Nachgefragt

Mieten, wohnen, leben?

Neben den ersten Schritten und dem Schulabschluss gehört auch die erste eigene Wohnung zu den wichtigsten Meilensteinen in unserem Leben. Viele zieht es dann erstmal in eine Wohngemeinschaft. Das ist günstig und nicht so einsam. Aber was muss man als junger Erstmieter eigentlich alles beachten? SPIESSER-Autorin Lara hat bei Dr. Jutta Hartmann, der Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecherin des Deutschen Mieterbundes, nachgefragt.

05. January 2021 - 20:38
SPIESSER-AutorIn rasolara.
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rasolara Offline
Beigetreten: 08.06.2020

An wen kann ich mich wenden, wenn ich Mietprobleme habe?

Wenn ich Probleme in der Wohnung habe, beispielsweise jegliche Mängel, ist es als Allererstes ratsam, mich direkt an den Vermieter zu wenden. Wenn es aber um Probleme geht, die ich mit meinem Vermieter habe, weil er mir beispielsweise nicht hilft, dann ist es immer ratsam, wenn ich mich zum Beispiel an einen Mieterverein wende und mir dort Rat suche. Außerdem kann man sich auch an Juristen wenden, die sich speziell im Mietrecht auskennen.

Wenn man Mitglied im Mieterverein ist, hat man außerdem einen Anspruch auf Beratung, und zwar so oft, wie diese benötigt wird.

Dr. Jutta Hartmann


Foto: Deutscher Mieterbund e.V.

kennt sich als studierte Rechtswissenschaftlerin und Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Mieterbund e.V. bestens mit Mietsrechtfragen aus.

In welcher Form und wie schnell wird mir in der Regel geholfen?

Das kommt natürlich immer auf den Verein an und wie hoch aktuell das  Beratungsaufkommen ist. In der Regel wird einem so schnell wie möglich oder je nach Dringlichkeit geholfen. Außerdem gibt es auch Telefonberatungstermine bei den verschiedenen Vereinen. Deshalb ist es ratsam, sich das Angebot vor Ort genauer anzuschauen. Beim Mieterbund, also dem Dachverband, haben wir zudem die Möglichkeit einer Direktberatung, auch wenn man kein Mitglied ist. Hier kann man eine Hotline anrufen oder eine elektronische Beratung auf der Webseite Mieterbund24 wahrnehmen.

Wenn alle WG-Mitbewohner den Vertrag unterzeichnet haben, dann sind in diesem Fall auch alle Mieter.

Worauf sollte ich speziell bei der Unterzeichnung eines WG-Mietvertrags achten?

Zuallererst muss man sich überlegen, ob man eine typische WG gründen möchte, in der die Mitbewohner ausgetauscht werden können. Das muss unbedingt schriftlich im Mietvertrag festgehalten werden. Möchte ich eine WG gründen, sollte ich mit meinem Vermieter besprechen, dass ein solcher Wechsel der Bewohner möglich ist. Wichtig ist, dass dem Vermieter bewusst ist, dass die Wohnung an eine WG vermietet wird und er damit einverstanden ist. Übrigens muss der Vermieter auch über jeden Mieterwechsel informiert werden. Ein neuer Vertrag für jeden neuen Mieter ist dann aber in der Regel nicht nötig.

Was ist eigentlich ein Untermietervertrag und wofür braucht man den?

Wenn ich in eine bestehende Wohngemeinschaft einziehe und es einen Hauptmieter gibt, kann es sein, dass dieser Untermieterverträge für die jeweiligen weiteren Mieter macht. Das kommt immer darauf an, wie das Mietverhältnis mit dem Vermieter geregelt ist. Unterschreibe ich einen Untermietvertrag, sollte mir jedoch bewusst sein, dass ich dadurch weniger Rechte habe. Beispielsweise spielt es auch eine Rolle, ob der Hauptmieter die Wohnung überwiegend mit eigenen Möbeln eingerichtet hat, denn in diesem Fall habe ich eigentlich gar keine Kündigungsrechte. Deshalb sollte man sich die Formulierungen im Untermietvertrag genau anschauen, damit klar ist, was der Hauptmieter mit mir als Untermieter vereinbart.

Ein Mitbewohner verstößt dauerhaft gegen die WG-Regeln. Kann man ihm einfach kündigen?

Auch hier kommt es wieder darauf an, wer den Mietvertrag unterschrieben hat. Wenn alle WG-Mitbewohner den Vertrag unterzeichnet haben, dann sind in diesem Fall auch alle Mieter. Eine Kündigung würde dann die Kündigung des Mietverhältnisses bedeuten. Das heißt, dass eine mögliche Kündigung gegenüber allen Mitbewohnern wirksam wäre. Soll ein Bewohner ausziehen, das Mietverhältnis mit den restlichen Mitbewohnern aber bestehen bleiben, ist dies über eine Vertragsänderung möglich. Hierzu muss aber eine Einigung mit dem Vermieter erzielt werden.

Besser ist es, wenn man einen Vertrag hat, der besagt, dass die WG-Bewohner ausgetauscht werden können. Dann kann innerhalb der WG versucht werden, eine Lösung zu finden. Das nennt man dann rechtlich BGB-Gesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Anm. d. Red.) und ermöglicht, Bewohner, die nicht in die Gemeinschaft passen, durch neue Bewohner zu ersetzen. Dieser Schritt muss selbstverständlich wieder dem Vermieter angekündigt werden.

Ich möchte aus der WG ausziehen. Muss ich einen Kündigungsgrund angeben? Wie lang sind die üblichen Kündigungsfristen?

Ja, in der Regel muss bei Kündigung ein Grund angegeben werden. Anders ist es, wenn ich einen Untermietvertrag habe und dem Hauptmieter kündige; hier ist kein Kündigungsgrund notwendig. Bei einer fristgemäßen Kündigung sind es in der Regel drei Monate Kündigungsfrist. Diese verlängert sich jeweils nach fünf und acht Jahren Mietdauer um jeweils drei Monate, also maximal neun Monate.

Ein Mitbewohner hat das Waschbecken kaputt gemacht. Zahlt nur er für die Reparatur oder alle, die in der WG wohnen?

Auch das ist wieder abhängig von der Vertragsform. Angenommen, der Schaden wurde von einem Untermieter verursacht. In diesem Fall ist trotzdem der Hauptmieter gegenüber dem Vermieter verpflichtet, den Schaden beziehungsweise die Reparatur zu bezahlen, denn der Hauptmieter ist gegenüber dem Vermieter der Verantwortliche und muss sich das Verschulden seiner Untermieter zurechnen lassen.

In einem Vertrag, in dem alle Mitbewohner als Mieter eingetragen sind, müssen auch alle gegenüber dem Vermieter für den Schaden eintreten. Wenn aber beispielsweise klar ist, das Mieter X den Schaden verursacht hat, sollte dieser für den Schaden zahlen. Solche Fragen sollte man dann in der WG untereinander klären.

Was kann ich tun, wenn ich plötzlich Schimmel in meinem Zimmer entdecke?

In diesem Fall sollte man unbedingt dem Vermieter Bescheid geben; egal ob ich in einer WG oder allein wohne. Als Mieter habe ich in der Regel das Recht auf Mietminderung. Hier kommt es dann zum Beispiel darauf an, wie groß der Schimmelfl eck ist, welche Auswirkungen der Schimmel hat und welches Zimmer betroffen ist. Aufgrund der Komplexität des Sachverhalts ist es auch hier ratsam, sich im Einzelfall Expertenrat zu holen.

Besser ist es, wenn man einen Vertrag hat, der besagt, dass die WG-Bewohner ausgetauscht werden können.

Darf mein Freund oder meine Freundin ab und zu mit in meinem WG-Zimmer wohnen?

Das ist auf jedem Fall möglich. Bis zu sechs Wochen Besuch ist laut Rechtsprechung kein Problem und muss auch dem Vermieter nicht gemeldet werden. Hier handelt es sich nicht um eine Untervermietung oder eine dauerhafte Aufnahme einer Person in die Wohnung, sondern um einen normalen Gebrauch einer Mietwohnung. Von daher dürfen ab und zu auch andere Personen zu Besuch kommen, ohne dass es Probleme gibt.

Text von Stephanie Graetz, 28, die nach dem Interview lieber gleich nochmal in ihren Mietvertrag geschaut hat.

Teaserbild: Paula Kuchta

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