Seit Monaten herrscht Aufregung in der deutschen Sozial- und Pflegebranche. Ob Caritas, Rotes Kreuz oder die Johanniter – die Organisationen haben mit der Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate zu kämpfen und fürchten nun seine endgültige Abschaffung.
Zu kurze sechs Monate
Die Frage ist, ob sich die mühevolle Einarbeitung, die langsame Gewöhnung des Zivildienstleistenden an die Patienten, Senioren oder Menschen mit Behinderung bei sechs Monaten überhaupt noch lohnt. „Das Vertrauen ist wie ein kleines Pflänzchen, es wächst in kleinen Schritten, von Tag zu Tag“, erzählt Mandy Schmidt, die in einer Behinderteneinrichtung für die Einarbeitung der Zivildienstleistenden zuständig ist. Wenn das Vertrauen schließlich aufgebaut ist, ist der Zivildienstleistende fast schon wieder weg, weiß Mandy aus ihrer Erfahrung zu berichten. Urlaubstage und Schulungen lassen die sechs Monate noch kürzer erscheinen. Deshalb ist vor allem bei kleineren Trägern eine Abkehr von Zivildienstleistenden, hin zu FSJ-lern, zu beobachten. Die Jugendlichen, die so ein Freiwilliges Soziales Jahr leisten, sind zwar für die Einrichtungen teurer, bringen aber meist eine größere Motivation mit und bleiben ganze zwölf Monate.
Personal für die Zukunft gewinnen
Schon jetzt herrscht ein großer Fachkräftemangel in Pflegeberufen, der sich in den nächsten Jahren noch verschärfen wird. Zivildienstleistende haben hier bisher für Entlastung gesorgt. Sie übernehmen Fahrdienste, kleinere Pflegeaufgaben und Botengänge. Gleichzeitig beschäftigen sie sich intensiv mit den Patienten, reden mit ihnen und helfen dort, wo Not am Mann ist.
„Durch den Zivildienst werden Barrieren abgebaut, Berührungsängste überwunden. Manch einer hat sich nach dem Zivildienst sogar bewusst für eine Ausbildung im sozialen Bereich entschieden“, erzählt Mandy. Mit dieser Möglichkeit, Personal für die Zukunft zu gewinnen, befürchtet sie, könnte es jedoch bald vorbei sein.
Das Rote Kreuz sorgt sich um seinen Nachwuchs bei den Ehrenamtlichen im Rettungsdienst. So blieben bisher im Bereich Krankentransport und Rettungsdienst etwa 30 Prozent nach ihrem Zivildienst ehrenamtlich aktiv, sagte DRK-Präsident Rudolph Seiters der Augsburger Allgemeinen. Woher sollen die Ehrenamtlichen kommen, wenn es keinen Zivildienst mehr gibt?
Diese Problematik wirft die Frage auf, ob der Zivildienst weniger als Pflicht und mehr als Investition in den sozialen Geist Deutschlands zu verstehen sein sollte. Patrick, ehemaliger Zivildienstleistender aus Stuttgart, sieht im Engagement eine Bereicherung: „Früher waren mir Menschen mit Behinderung eher unangenehm. Erst durch meinen Zivildienst habe ich gemerkt, wie viel mir die Arbeit mit ihnen gibt.“ Heute engagiert er sich weiterhin ehrenamtlich bei der Behinderteneinrichtung. Zusammen mit den Bewohnern unternimmt er regelmäßig etwas, geht mit ihnen kegeln, ins Kino oder essen.
Gegenstimmen zum Zivildienst
Es wurde nominiert!
Und zwar für den Deutschen Engagementpreis 2010. Der Preis ehrt Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren. In diesem Jahr soll besonders das Engagement Jugendlicher sichtbar gemacht werden. Einsendeschluss war der 31.Juli 2010. Die Sieger der einzelnen Kategorien werden von einer Jury gewählt und auch ihr könnt online abstimmen. Auf www.geben-gibt.de gibt es alle Einzelheiten. Wenn ihr selbst aktiv seid und andere davon überzeugen wollt, dann unterstützt die Kampagne „Geben gibt.“ auf Facebook, SchülerVZ oder StudiVZ und folgt ihr bei Twitter. Die Kampagne wird gefördert durch den Zukunftsfond der Generali Deutschland Holding AG und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Patricks Freund Stefan sieht das anders. Er findet, jeder sollte selbst entscheiden dürfen und nichts vorgeschrieben bekommen. Auch nach der Abschaffung des Zivildienstes werde es genügend Möglichkeiten geben, sich sozial zu engagieren – unter anderem durch das FSJ. „Ich würde dagegen lieber früher mit meinem Studium beginnen“, meint er.
Die Befürworter der Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes halten diese Zwangssysteme für veraltet. Sie setzen auf soziale Dienste auf freiwilliger Basis. Parallel dazu soll die Bundeswehr abgespeckt werden, verschiedene Konzepte stehen im Raum.
Immer schneller wächst inzwischen die Zahl der Jugendlichen, die sich für ein Freiwilliges Jahr entscheiden, ob in der Kultur, in der Ökologie oder im Sozialen. Und es wird niemand außen vor gelassen: Das Jahr steht gleichberechtigt Mann und Frau offen. Die Freiwilligen, bereits 35.000 an der Zahl, übernehmen schon jetzt viele Aufgaben der Zivildienstleistenden: Sie erledigen Fahrdienste, füttern Senioren, lesen aus der Zeitung vor, erfüllen Rollstuhlfahrern den Wunsch nach einem ausgedehnten Nachmittagsspaziergang.
Fest steht jedoch: Wird der Zivildienst gestrichen oder gekürzt, müssen erfolgreiche oder gar bessere Alternativen geschaffen werden. Dabei könnte sich der Ausbau der FSJ-Stellen bewähren. Davon würden nicht nur soziale Einrichtungen in hohem Maße profitieren – auch mehr und mehr motivierte Jugendliche bekämen die Möglichkeit, sich sozial zu engagieren. Denn zurzeit stehen längst nicht genügend Plätze zur Verfügung, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.
Zivildienst? Freiwilliges Soziales Jahr? Beides oder doch etwas ganz anderes? Was denkt ihr darüber?
Text: Laura Ilg
Teaserbild: Rike, pixelio.de
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit "Geben gibt. Bündnis für Engagement"
ich finde das wir den Zivildienst für alle einführen sollten, egal ob Mann oder Frau.
Dafür sollten wir Berufsheer einführen.
Meiner Meinung ist es wichtiger das wir unserem Beirtag im sozialn Bereich leisten.
Auch wenn das vil wirtschaftlich nicht immer klug ist, man sollte merh auf das menschliche achten, anstelle darauf zu schauen was das wirtschaftlicheste ist.
kürzen bringt nix, weil hauptkosten gehen vom einrüsten der soldaten auf zeit drauf.
des weiteren können sie so schneller gebildet in der wirtschaft helfen.
also ich habe ein FSJ an einer Förderschule gemacht, wo auch Zivis gearbeitet haben. Die Klassen mit Zivis hatten nach ihrem verlassen große Probleme. Deswegen finde ich, dass FSJ Stellen natürlich total ausreichen würden. Nur die Frage ist, ob sich dann auch noch genügend Leute für die Stellen finden. Denn das FSJ wirkt nicht gerade attraktiv für junge Leute. Man bekommt zwar ein kleines Taschengeld ... aber das reicht nicht wirklich zum Leben. Da haben es die Zivis schon um einiges besser. Die bekommen ihr Fahrticket bezahlt. Geld für die Unterkunft. Also wenn der Zivildienst wirklich abgeschafft wird, müsste ja eigentlich Geld übrig bleiben Wenn man das dann in das FSJ stellen würde, wäre das echt gut und auch wieder attraktiver. Nicht dass es hier jetzt nur ums Geld gehen soll, aber viele wollen sich sozial engagieren, haben aber einfach nicht die Chance, weil sie es mit dem wenigen Geld nicht schaffen. Ich hatte auch viele die sich extra noch nen Nebenjob nehmen mussten, damit es überhaupt reicht. Aber das ist auch keine Lösung, weil man sich dabei total auspowert und oft total erschöpft oder müde zur Arbeit erscheint. Also ich möchte nicht darüber entscheiden, wie es mit diesem Problem weitergehen soll. Ich weiß nur, dass viele Menschen auf die Hilfe von jungen Leuten angewiesen sind.