Die Pubertät ist ja so ´ne Sache: Man entdeckt seinen eigenen Körper, viele finden die erste große Liebe, die Hormone drehen durch. Und auf dem Weg vom Halbstarken zum Mann sprießen die Haare am Körper was das Zeug hält. Nun will ich es wissen. Wie sah mein Körper Jahre zuvor aus?
Auf der kurzen Busfahrt zum Salon „La Beauté“ lenkt mich noch Musik von meiner Aufregung ab, aber um kurz nach 11 bin ich da. Kein Zurück! Vor der Tür zum Studio, das im ruhigen Marbach bei Marburg liegt, wartet Anja, meine freundliche Kosmetikerin mit einem strahlenden Lächeln auf mich. Sie macht mir Mut. Den brauch ich auch!
Denn eigentlich mag ich meine Haare auf der Brust. Und auch mein Freund hat nichts dagegen – im Gegenteil. Persönlich finde ich Gefallen an meinem Körper, sei es mit oder ohne Haare. Für meinen Kraftsport und den Sommer aber hat eine haarlose Brust zweifelsohne nur Vorteile: weniger schwitzen, die Sonnenmilch kommt tatsächlich auf der Haut an und es sieht einfach besser aus. Aber bis zu einer freien Brust ist es noch ein langer Weg, es sind wahrlich nicht wenig schwarze Haare, die meinen Körper zieren.
Zur Entfernung nutzt Anja eine relativ sanfte Methode, das Sugaring. Dabei kommen rein natürliche Substanzen zum Einsatz: aus Zucker, Wasser und etwas Zitronensaft wird eine zähflüssige Masse. Gegen die Richtung, in die das Haar wächst, wird sie nach und nach auf die Haut aufgetragen: zuerst auf den Bauch, danach auf die Brust. Mitsamt seiner Wurzel wird das Haar dann in Haarwuchsrichtung mit einer ruckartigen Bewegung ausgerissen.
Erst Bauch, dann Brust
Aahh! Verdammt, zieht das! Das war fies: Gerade reden wir noch nett und im nächsten Moment wird die erste Stelle an meinem Bauch kahl. Krass, wie sehr die Haare Widerstand leisten. Es fühlt sich so an, also ob die Paste nicht die Haare, sondern die ganze Hautschicht mitabzieht. Das ist kein Zuckerschlecken mit der Zuckerpaste. Als mein Bauch schon fast haarfrei ist, spiele ich mit dem Gedanken, den Test abzubrechen. Aber der ganze Schmerz soll ja auch nicht umsonst gewesen sein. Außerdem gefällt mir der Anblick meines zwar noch rot leuchtenden, aber schönen, haarlosen Oberkörpers.
Nach der Bahandlung mit geröteter Haut kann Nico wieder lächeln.
Mit einem Glas Wasser kann ich mich kurz erholen und neuen Mut tanken für den nächsten Teil, die Brust. Jetzt geht es gefühlt erst los: die Haut an der Brust ist dünner und das lässt sie mich spüren. Damit es weniger weh tut, soll ich lieber Brust und Bizeps anspannen. Mit Spannung auf der Haut lassen sich mehr Haare mit weniger Schmerzen entfernen. Doch der Rest der Brust stellt erstaunlicherweise auch kein Problem mehr dar – nein, ich freu mich drauf: gleich ist es vorbei. Tatsächlich dauert es nicht mehr lange bis wir fertig sind und Anja mich mit einer beruhigenden Lotion eincremt.
Mein Fazit nach einer Stunde Behandlung fällt ziemlich durchwachsen aus: krebsrot leuchten Brust und Bauch, das Gefühl aus Taubheit und Schmerz ist ungewöhnlich. Aber ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Meine anfängliche Skepsis ist purer Erleichterung gewichen. Mein letzter Gedanke, bevor ich mich bedanke und den Salon verlasse: War doch alles halb so schlimm!
Text: Nico Hajrahmatollahi
Bilder: Julia Begeser
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