Im Netz häufen sich die Hasskommentare gegen Ausländer, Migranten und Asylsuchende. Viele der Kommentatoren hetzen auch noch ganz offen mit ihrem Namen. Dagegen geht jetzt die Bloggerseite „Perlen aus Freital“ vor. SPIESSER-Autorin Ragna hat sich dort mal durchgeklickt.
18. October 2015 - 11:17 SPIESSER-Autorin Nananas.
Es gibt viele von ihnen, man findet sie beinahe unter jedem politischen Facebook-Post: Hasskommentare. Zwei Blogbetreiber haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Kommentare und ihre Urheber öffentlich anzuprangern. Auf ihrem Blog „Perlen aus Freital“ veröffentlichen sie ebensolche Perlen aus dem Internet. Meist sind es Screenshots der Kommentare und sie verlinken die Profile der Schreiber. Die Profilbilder werden zwar verpixelt, aber Informationen darüber, wo die Schreiber wohnen und arbeiten, nicht. So soll für alle sichtbar sein: Das sind die Übeltäter! Und wir können etwas gegen sie tun, in dem wir ihre Chefs über die Aussagen informieren.
Wer steckt dahinter?
Es sind zwei Blogbetreiber, die sich auf der Seite nur als „Christopher“ und „Frederik“ vorstellen. Sie möchten anonym bleiben, denn was sie machen, ist gefährlich und sie sollen sogar schon Morddrohungen bekommen haben. Die beiden Blogger suchen im Netz gezielt „Perlen“, also nach Hasskommentaren oder lassen sich von Followern Screenshots und Quellenlinks zusenden.
Dabei ist der Anlass für diesen Blog ein trauriger: die rechtsradikalen Proteste in der sächsischen Stadt Freital. Im Juni kam es zu Ausschreitungen zwischen Pro-Asyl-Anhängern und -Gegnern. Für „Christopher“ und „Frederik“ ist die Stadt ein Paradebeispiel für den ungezügelten Hass, deshalb haben sie ihrem Blog diesen Namen gegeben.
Was muss man mitbringen?
Ein dickes Fell! Die Kommentare sind zum Teil echt heftig. Die Spannbreite reicht von Beleidigungen bis hin zu Folter- und Morddrohungen: „Liebe Freitaler, haut denen von der Antifa mal so richtig aufs Maul und jagt sie aus eurer Stadt“ heißt es da. Oder: „Bin dafür das die Asyl Anträge sportlich bearbeitet werden. Die Asylbewerber bekommen die roten Badehosen, und die Haie und Krokodile die gelben“. Es gibt noch viel brutalere Aussagen, doch alle sind nichts für schwache Nerven.
Die teilweise nicht vorhandene Rechtschreibung hingegen führt auch mal zu einem Schmunzeln.
Wie lange bleibst du?
Nicht lange. Man hat schnell genug von den Hasstiraden, die einen wütend und traurig machen. Zum Schluss bleibt die Frage: Wie kann es sowas in Deutschland noch geben?
Darf man das?
Eine Frage, der sich die Blogger auch häufig stellen mussten. Denn die Kommentare werden zusammen mit dem Profil als Screenshot veröffentlicht. Im Grunde steckt der Aufruf dahinter, den Kommentator bei seinem Arbeitgeber „zu verpetzen“. Ein paar der Kommentatoren wurden wegen ihrer Hasstiraden wohl schon entlassen oder haben eine Anzeige bekommen. Aufgrund der vielen Zweifler haben die Blogger ein Video gepostet, in dem ein Anwalt für Medienrecht erklärt: Ja, man darf!
Aber auch hier gelten Einschränkungen. Außerdem sollte man im Hinterkopf behalten: Wer selber zum Hörer greift und petzt, ist nicht mehr ohne weiteres anonym.
Wohin ziehst du weiter?
Auf die Internetseite einer Initiative für Flüchtlinge in meiner Nähe. Ich will wissen, was ich tun kann, um dem Hass zu kontern. Mein Engagement hält die Hassprediger vielleicht nicht auf, aber ich tue etwas für Menschen, die meine Hilfe gebrauchen können. Im echten Leben.
Text: Ragna Gerhardt
Teaser-Bild:Claudia Wehner
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