„Tough Mudder“ 2016 – das wahrscheinlich härteste Rennen der Welt. Schlamm, eiskaltes Wasser, meterhohe Hindernisse, tausende Teilnehmer. Wie hoch sind da die Überlebenschancen? SPIESSER-Autor Henric hat sich der Herausforderung gestellt.
21. July 2016 - 09:37 SPIESSER-Autor Henk Marzipan.
Mein Fuß taucht ab, eiskaltes Wasser füllt meinen Schuh. „Och nee, nicht schon wieder Wasser!“, ruft ein Mitstreiter. Neben mir fällt ein Mädchen bäuchlings hin. Zwei Jungs fassen sie an den Armen und haben sie sofort wieder auf den Beinen. Sie schüttelt sich kurz, lacht und rennt unberührt weiter. Tough. Wir sind hier nicht bei der Bundeswehrausbildung, sondern beim „Tough Mudder“ 2016. Und ich bin dabei. Wie konnte es nur so weit kommen?
Schlamm gegen den Büroalltag
Noch sehen alle – auch Henk in der Mitte – voll motiviert aus...
Der Mensch ist an und für sich ein unterfordertes Tier. Wir haben Beine, um Antilopen zu fangen, und Arme, um uns von Ast zu Ast zu hangeln. Trotzdem sitzen die meisten von uns den ganzen Tag auf Stühlen. In der Schule, in der Uni, im Büro. Der einzige Muskel, der beansprucht wird, ist der Kiefer beim Gähnen. Zum Glück ist der Mensch auch ein kreatives Tier: Wir sorgen schon für unsere eigenen Herausforderungen. Habe ich also gezweifelt, ob ich beim „Tough Mudder“ in Norddeutschland, dem angeblich härtesten Hindernislauf der Welt, mitzumachen? Na klar hab ich das. Aber nur kurz!
Doch zunächst brauche ich ein Team, das mich zur Not über die Ziellinie schleifen kann: Da wäre zunächst Phillipp, Basketballspieler, drahtige Muskelkraft verteilt auf einen Meter Neunzig und Hanna, Energiebündel, gibt Sportkurse, läuft Halbmarathon und hat so viele Hummeln im Hintern, dass sie ohne Sport wahrscheinlich zerbersten würde.
Wenn das Adrenalin aus den Ohren tropft
So stehen wir mit 200 anderen Menschen im Startblock: Pumper mit Oberarmtattoos, hochkonzentrierte Triathleten, ein Jungesellinenabschied mit pinken Krönchen, ein Mann ist als Erdbeere verkleidet. Ein Anheizer peitscht unseren Adrenalinspiegel in den Alarmmodus, im Hintergrund läuft „Eye of the Tiger“. Wir werden aufgefordert, zum Schwur die Hand zu heben: „Ich schwöre, meine Mudder immer zu unterstützen und keinen zurücklassen!“ Ich schaue mich noch einmal um, ob wir wirklich nicht in den Krieg ziehen, da fällt auch schon der Startschuss.
Kilometer fünf, die Laune ist bestens. Durch verschlungene Waldwege ging es über die ersten Hindernisse. Wir sind dreckig, der Puls ist oben, es macht Spaß. Der beste Zeitpunkt, um uns klar zu werden, dass es so einfach nicht wird. Zu dritt steigen wir zur Rutsche hinauf. Unten erwartet uns ein Becken eiskaltes Wasser. Gerade wurde ein Eimer Eis hineingekippt. Phillipp schreit: „Auf drei geht's los!“ Drei! Der Kopf taucht unter Wasser, und der Schock zeigt mir alles in Zeitlupe: Ich sehe nichts als dunkles Braun, japsend tauche ich auf und lasse einen Urschrei heraus. Ist das kalt! Das Adrenalin tropft mir zusammen mit Schlamm und Wasser aus den Ohren. Wer noch nicht wach war, ist es spätestens jetzt. Kalt, aber glücklich, fallen wir wieder in den Laufschritt. Bewegung ist gut gegen die Kälte. Nicht zu vergessen: Wir sind in Norddeutschland. Es ist zwar Juli, die Außentemperatur beträgt trotzdem nur 18 Grad.
Kein Mudder wird zurückgelassen
Endlich im Ziel: Dreckig und sichtlich erschöpft – aber mit
einem Lächeln im Gesicht.
Es geht auf das Ende zu. Inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich mich wahrscheinlich eher auf die Klappe lege, weil meine Beine nachgeben. Zum x-ten Mal waten wir durch eiskaltes Wasser. Mit der Müdigkeit steigt die Frustration. Doch dann erscheint am Horizont das letzte große Hindernis. Eine Quarterpipe, oben sieht man schon die zur Hilfe entgegengestreckten Hände. Die wahre Herausforderung, die den Tough Mudder ausmacht, ist nicht die Selbstüberwindung, sondern das Teamwork: Alleine schafft man es nie. Aber echte Mudder helfen einander.
Also die letzten Kräfte mobilisiert, Anlauf und rauf. Hanna schafft es, sich dank einer akrobatischen Höchstleistung mit den Füßen zuerst und mit dem Kopf nach unten hängend über die Brüstung zu ziehen. Der Stolz steht ihr ins Gesicht geschrieben. Wir hangeln uns selbst noch die Fläche hinab und helfen den anderen. Kein Mudder wird zurückgelassen.
Als wir uns schließlich nach viereinhalb Stunden in Ziel schleppen, sind wir vom Weg gezeichnet. Aufgeschürfte Knie, Schlamm von Kopf bis Fuß, erschöpfte Gesichter. Ein bisschen wie Dorfkinder nach dem Spielen im Wald. Wir haben es geschafft. Eine Herausforderung für den ganzen Körper. Viel Kälte, viel Überwindung und eine Menge Teamwork. Ein irres Gefühl.
Tough Mudder-Events
Ihr wolltet schon immer mal an eure Grenzen gehen und kilometerweit durch Schlamm und kaltes Wasser waten? Dann schaut doch beim nächsten Tough Mudder-Event am 24. & 25. September im bayrischen Wassertrüdigen vorbei. Mehr Infos zum Event findet ihr hier.
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