Nora Füllenkemper, 21, Harry Potter-Fan, hat nach 300 Fan-Artikeln aufgehört zu zählen
Aus purer Not
Ein Urlaub in Dänemark. Nichts um mich herum, außer Wälder. Was tun? Ich griff aus purer Not zum Harry-Potter-Buch meiner Mutter. Ein Junge, der zaubern kann? Eine Schule für Hexerei und Zauberei? Sport auf fliegenden Besen? Ich konnte nicht mehr aufhören. Mein Urlaub war gerettet und meine Liebe zu Hogwarts geweckt. Mir wurde schnell klar, dass mit mir und Harry wird was Ernstes.
Ich war verliebt
Kaum aus dem Urlaub zurück, kaufte ich mir alle Bände. Ich las sie nicht genüsslich, ich verschlang jede einzelne Silbe. Mit Freundinnen stellte ich mir vor, wir würden die Zauberschule besuchen. Mir war klar, dass ich nur fest genug gegen die Wand am "Gleisneundreiviertel" laufen musste, dann würde ich den roten Hogwarts-Express schnaufen hören. Wir träumten davon mit elf Jahren eine Eule mit dem ersehnten Brief aus Hogwarts zu bekommen. Ich würde natürlich nach Gryffindor kommen. Für uns gab es all das wirklich. Harry begleitete mich auch in der Schule (Blöcke, Stifte, Spiele) und danach. Ich hatte ein eigenes Set, mit dem ich Zaubertränke brauen konnte und ein elektronisches Buch mit allen Infos rund um die Zauberwelt. In meinem (natürlich!) Harry-Potter-Kalender war die Nacht, bevor ein neues Harry-Potter-Buch rauskam, rot angestrichen. Ich bin immer in die Lesung im örtlichen Buchladen gegangen. Natürlich war man themengerecht verkleidet. Als Hermine, Ron, Harry oder Professor Snape. Um Punkt Mitternacht konnte man sich dann endlich das neue Buch kaufen. Meine Mutter hat die Bücher regelmäßig nach den Kämpfen im Buchladen einkassiert. Ich habe wach gelegen und gehofft, dass die Nacht nicht allzu lange dauern möge. Harry Potter war mein Heiland.
Erinnerung
Harry, Hermine und Ron sind mit mir älter geworden. Die Charaktere waren für mich liebgewonnene Menschen, sie waren für mich wie ein Teil der Familie. Ich habe geweint, wenn Figuren gestorben sind und mitgefiebert beim Kampf Harry gegen Voldemort. Bis heute lese ich zumindest eins der Bücher einmal im Jahr. Sie sind für mich wie Fotoalben aus meiner Kindheit, mit Worten statt mit Bildern. Ich habe jetzt zwar keine Harry-Potter-Kalender mehr, aber eine Kette mit einer Hexe trage ich trotzdem noch jeden Tag. Und wer weiß, vielleicht kommt irgendwann auch für mich eine Eule mit einem Brief aus Hogwarts.
Simone Bauer, 23, Placebo-Fan, konnte mit Placebo ihren ersten Herzschmerz überwinden
Eiskalt erwischt
1999, „Eiskalte Engel“, Anfangssequenz mit Ryan Philippe, im Hintergrund läuft Placebos „Every You Every Me“. Ich schaltete wegen Sarah Michelle Gellar ein und blieb wegen der delikaten Stimme eines Mannes, der mich seitdem nie wieder losgelassen hat. Es hilft natürlich auch ein bisschen, dass Frontmann Brian Molko mein absolutes Männerideal verkörpert (dünn, tolle Augen, schönes Haar, wahnsinnig schlau und lustig). Und so lieferte das Trio Placebo bald den Soundtrack zu meinem Leben: Lernsessions zum Realschulabschluss zu „Meds“ und dabei mein erstes gebrochenes Herz.
Stundenlang in Dauerschleife
Mein erstes Konzert der drei jungen Herren in der Regensburger Donau Arena – vermutlich war mein Puls danach nie wieder so hoch. Ich erinnere mich, wie ich kurz darauf erfuhr, dass Schlagzeuger Steve Hewitt die Band verließ. Doch die Band zerbrach nicht, wie ich befürchtet hatte, sie erhob sich wie Phönix aus der Asche. Ich habe unzählige Seiten darüber geschrieben, während im Hintergrund Placebo lief. Bei Lektoraten höre ich grundsätzlich nur das Livekonzert von Angkor Wat im Hintergrund, stundenlang in Dauerschleife. Doch nur zu schreiben und zu hören, ist zu wenig, man muss natürlich auch sehen. Und dabei möglichst viel, sodass ich fast jedes meiner 14 Livekonzerte von Placebo in der ersten Reihe verbrachte. Dabei ist es schwierig zu sagen, welches das schönste war. Vielleicht Hamburg, Docks, so intim und klein, dass ich heute noch eine Gänsehaut bekomme.
Für immer
Die Musik meiner Lieblingswahlengländer hat auch nach zwölf Jahren immer noch einen enormen Effekt auf mich und mein Leben. Egal, ob ich unterwegs bin mit guten Freunden, in meinem Lieblingsclub zu „Every You Every Me“ tanze, ich traurig bin oder durchs New Yorker Guggenheim Museum wandere. Placebo ist ein Teil von mir.
Nina Bauer*, 24, Hannover 96-Fan, fuhr für ihren Verein fünf Jahre lang durch ganz Deutschland und halb Europa. Das war zum Teil gefährlich, aber vor allem befreiend. SPIESSER-Autor Henric hat sie von ihrer Ultra-Zeit erzählt.
Heimspiel
„Hätte ich ein anderes Elternhaus gehabt, wäre ich vielleicht nicht in der Szene gelandet. Auch wenn ich zuerst aus Trotz Bayern-Fan war. Als Jugendliche will man ja nicht für den gleichen Verein wie Mama sein.“ Schon Ninas Mutter ist zwei Jahre ihrem Verein in jedes Stadion hinterhergereist. Damals war sie 18. Im gleichen Alter hat auch Nina in die Ultra-Szene gefunden. Ein Freund, der einer Ultra-Gruppe angehört, nimmt sie mit ins Stadion. „Ich hab mich sofort aufgenommen gefühlt, es hat alles gepasst. Genau die richtigen Leute. Ich war in einer neuen Welt und war sofort Teil eines großen Ganzen.“ Zuerst geht sie nur regelmäßig zu Heimspielen, macht aber bald ihre erste Auswärtsfahrt. „Das Spiel selbst ist gar nicht so hängen geblieben. Aber die Fahrt war das Geniale. Vorne sitzen Leute und diskutieren über Politik, die Gruppe war eher linksorientiert, während hinten im Bus Ausnahmezustand war: Es wurde gefeiert und gesungen, neue Texte und Melodien ausprobiert, die man ins Stadion tragen könnte. Ob das Spiel nun gewonnen oder verloren war, die Stimmung war immer gut.“
Ein kleines Los
Die ersten Zweifel, ob sie den Weg weiter durchziehen will, kommen ihr bei ihrer ersten Berührung mit Gewalt. In Bremen kommt es zu einer Auseinandersetzung mit der Polizei, weil Bremer Fans auf Hannoveraner losgehen. Es kommen Schlagstöcke und Pfefferspray zum Einsatz. Verletzt wird glücklicherweise niemand.
„Als ich dann Zuhause davon erzählt habe, sagt mir mein Vater, er fände es Scheiße, dass ich mit leuchtenden Augen davon erzähle. Da hab ich gemerkt, es war eine Grenze überschritten.“ Der Kontakt mit Gewalt bleibt nicht der einzige. Ultras mit Glatze, Bomberjacken und Mundschutz überfallen Nina und ihre Gruppe und es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Und trotzdem sind die positiven Momente stärker. Das Stadion ist der Ausgleich zum Alltag. Hier kann sie schreien, singen, in der Masse frei sein. Radikalisiert hat sie sich aber nie. Konsens in der Gruppe ist, dass man sich nur verteidigt, andere Fangruppen nie angreift. Auch Gegenstände werden nicht demoliert. Für Nina bedeutet Ultra sein extremer Fan sein, sich in der Gruppe treffen, sich für die Spiele Gesänge und Choreos ausdenken, Solidarität in der Gemeinschaft fühlen. Und alles für den Verein zu geben. Dazu gehört auch, durch Europa zu reisen. „Es ist schon abgefahren, wenn du in der Gruppe vor einem Fernseher sitzt und ein kleines Los entscheidet, ob du nur eine Woche später nach Lüttich in Belgien, oder nach Tel Aviv in Israel musst. Aber egal wie, gefahren wären wir immer.“
Mehr Stress als Freiheit
Leider kommt es in der Gruppe zum Bruch, ein linker Teil spaltet sich ab, und überlässt teils gewaltorientierten Fans das Feld. Auch Nina verlässt die Gruppe, will aber Ultra weiter ausleben. Sie reist weiterhin zu Spielen, schaut sich in anderen Gruppen um. Im letzten Jahr wandelt sich die Szene zum Schlechten, wird in ihren Augen stumpfer, und verfolgt nicht mehr die alten Ideale. Sie wird plötzlich krass auf ihr Geschlecht reduziert. „Manche haben ein so verschobenes Frauenbild, da sind männliche Mitläufer mehr Wert, als eine Frau mit jahrelanger Fan-Erfahrung.“ Irgendwann waren die Spiele mehr Stress als Freiheit. Nina zieht sich zurück. „Schade, eigentlich wollte ich das meine ganze Studienzeit durchziehen.“ Um weiterhin Fußball unter Freunden zu erleben und dieses gewisse Freiheitsgefühl zu empfinden, fährt sie nun zu Spielen anderer Vereine und sammelt Stadien, wie andere Briefmarken. „Aber ehrlich gesagt Fußball gucken geht auf dem Fernseher echt besser. Stimmung, Freundschaft und das Drumrum das hat die Ultra- Erfahrung ausgemacht.“
* Name von der Redaktion geändert
Franka Pohl, 21, 50er-Jahre-Fan, leiht sich Kleider nicht von ihrer Freundin, sondern von der Oma
Rot mit weißen Punkten
Mein erstes Pünktchenkleid habe ich mir mit zwölf Jahren gekauft. Dafür ist mein komplettes Taschengeld draufgegangen. Gelohnt hat es sich nicht wirklich. Lediglich einmal habe ich es getragen. Rot mit weißen Punkten auf einem weiten Tellerrock war doch etwas zu viel für die Menschen aus meiner kleinen Heimatstadt. Natürlich ist nicht jeder, der gerne Pünktchenmuster trägt, automatisch ein Fan der 50er Jahre. Bei mir gilt das Interesse neben der Kleidung auch den Ikonen der damaligen Zeit. Marylin Monroe hängt, seit ich denken kann, in Form von zwei schwarz-weiß Portraits in meinem Zimmer. Meine Lieblingsfilme flimmern mit wenig oder gar keiner Farbe über den Fernseher. Als mich dann noch mein Dad zu einem Oldtimertreffen genommen hat, war es um mich geschehen. Ich hatte mich verliebt. Verliebt in einen Mercedes 190 SL aus dem Jahr 1955 und gleich in das ganze Jahrzehnt.
Viva Las Vegas
Meine Schwäche für die damalige Zeit habe ich so richtig erkannt, als ich meinen Freund kennenlernte. Das Haar schmierig von der Pomade, die Gesäßtasche abgenutzt vom Kamm. Er hält mir die Türen auf, hilft beim Jacke anziehen und ist noch ein richtiger Gentleman der alten Schule. Mir gefällt es, wenn wir uns abends nicht in einem Club volllaufen lassen, sondern hübsch zurechtgemacht tanzen gehen. Es ist schön, diese Leidenschaft gemeinsam auszuleben, nach alten Schmuckstücken im Keller der Eltern zu kramen und eine Wanda Jackson auf der Bühne anzuhimmeln. Im Februar sind wir dann nach Las Vegas gefl ogen. Zwischen all den Showgirls habe ich mich pudelwohl gefühlt und hunderte Elvis-Imitatoren haben uns die Tage versüßt. Das Highlight war der Ausfl ug in die Little White Wedding Chapel. Aber nur zum Gucken, (noch) nicht zum Ja sagen!
Sowas von altmodisch
Die Spuren, die das Fan-Dasein bei mir hinterlassen hat, sind nicht zu übersehen. Sobald ich das Haus verlasse, ist der Lidstrich gesetzt. Wenn ich das Haus dann wieder betrete, empfangen mich alte Bilder und die rauen Töne von Johnny Cash. Sogar meine Eltern finden mich inzwischen altmodisch. Wie man sieht: Es hat sich seit den 50ern so einiges geändert.
Cora Zimmermann, 21, Queen Elisabeth-Fan, hat sich vorgenommen, die nächste royale Hochzeit mit eigenen Augen zu verfolgen
Ihre Hoheit
Ich bin bekennende Royalistin. Alles hat angefangen mit der Reiselust meiner Eltern. Als ich noch jünger war, nahmen sie mich mit in europäische Großstädte. Ich war der Typ Mädchen, die Prinzessinnen-Geschichten wie Aschenputtel liebten. Also besuchten wir auf unseren Reisen jedes Mal ein Schloss oder eine Burg. Mit acht Jahren sah ich dann zum ersten Mal das Zuhause meiner Angebeteten, den Buckingham Palace und Windsor Castle. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Ich war so beeindruckt und zugleich so verzaubert von dieser eigenen Welt.
Von Grafen, Königinnen und Intrigen
Meine Leidenschaft für die royalen Familien wuchs immer mehr. So führten mich weitere Reisen zum Schloss Charlottenburg in Berlin, zum Schloss Herrenchiemsee in der Nähe von München oder nach Schloss Schönbrunn in Wien. Doch der ausschlaggebende Moment meiner Leidenschaft war 2010: Ich verfolgte meine erste royale Hochzeit von Kronprinzessin Victoria und Daniel von Schweden. Seitdem verfolge ich jede königliche Hochzeit, Krönung oder das 60. Thronjubiläum der Queen. Obwohl ich mir jede Kleinigkeit merke, schaue ich mir im Nachhinein jede Wiederholung an. Die Bücher, die sich auf meinem Nachttisch stapeln, handeln von Sissi, Lady Di oder anderen royalen Persönlichkeiten. Und wenn es keine Biografie sein darf, dann immerhin ein Historienroman über Grafen, Könige und Intrigen.
Hochzeitsglocken-Alarm
Meine Leidenschaft für die Königshäuser hat mich sehr geprägt. So freute ich mich als Einzige aus meiner Klasse, als wir das Drama Maria Stewart von Friedrich Schiller anfingen zu lesen. Außerdem habe ich durch diese Leidenschaft eine meiner besten Freundinnen Steffi kennen gelernt. Im Moment spare ich für eine Reise zum Schloss Versailles nahe Paris. Außerdem habe ich mir vorgenommen, die nächste große royale Hochzeit mit eigenen Augen zu verfolgen. Vielleicht ganz bald in England.
Und welcher Fan-Typ bist du?
Mach unseren Fan-Test und finde es heraus!
Klick´ dazu einfach links auf das Vorschaubild, um dir den Test anzeigen zu lassen und ausdrucken zu können.
Teaserfoto: Flickr-User Libertinus (CC BY-SA 2.0)