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Engagement ist auch Eigennutz
Schon in der Antike war neben Politik die Kultur das beliebteste Feld in Sachen Engagement. Reiche Bürger veranstalteten die ersten großen Festivals: Es gab tagelang Theater, Gladiatorenkämpfe und Co. bei freiem Eintritt. Völlig uneigennützig war das Engagement damals nicht, sondern ein ideales Mittel, um den eigenen Reichtum zur Schau zu stellen (auch wenn sich dabei die Sponsoren häufig finanziell ruinierten) und das eigene Ansehen zu vergrößern. Doch egal, aus welcher Motivation heraus die reichen Römer und Griechen ihre Festivals veranstalteten, sie boten damit auch dem ärmsten Bettler die Möglichkeit, die Kultur und die Theatergrößen der Zeit zu genießen oder beim Gladiatorenkampf die eigenen Sorgen eine Zeit lang zu vergessen.
Einsatz für andere ganz ohne eigennützige Hintergedanken − diese Idee kam vor allem mit dem Einzug des Christentums in Europa auf. Im neuen Testament finden sich zahlreiche Aufforderungen zu Mildtätigkeiten seinen Mitmenschen gegenüber. Ganz uneigennützig? Nicht wirklich. Denn die Katholiken hoffen darauf, im Jenseits für ihren wohltätigen Einsatz auf Erden entlohnt zu werden. Und die Protestanten haben die Möglichkeit, durch ihr Engagement schon hier und jetzt Ehre zu erlangen.
Es ist wahrscheinlich unvermeidbar, dass beim freiwilligen Engagement auch immer etwas für den Engagierten rausspringt. Aber es ist auch nicht wirklich anrüchig, wenn jemand wie die 20-jährige Rebekka, die ein Jahr lang in Ghana Englisch unterrichtet und beim Bau einer Grundschule geholfen hat, abends mit dem guten Gefühl etwas Sinnvolles geleistet zu haben, einschläft.
Dienst an der Gesellschaft
Wie wichtig Engagement für unsere Gesellschaft ist, sieht man auch an unserem deutschen Grundgesetz. Das schreibt jungen Männern ab Vollendung ihres 18. Lebensjahres neun Monate lang Wehr- oder Zivildienst vor (ab dem 1. Dezember 2010 nur noch sechs Monate). Der Zivildienst als Pflicht, sich gesellschaftlich zu engagieren.
Jan absolviert gerade seinen Zivildienst in einer Schule für behinderte Kinder. „Statt Soldat zu spielen wie früher im Kindergarten, wollte ich lieber was Sinnvolles tun, mich für eine gute Sache engagieren.“ Trotz dem „Zwang zum Engagement“ fühlt er sich nicht genötigt: „Fast alle Zivis, die ich kenne, machen ihre Aufgaben gern. Außerdem ist das doch eine super Einstiegsdroge in Sachen gesellschaftliches Engagement.“ Auch Jan wäre früher nicht auf die Idee gekommen, dass ihm die Arbeit mit behinderten Kindern Spaß machen könnte. Jetzt sucht er nach einer Möglichkeit „seine“ Kinder auch nach Ende des Zivildienstes begleiten zu können.
Engagement ist facettenreich
Engagement ist freiwilliger Einsatz für etwas, das einem wichtig ist. Etwas, an das man glaubt. Und glauben kann man an verdammt viel: Kostenloses Fußballtraining, Weitergabe der eigenen Geschichtsbegeisterung, Biokarotten für alle oder Schiedsrichter bei Rollstuhlrennen auf dem Pausenhof − das Betätigungsfeld für freiwilliges Engagement ist riesig. Zumindest groß genug, um für jeden Motivierten das Passende zu finden.
Dennoch tun sich viele Menschen schwer mit dem Engagement: „Ich würde mich echt total gern engagieren, aber ich finde einfach nichts Passendes.“ Dieser Satz stammt von Caro. Die junge Münchnerin steckt mitten in ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau, hat wegen ihren komplizierten, ständig wechselnden Arbeitszeiten wenig Zeit und ihr Azubigehalt reicht auch gerade nur so, um Miete und Essen zu bezahlen. „Okay, ich trenne meinen Müll, kaufe ab und zu bei Hanno an der U-Bahnstation eine Obdachlosenzeitung und mache hin und wieder ein paar Besorgungen für die alte Frau Huber aus der Wohnung nebenan. Aber so richtiges Engagement ist das noch nicht“, gesteht sie. Vielleicht hat sie Recht, aber letztlich ist jedem selbst überlassen, wie viel Engagement er in seinem Leben unterbringen kann. Engagement ist vielfältig und überall, manchmal in Afrika und manchmal eben bei Frau Huber nebenan.
Autorin/Fotos: Kristin Ofer
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit "Geben gibt. Bündnis für Engagement"