Wenn wir sterben, verschwinden wir aus der realen Welt. Aber nicht aus der virtuellen. Schriftstellerin Elisabeth Rank, 29, hat ihr digitales Testament ihrer besten Freundin übergeben – und Sophias Fragen zum virtuellen Leben nach dem Tod beantwortet.
28. November 2013 - 11:27 von SPIESSER-Autorin SophiaBo94.
SPIESSER: Warum beschäftigt dich das Thema „Tod im Internet“?
Lisa Rank: Im vergangenen Jahr sind drei meiner Facebook Kontakte gestorben und das Thema ist mir deswegen immer wieder über den Weg gelaufen. Ich glaube, der digitale Nachlass ist ein Thema, das uns beschäftigen sollte, da wir alle viel im Internet publizieren und damit auch hinterlassen.
Elisabeth Rank, 29
Sie ist Autorin und Publizistik, hat Romane wie "Bist du noch wach?" veröffentlicht und hält Vorträge über "Digitale Medien und der Umgang mit dem Sterben".
Wie läuft diese neue Form der Trauerbewältigung aktuell ab?
Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal übernehmen Eltern die Profile ihrer Kinder, manchmal Freunde. Profile können bei Facebook in einen Gedenkstatus überführt werden, das ist aber relativ kompliziert. Manchmal passiert mit Profilen von Verstorbenen auch einfach gar nichts. Zudem gibt es mittlerweile viele unterschiedliche Gedenkportale.
Psychologen sind der Ansicht, durch diese digitale Unsterblichkeit, durch das jährliche Erinnern an den Geburtstag bei Facebook, sei ein Loslassen nicht möglich. Was sagst du dazu?
Das kann ich nicht professionell beurteilen, ich bin kein Psychologe. Ich glaube dennoch, dass es wichtig ist, irgendwann anzunehmen, dass jemand nicht mehr da ist, diesen Umstand zu akzeptieren. Dazu gehört auch loslassen. Wann jemand dazu bereit ist, muss individuell entschieden werden. Ich denke schon, dass es Menschen helfen kann, wenn nicht alles, was der Verstorbene im Netz gemacht hat, auf einen Schlag gelöscht ist.
Also verändert das digitale Trauern das Trauern an sich?
Das Thema Tod ist in Deutschland ein sehr privates. Darüber wird öffentlich selten gesprochen, es sei denn, ein Promi stirbt. Durch das Internet gibt es nun Wege, dass Menschen sich auch anders mit dem Thema Trauer auseinander setzen können - sie können sich vernetzen, sich äußern, Trauer äußern, ohne vielleicht direkt in Erscheinung zu treten. Das kann helfen, dass das Thema somit auch mehr in die Öffentlichkeit rutscht und damit nicht mehr so ein Tabu ist.
Vor zwei Jahren ist ein guter Freund von SPIESSER-Userin TheGreenBook gestorben – im Internet leben die Erinnerungen an ihn aber auf einer Gedenkseite weiter. Hier erzählt TheGreenBook, wie es ihr dabei geht.
Was ja eigentlich alles ziemlich positiv ist – gibt es denn in deinen Augen auch eine Kehrseite?
Natürlich, wenn du als bester Freund eine Gedenkseite erstellst, mit Bildern, Videos, Daten, es gut meinst, dir versuchst zu helfen, heißt es nicht, dass du Anderen damit hilfst. Für andere Angehörige ist es vielleicht schwer, die Person noch so präsent im Internet zu sehen. Sie haben vielleicht ein Problem mit einigen Bildern. Es werden ja dadurch heftigste Gefühle ausgelöst. Aber ich will definitiv nicht werten, das muss jeder für sich entscheiden.
Welche Möglichkeiten gibt es theoretisch, meinen digitalen Nachlass zu verwalten?
Natürlich kann man einfach versuchen, so wenig wie möglich von sich ins Internet zu legen. Wer ein Testament hat, kann darin auch seinen digitalen Nachlass regeln, das ist wohl am wenigsten riskant. Außerdem gibt es immer zwischenmenschliche Lösungen - ich kann meine Daten jemandem anvertrauen, dem ich wirklich zu 300 Prozent vertraue.
Wie hast du das persönlich geregelt?
Meine beste Freundin hat alle wichtigen Daten und weiß, was sie damit tun kann. Ich persönlich bin da ganz uneitel, von mir aus kann alles sofort gelöscht werden. Ich möchte aber, dass meine Angehörigen tun können, was für sie am besten ist. Und dass sie es nicht noch schwerer haben, wenn sie etwas löschen möchten.
Text: Sophia Bohrloch
Foto: Carolin Weinkopf
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