirtschaftlichen Gründen gebaut. In Europa geschieht das aus ökologischen Gründen. Die Technik selbst ist schon wesentlich älter und wurde verwendet, um Eis für den Sommer einzulagern. Die Eiswirtschaft wurde dann von Kältemaschinen verdrängt.
Fernwärme ist ein geläufiger Begriff - wie funktioniert Fernkälte?
Das Prinzip ist das gleiche: Eine Zentrale erzeugt Wärme oder Kälte, verteilt diese dann über ein Netz über eine Übergabestation an die Kunden, die die Kälte dann verwenden können.
Dr. Thorsten Urbaneck ist 1,70 Meter groß und
damit zehnmal kleiner als der von ihm entwickelte
Speicherbehälter.
Und welche Gebäude kühlen Sie in Chemnitz?
Insgesamt sind 17 Standorte angeschlossen. Die TU Chemnitz, die Oper, die beiden Einkaufszentren in der Innenstadt und das Kongresszentrum gehören dazu. Allgemein versorgt der Großkältespeicher vor allem Rechen- und Einkaufszentren.
Großkältespeicher – wie groß ist groß?
Unser Großkältespeicher hat eine Leistung von fünf Megawatt. Eine Autoklimaanlage läuft beispielsweise im Kilowattbereich. Grundsätzlich würde ich sagen, dass ein Speicher auch mit einem Megawatt groß ist. In unseren Speicher passen 6,5 Millionen Liter Wasser.
Wie kam es denn zum Kurzzeit-Großkältespeicher in Chemnitz?
Weil es in dem extrem heißen Sommer 2003 in der Fernwärme Probleme mit der Kühlung gab, kam der Betriebsingenieur auf uns zu und wir haben eine Lösung für ihn gefunden. Daraufhin bekamen wir die notwendigen Fördergelder für den Kältespeicher.
Dr. Thorsten Urbaneck (l.) in der Steuerzentrale
des Großkältespeichers Chemnitz.
Wie wird denn das Wasser im Kurzzeitspeicher gekühlt?
Es gibt zwei Kreisläufe. In dem einen, dem Lösungskreislauf, befindet sich Salzwasser. Das wird erhitzt, sodass Wasserdampf und eine stark konzentrierte Salzlösung entstehen. Beides wird getrennt, der Druck gesenkt und so wird der Dampf wieder zu Wasser. Der zweite Kreislauf ist der Wasserkreislauf. Dort wird in den Rohren das warme Wasser von den Gebäuden zugeleitet. Das Wasser aus dem ersten Kreislauf wird auf diese Rohre gegeben, nimmt die Wärmeenergie auf und verdampft. Dieser Dampf wird von der Salzlösung absorbiert und damit steht wieder Salzwasser zur Verfügung. Das Wasser aus den Gebäuden hat dann noch etwa fünf Grad, kann gespeichert oder zurückgeleitet werden.
Insgesamt klingt das nach einer tollen Entwicklung. Warum ist das, zumindestest in der Bevölkerung, kaum bekannt?
Nun ja, es gibt viele Konkurrenztechnologien. Außerdem funktioniert das Rohrleitungssystem natürlich nur bei hohen Leistungsdichten, also großen Baugebieten. Wenn man nicht alles wieder aufbuddeln will, muss man von vorneherein planen. Insofern kann man verstehen, dass die dezentralen Klimaanlagen, die zwar oft nicht effizient sind, bei den Menschen beliebt sind.
Wofür kann die Technik noch verwendet werden?
Als Löschwassertank. Solche großen Becken müssen überall für den Notfall rumstehen: an Flughäfen, Kliniken und und und...
Text: Annemarie Walter Fotos: Mario Steinebach, Bildarchiv der Pressestelle der TU Chemnitz/ Wolfgang Thieme
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