Mit peinlicher Genauigkeit richten die Mitarbeiter der Hochschule Bremen eines der selbstgebauten Flügelprofile vor der hellblau angestrichenen Metallröhre aus. Rund 20 Schüler der 12. Klassenstufe stehen dabei und betrachten die Vorbereitungen für ihr Experiment. Sie sind die Erbauer der Flügelprofile und warten nun darauf, dass diese im Windkanal getestet werden können. Noch einmal wird nachgemessen und nachgerichtet. Alles muss genau stimmen, damit die Testergebnisse nicht verfälscht werden.
Einfach und logisch
Kerstin ist 17 und belegt das Oberstufenprofil Luft- und Raumfahrt in Bremen
Das Experiment findet im Rahmen des Oberstufenprofils Luft- und Raumfahrt statt, das von zwei Gymnasien in Bremen in Zusammenarbeit mit der Hochschule Bremen angeboten wird. Im Bundesland Bremen gibt es die „Profiloberstufe“. Das heißt, dass jeder Schüler bei der Wahl seiner Leistungsfächer schon eine gewisse Fachrichtung einschlägt. Die Jugendlichen machen ihr Abitur also praktisch in Luft- und Raumfahrt.
Kerstin ist eine von ihnen. Technik hat die 17-Jährige schon immer begeistert. Das sei einfach und logisch, meint sie. Aber warum musste es ausgerechnet Luft- und Raumfahrt sein? „Ich wollte schon immer irgendwas mit Flugzeugen machen. Als erstes Pilotin, aber meine Augen waren zu schlecht. Also wollte ich in Richtung Ingenieurwesen gehen.“ Dass sie dann das Oberstufenprofil für sich entdeckte, war eher Zufall. „Vor vier Jahren habe ich in der Zeitung gelesen, dass das Gymnasium Vegesack ein Luft- und Raumfahrtprofil anbietet. Den Artikel hab ich mir dann ausgeschnitten, aufgehängt und mich dafür beworben.“
Mit Experimenten motivieren
Zwei Stunden haben die Schüler auf ihr Experiment warten müssen – und das an einem eigentlich freien Tag. Ein kaputtes Netzteil hatte einen pünktlichen Einsatz des Windkanals verhindert. Draußen scheint die Sonne, die Motivation den Versuch doch noch durchzuführen war bereits wieder gesunken. Als die Luftzufuhr in Gang gesetzt wird, ist davon aber nicht mehr viel zu spüren. Ganz im Gegenteil: Gespannt betrachten die Schüler, wie sich das erste Profil im Luftstrom leicht hin- und herbewegt. Laut ist der Kanal, aber auch das scheint hier niemanden mehr zu stören.
Windkanäle gibt es auch in kleiner Ausführung. Und Flugzeugflügelprofile kann man nicht nur aus Stahl und Co. herstellen. Wir haben eine kleine Bildergalerie zu den Experimenten der Schüler zusammengestellt.
Versuche wie dieser am Windkanal sind ein fester Teil des Oberstufenprofils, dessen Ziel vor allem darin liegt den Schülern die interessanten Seiten an Naturwissenschaften und Technik zu zeigen. „Wir wollen die Jugendlichen dafür begeistern“, erklärt Christian Siegmund, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Bremen. „Begeisterungsfähigkeit muss man also mitbringen, man muss motiviert sein, auch wenn wir natürlich durch solche spannenden Projekte zu motivieren versuchen.“ Dass das nicht immer einfach ist, weiß auch Siegmund. „Das Ganze zielt ja auch darauf ab die Schüler auf das Studium im Luft- und Raumfahrtbereich vorzubereiten. Das ist ein hoher Aufwand da zu studieren.“
Mädchen können ja auch Mathe!
Kerstin kann sich über mangelnde Freizeit nicht beklagen: „Ich kenne das ja gar nicht anders.“ Motivationstiefs kennt sie trotzdem. „Momentan habe ich eher eine kleine Durchhängphase in Mathe, das ist nicht so ganz mein Fall. Andererseits motiviert mich die Aussicht auf das Studium, also lerne ich eben Mathe.“ Auf die Frage, ob das Profil überhaupt für Mädchen geeignet sei, nickt sie energisch. „Na klar! Mädchen können ja auch Mathe!“
Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit der Initative „MINT-Zukunft schaffen“ erstellt.
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